
Oben, am Berg, hat es ein Bagger mit der wilden Natur aufgenommen. Ausladend greift er mit seiner Schaufel immer wieder in den steilen Hang, an dem es aussieht wie nach einem Lawinenabgang im Gebirge. Und ganz falsch ist das Bild ja nicht. Ein schweres Unwetter hat hier Anfang Juni alles ins Rutschen gebracht. Jetzt muss der Berg mit hohem Aufwand stabilisiert werden. Dass die Bahn dafür seit Monaten die im Tal liegende Staatsstraße von Kitzingen nach Mainstockheim mit Baumaterial blockiert, hat gerade zu weiteren Verwerfungen geführt.
Seit fast fünf Monaten ist die Straße nun schon dicht. Mehrfach hat die Bahn die Sperrung verlängern lassen, zuletzt bis 29. November. Da war längt klar, dass sich die Sache – zäh wie ein Kaugummi – noch mindestens bis Frühjahr 2025 ziehen wird. Für Kitzingens Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) ist das "völlig unzumutbar", wie er jüngst vor dem Stadtrat sagte. "Irgendwann muss auch mal Schluss sein."

Güntner hat einen Brandbrief an die Bahn geschrieben, dem sich die Gemeinde Mainstockheim und die Stadt Dettelbach angeschlossen haben. Sie trifft die Sperrung der Straße mindestens genauso wie Kitzingen. Tenor des Schreibens: "Wir sind nicht bereit, die Vollsperrung über den 29. November hinaus zu akzeptieren."
Notfalls soll der Verkehr mit einer Ampel geregelt werden
Vergangene Woche hat es vor Ort Gespräche zwischen den drei Kommunen, Landratsamt, Deutscher Bahn und Staatlichem Bauamt gegeben. Über den Inhalt verlautete wenig. "Ein Konzept wird aktuell seitens der Bahn erarbeitet, liegt uns aber bis dato nicht vor", heißt es aus dem Staatlichen Bauamt. Die Würzburger Behörde müsste – als Trägerin der Straße – letztlich den Schritt vollziehen, den der OB jetzt fordert: die Durchfahrt spätestens am 30. November wieder öffnen. "Zumindest einspurig muss die Straße befahrbar sein, eventuell mittels Ampel-Lösung." Die Bahn habe jetzt genügend Zeit, sich darauf einzustellen.

Doch der Streit um ein Stück Straße dürfte damit nicht erledigt sein. Die schon vorher arg ramponierte Trasse hat durch die intensiven Bauarbeiten in diesem Bereich weiter gelitten – in welchem Maß, sei schwer zu sagen, teilt Abteilungsleiter Rüdiger Köhler vom Staatlichen Bauamt in Würzburg auf Anfrage mit. Teile der Fahrbahn stehen nach wie vor voller Material und Maschinen. Eine belastbare Schadensaufnahme ist damit nicht möglich. Stellenweise sind zwar Matten und Planen zum Schutz der Asphaltdecke ausgelegt, gegen die schweren Baugeräte und Kettenfahrzeuge dürfte dies jedoch wenig helfen.
Die Staatsstraße war schon vorher in desolatem Zustand
Köhler geht von "umfangreicheren" Schadensregulierungen aus, die nach Abschluss der Bauarbeiten nötig sind. Wegen des desolaten Zustands der Straße dürfte es nicht leicht sein zu beweisen, welche Schäden bereits vorhanden waren und welche neu dazugekommen sind. Ein Gutes aber hat die Sache: Die anstehende Sanierung will das Bauamt zum Anlass nehmen, auch in angrenzenden Bereichen die Fahrbahndecke zu erneuern.
"Sollte in der Zwischenzeit bis zu dieser Deckensanierung eine Öffnung für den Verkehr erfolgen, wären punktuelle provisorische Ausbesserungen unabdingbar", schreibt Abteilungsleiter Köhler. Dies wäre etwa der Fall, würde die Straße – wie von den Kommunen gefordert – Ende November wieder geöffnet.

Die Bahn hat schon vor einem Monat klargemacht, dass die Baustelle nicht so bald beendet sein wird. Wer ihr einen Besuch abstattet, erkennt die Dimensionen. Ganze Hänge sind durch den Regen einer einzigen Juni-Nacht ins Rutschen geraten, Damm und Gleisbett wurden unterspült und müssen nun mit massiven Bauwerken gestützt und mit Fundamenten gesichert werden. Schweres Gerät haben die beauftragten Unternehmen dafür herankarren lassen – Silos, Pumpen, Aggregate – und auf der Straße abgestellt. Bagger tragen Spikes an ihren Ketten, um im Gelände nicht abzurutschen, auch ein Muldenkipper fährt auf Ketten.
Stehen wirklich alle Räder still, wenn die Deutsche Bahn es will?
Einmal ins Rollen gekommen, durchzieht die Bahn den löchrig wie ein Käse gewordenen Berg mit einem komplexen Entwässerungssystem; es soll verhindern, dass Erdwälle noch einmal derart aufgeweicht und instabil werden, dass sich mit ihnen gleich das Gleisbett verabschiedet und Züge wochenlang nicht fahren können. Dass der betroffene Abschnitt in einem Trinkwasserschutzgebiet liegt und alle Bauarbeiten mit dem Wasserwirtschaftsamt abzustimmen sind, macht die Sache nicht einfacher.

Die Stadt Kitzingen gerät durch den stetig wachsenden Verkehr auf der B8 und die schrumpfende Zahl an Ausweich- und Entlastungsstrecken immer mehr unter Druck. Dennoch halten viele Skeptiker die Erfolgsaussichten, dass die Straße nach Mainstockheim vorzeitig geöffnet wird und in Stoßzeiten einen Teil des Verkehrs abfängt, für gering. Für sie gilt weiter der alte Satz: Wenn die Deutsche Bahn es will, stehen alle Räder still.
Wer sich nur annähernd mit dem Bau auskennt, weiss genau, dass diese Einschränkungen absolut nötig sind.
An den steilen Hängen schaffen keine Fachbetriebe aus Kitzingen, sondern überwiegend erfahrene und verdammt teuere Spezialisten aus Österreich und Südbayern.
Die Kitzinger Stadtpolitik sollte sich vor diesen Arbeitern verneigern, anstatt denen das Leben schwer zu machen.
gez. R.König
Aber es wird sich ändern, (die KT Bürger ändern das) glauben Sie mir. Doch da sind Sie sicher nicht mehr dabei. >> """Stefan Güntner (CSU) ist das "völlig unzumutbar" , wie er jüngst vor dem Stadtrat sagte. "Irgendwann muss auch mal Schluss sein.""" <<<
Wann ist denn ENDLICH Schluss mit den "völlig unzumutbaren" Verhältnissen des Verkehrs in Kitzingen ? Herr Güntner, ich höre NICHTS von Ihnen zum täglichen (!) Verkehrsinfarkt auf der B8 ! >>>>> WANN WIRD DIE ORTSUMGEHUNG GEBAUT ? ? ? ?
Gerade weil nun klimawandelbedingt die Wahrscheinlichkeit von Starkregen zunimmt, darf der Bahn kein Stein in den Weg gelegt werden. Gerade zeitliche Verzögerungen sind deshalb zu vermeiden. Eine Einschränkung würde ein gewünschter einstreifiger, ampelgeregelter Betrieb sicher sein. So sehr wir manchmal die Bahn kritisieren, so sehr sind auch dort die Verantwortlichen bemüht Sperrungen nicht aus purer Lust weiter aufrecht zu erhalten als notwendig.
Ich habe den Kommentar auch deshalb geschrieben, weil gerade auf der kommunalen Ebene der Ruf nach Abbau von Bürokratie besonders laut ist. Nur wenn gerade diese „Bürgermeisterlein“ betroffen sind, wollen sie Mitspracherecht.
Es kann doch nicht sein, dass monatelang eine Straße immer wieder längere Zeit gesperrt bleibt, um Material zu lagern. Mein volles Verständnis um kurzfristig, zur Not 2-3 Monate, aber kein halbes Jahr ohne Überlegungen, einer anderweitigen Möglichkeit. Es ist inzwischen unzumutbar geworden. Was macht die Bahn, wenn die beantragte Verlängerung nicht genehmigt wird?
Gottseidank gibt es Bürgermeister, die es trotzdem tun... allem lächerlichen zum Trotz!