
Eine Unterkunft für geflüchtete Menschen in der eigenen Nachbarschaft? Erste Antwort vieler Menschen: bitte nicht! Und die erste Frage dazu scheint zu sein: Kann ich mich dann noch sicher fühlen? Braucht es da nicht Security vor Ort? Genau diese Diskussion erlebt Volkach gerade, wo ein solches Wohnheim für bis zu 90 Menschen gebaut werden soll.
Ähnliches hat Kleinlangheim erlebt – vor 30 Jahren. Damals flohen die Menschen vor dem Jugoslawienkrieg und Unterkünfte für sie wurden dringend gesucht. An "ganz heiße Diskussionen" erinnert sich Kleinlangheims jetzige Bürgermeisterin Gerlinde Stier. Viele Einwohner seien damals dagegen gewesen, bis zu 90 Flüchtlinge aufzunehmen.
In Kleinlangheim machen die Geflüchteten über fünf Prozent aus
Dieselbe Größe also, wie sie jetzt in Volkach vorgesehen ist. Und das bei einem Dorf mit nur 1450 Einwohnern (ohne Ortsteile). Macht bei aktuell 74 Kindern und Erwachsenen in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) eine Quote von gut fünf Prozent der Bevölkerung Kleinlangheims. Zum Vergleich: Bei einer Vollbelegung stellen 90 Menschen rund 1,6 Prozent der 5500 Volkacherinnen und Volkacher in der Kernstadt dar.

Noch dazu befinden sich die Häuser in Kleinlangheim nicht am Rand des Ortes, sondern mitten in der blumigen Wohnsiedlung. Wo Nelken- und Rosenstraße aufeinandertreffen, stehen vier Gebäude, die von den anderen Einfamilienhäusern drumherum wenig unterscheidet. Wäre neben der Haustür kein Schild der Regierung von Unterfranken (RUF) angebracht, würde man die Häuser kaum als Wohnheime erkennen.
Seit 2011 werden die vier Häuser wieder als Gemeinschaftsunterkunft genutzt
Angemietet hat die RUF sie erstmals im Oktober 1993, also vor genau 31 Jahren, wie deren Pressestelle auf Nachfrage mitteilt. Genau 15 Jahre lang wurden sie als GU betrieben, bis September 2008. Zwischenzeitlich, so die Bürgermeisterin, seien sie vom Netto-Logistik-Zentrum für Mitarbeiter genutzt worden. Als die Zahl der Flüchtlinge 2011 deutlich zunahm, mietete wieder die Regierung die vier Häuser von der Wohnungseigentümergemeinschaft – bis heute. Aktuell leben dort elf Familien mit 16 Erwachsenen und 28 Kindern, zudem 28 alleinreisende Männer und zwei Frauen.

So viel zu den Fakten. Was aber heißt das für das Miteinander im Ort? Darauf gibt Gerlinde Stier eine klare Antwort: "Im Großen und Ganzen ist das Zusammenleben gut möglich." Die Flüchtlinge seien zwar "auffällig im Erscheinungsbild", aber größere Probleme seien nicht bekannt. Diese Wahrnehmung deckt sich mit der Statistik der Polizeiinspektion Kitzingen. Diese erlebte bislang "keine größeren Sicherheitsstörungen in Kleinlangheim, insbesondere zum Nachteil der örtlichen Bevölkerung".
So bewertet die Polizeiinspektion Kitzingen die Einsatzzahlen
Die Zahl der Einsätze "mit Bezug zur Unterkunft sowie Straftaten im Zusammenhang mit den dort ansässigen Bewohnern" sei niedrig. Konkret heißt das: Im laufenden Jahr gab es dort bislang elf Einsätze der PI Kitzingen, zwölf waren es 2023. Häufiger Anlass seien Streitigkeiten gewesen, bei denen es nicht immer zu Straftaten gekommen sein muss. Bei den sechs Strafanzeigen 2024 und den neun Anzeigen 2023 handelte es sich überwiegend um Körperverletzungsdelikte untereinander, zudem gab es Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und eine Anzeige wegen sexueller Belästigung.
Völlig problemlos ist das Zusammenleben trotzdem nicht, sagt die Bürgermeisterin offen: "Die direkten Anlieger haben eine gewisse Belastung zu tragen." In der Wohnsiedlung mit Blick zum Schwanberg prallen teilweise andere Lebensgewohnheiten aufeinander, wie ein Nachbar bestätigt.
Wenn es die Bewohnerinnen und Bewohner der GU raus aus den engen Räumen auf die Straße zieht, ist oft schon späterer Abend. Wo ringsum langsam Ruhe einkehrt, ist dort Leben "mit einem gewissen Lärmpegel", sagt Stier. Die direkte Nachbarschaft sähen Anlieger zudem als "Wertminderung ihrer Häuser und Grundstücke".

Noch einen Knackpunkt nennt die Bürgermeisterin: Die einzelnen Kommunen müssen die Probleme lösen, die vor Ort aufschlagen. Die Kindergärten sind gerade sowieso voll "und in der Schule ist es schon eine Herausforderung, die Kinder mitzunehmen". Stier lobt die zwischenzeitlich "sehr intensive Arbeit des Arbeitskreises Asyl". Von den Helfern sind noch einige wenige dabei, aber eine Hausaufgabenbetreuung bei den Kindern gibt es noch.
Mittagsbetreuung wäre für die Integration der Kinder wichtig
Genau dort, bei den Kleinen, müsste man in ihren Augen aber ansetzen: "Der beste Schritt, die Kinder zu integrieren, ist beim Spielen und Essen." Die Bürgermeisterin bedauert darum, dass viele der Flüchtlingskinder wegen der Kosten nicht die Mittagsbetreuung der Schule besuchen.
Trotz mancher Herausforderungen lautet Gerlinde Stiers Fazit: "Die Volkacher sollten nicht zu viel Angst haben. Es ist machbar und man muss den Menschen sehen."
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