Es sind nur vier Kilometer, aber diese 4000 Meter Bundesstraße vom westlichen zum östlichen Ende Kitzingens haben es in sich. Kaum einer, der nicht betroffen ist. Der nicht schon im Stau stand. Kaum einer, der nicht irgendeine Geschichte erzählen kann vom täglichen Horror. Eine Walze von bis zu 16.000 Fahrzeugen rollt Werktag für Werktag auf der B8 durch Kitzingen. Was macht diese Passage so kompliziert? Wo liegen die Probleme? Und gibt es eine Lösung, einen Ausweg gar? Vertreter des Staatlichen Bauamts Würzburg haben sich dieser Tage ausführlich im Kitzinger Bauausschuss zu diesen Fragen geäußert. Man ist verwirrt, bekommt aber eine Ahnung, was dieses System so schwierig und fragil macht.
Wieso gibt es auf der B8 immer wieder diese Staus und Behinderungen?
Man braucht sich bloß die Karte anzuschauen, die Rüdiger Köhler, Leiter des Fachbereichs Straßenbau am Staatlichen Bauamt, an die Wand des Kitzinger Sitzungssaals projiziert hat, und man erkennt auf einen Blick, was den Verkehrsplanern das Leben so schwer macht. Die Karte zeigt ein breites blaues Band, das sich geschmeidig durch Kitzingen schlängelt: Das ist die B8. Durchlöchert ist dieses Band von 20 roten Punkten, das sind die Einmündungen und Kreuzungen, sowie acht gelben Punkten, den Ampelanlagen. Gelb und rot – das steht für die Gefahren- und Problemstellen in diesem komplexen System. Sie sind die Wellenbrecher, die eine perfekte grüne Welle, wie von den Autofahrern erhofft, regelmäßig verhindern.
Früher war auf der B8 doch auch die grüne Welle möglich. Warum klappt das heute nicht mehr?
Die Ampeln waren zu Zeiten, als die US-Armee noch durch Kitzingen rumpelte, tatsächlich anders geschaltet. Nach und nach wurden die Anlagen umgestellt – auf eine "gesicherte Führung", wie es aus dem Staatlichen Bauamt heißt. Der Aspekt der Verkehrssicherheit steht dabei an oberster Stelle. Zu beobachten ist das etwa an der Kreuzung am Bahnviadukt, wo die B8 auf West- und Nordtangente trifft, sowie an der Kreuzung zwischen Repperndorfer Straße und Jahnstraße/Dagmar-Voßkühler-Straße. Dort gibt es für Linksabbieger eigene Ampel-Zyklen, was die Umlaufzeiten verlängert, aber die Sicherheit erhöht. Auf diese Weise sei die Zahl der schweren Unfälle auf der B8 in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen.
In anderen Städten funktioniert es mit den Ampeln doch auch – warum nicht in Kitzingen?
Jede Stadt hat ihre eigene Topografie und ihre speziellen Herausforderungen. Auf der B8 in Kitzingen gebe es "alles, nur kein System", sagt Bereichsleiter Köhler. Soll heißen: Der Abstand zwischen den Ampeln variiert von 150 Metern bis 730 Metern. Die wilden Verkehrsströme zu zähmen – schwierig. Hinzu kam zuletzt durch die vielen Baustellen im Landkreis und auf der A3 der Umleitungsverkehr. Fakt ist: Kitzingen leidet schon immer unter viel Verkehr. Auf einigen innerstädtischen Abschnitten der B8 fahren täglich bis zu 16.000 Fahrzeuge. "Das ist das Verkehrsaufkommen einer Großstadt wie Würzburg", erklärt Köhler. "Mit dem Unterschied, dass dort zwei oder drei Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung stehen." In Kitzingen teilen sich alle Beteiligten – ob Autos, Lastwagen, Sattelzüge oder Traktoren – eine Fahrspur.
Seit einigen Jahren gibt es einen Verkehrsrechner für alle Ampeln. Ist der nicht in Betrieb?
Der Verkehrsrechner läuft und versucht laut Köhler "das Möglichste herauszuholen". Aber auch das beste System gerät unter Stress, wenn die Verkehrsbelastung zu hoch ist. "Bei einer Auslastung von über 85 Prozent bricht die grüne Welle grundsätzlich zusammen", sagt der Experte des Staatlichen Bauamts. Damit der Rechner reibungslos funktioniert, müssen die in die Fahrbahn eingebrachten Induktionsschleifen intakt sein. Sie liefern die Rohdaten, die das System dann verwertet, waren aber zuletzt vielerorts defekt.
Der Verkehr wird gefühlt immer schlimmer. Soll das jetzt immer so weitergehen?
Kann sein, dass nach dem sechsspurigen Ausbau der A3 und der Öffnung mancher gesperrter Strecken im Landkreis die Staus auf der B8 wieder kürzer werden. Sicher ist das nicht. Vor allem in Stoßzeiten wird das Grundproblem bleiben: Es gibt einfach zu viel Verkehr auf zu engem Raum. Diese Unwucht macht es laut Rüdiger Köhler "schier unmöglich, auf der gesamten Strecke grüne Welle zu schalten". Da die große Lösung nicht in Sicht ist (und wohl nur darin bestünde, weiträumige Umgehungen zu schaffen), will man sich in kleinen Schritten aus dem Stillstand befreien, etwa dadurch, dass aus nah beieinander stehenden Ampeln Abschnitte gebildet werden, auf denen man die grüne Welle versucht.
Könnte man nicht die Grünphasen auf der B8 verlängern – zulasten der kleineren Seitenstraßen?
Die Frage, die aus Expertensicht bei allen Überlegungen an erster Stelle stehen sollte, war am Ende die: Wohin will Kitzingen? Will man vorzugsweise der B8 grünes Licht geben, oder räumt man wie bisher auch den Seitenachsen angemessenes Gewicht ein? Von dort kommt der sogenannte Quell-, Ziel- und Binnenverkehr, der – wenn man den vorgelegten Zahlen glaubt – den weitaus größeren Teil auf der B8 ausmacht. Dahinter stecken all jene, die zum Arbeiten, Einkaufen oder für den Arztbesuch in die Stadt fahren. Nur ein kleiner Teil, nämlich etwa ein Fünftel der 13.000 bis 16.000 Fahrzeuge am Tag, bewegt sich vom einen zum anderen Ende durch Kitzingen hindurch. Mit einer Verlängerung der Grünphasen auf der B8 würde man also – verkürzt gesagt – der einheimischen Bevölkerung den Weg abschneiden.
Wenn man sich den ürsprünglich geplanten Verlauf des Kitzinger Stadtrings ansieht, weiß man woran es liegt.
Hier fehlt das Ausbaustück zwischen Südbrücke und Sickershausen zur B8, was von den Sickershäusern verhindert wurde.
Das kann man auch gut am östlichen Ende der Südbrücke sehen, wo die Abbiegespur auf die ST2271 in eine mehr als großzügige Richtungswahl, (etwa 500 Meter !!) umgewandelt wurde.
Von daher gibt es nach wie vor keine Alternative zum ursprünglich geplanten Stadtring.
Was passiert, wenn eine ehem. sorgfältig geplante Ringsstraße nicht vollendet, verhackstückelt, und in mehrere Tangenten umbenannt wird, kann man aktuell ja wirklich gut sehen.
Das staatliche Bauamt kann für diesen hausgemachten, Kitzinger Murks jedenfalls am wenigsten ..
gez. R. König