Chirurg ist Jörn Schramm nicht, auch wenn er sich manchmal so vorkommt. Der Baukoordinator überwacht und organisiert seit Frühjahr 2015 die Generalsanierung des Klinik Kitzinger Land. "Das ist schon wie eine OP am offenen Herzen", umschreibt er seine Arbeit, ein Krankenhaus im Betrieb umzubauen. "Die Königsdisziplin", sagt er. Deutlich leichter wäre es gewesen, eine neue Klinik zu bauen. "Aber es ist, wie es ist", sagt er. Und eigentlich findet er genau das spannend.
In der Theorie kann der Architekt planen, dass die Vorarbeiten mit Stemmeisen in der Notaufnahme gemacht werden. Dass dann ein Arzt aus dem OP-Saal anruft, weil ihm das Skalpell aus der Hand fällt, ist die Praxis. Bei der Planung ahnte keiner, dass abbruchbedingte Vibrationen im alten OP spürbar sind. "Das liegt an der Skelettbauweise des Krankenhauses", erklärt Schramm. Über die Statik des alten Gebäudes, verteilen sich Schall und Erschütterungen. Dann muss eben ein Zeitplan regeln, wann die Handwerker ans Stemmeisen dürfen. Schramms Augen leuchten, wenn er davon erzählt.
Im März 2012 hat der Kreistag entschieden, das Kitzinger Krankenhaus umzubauen. Dass die Sanierung kommen wird, war seit 2010 klar. Da zeigte sich erstmals, dass das gut 30 Jahre alte Haus nicht mehr die Anforderungen erfüllt, die eine moderne Klinik an die Arbeitsabläufe stellt. Dazu kamen marode Rohrleitungen, defekte Dächer und Fenster. Nach intensiver Abwägung stand fest: Eine Generalsanierung ist trotz des Umbaus bei laufendem Betrieb günstiger als ein Neubau, der auf dem Gelände der US-Wohnsiedlung Marshall Heights diskutiert worden war.
Drei Bauabschnitte, verteilt auf zehn Jahre, waren geplant. Begonnen wurde 2015 mit dem Neubau Ost, der links vor dem Haupteingang in den Hang gebaut wurde. Im September 2017 wurde der Bau eingeweiht, Verwaltung und Krankenpflegeschule fanden dort ein neues Zuhause. Ohne das Gebäude würde die Sanierung im Betrieb nicht gehen. Wird im Altbau umgebaut, ziehen die betroffene Abteilungen bis zu Fertigstellung in das eigens dafür errichtete Interimsgebäude Neubau- Ost. Aktuell haben dort zum Beispiel die Hebammen ihre vorübergehende Heimat gefunden. Die Entbindungsabteilung wird nämlich im Bauabschnitt 2B ab April ebenso gebaut wie die neue Intensivstation.
Ende April wird in den neuen OP-Sälen operiert
In Bauabschnitt 2A wurden die Endoskopie, die Funktionsdiagnostik, die Chirurgie, die neuen Operationssäle und die Lüftungszentrale neu gebaut. Gerade werden Lampen, Monitore und medizinische Technik in den vier neuen OP-Sälen montiert. In den Räumen soll ab Mitte April operiert werden.
Jeden Tag schaut Schramm auf der Baustelle nach dem Rechten. Er grüßt hier ein Mitarbeiter, gibt da einen Schlüssel weiter. Oft klingelt sein Telefon. Der Baukoordinator ist ein gefragter Mann, gerade jetzt, kurz vor Ende des Bauabschnitts. Nach dem neuesten Standard werden die OP-Säle und Überwachungsräume ausgestattet sein. Ein Umbetter zum Beispiel erleichtert den Schwestern und Pflegern ein rückenfreundliches Verlagern der Patientinnen und Patienten im OP.
Praktikabler wird nach Fertigstellung auch die Versorgung mit sterilem Besteck für die OP-Abteilung sein. Werden jetzt noch Wagen mit Sterilgut durch die Gänge gefahren, wird der An- und Abtransport ab April mit Aufzügen geschehen. Nach der Operation werden die benutzten Instrumente im „unreinen Aufzug“ in die Sterilisationsabteilung, zwei Stockwerke unter dem OP-Trakt gebracht.
Dort werden sie gereinigt, sterilisiert, verpackt und für die nächsten Eingriffe mit dem „ reinen Aufzug“ wieder in den OP gebracht, erklärt Schramm. Allein, dass OP-Säle und später auch die Intensivstation den aktuellen Standards entsprechen, werde die Arbeit erleichtern. Denn seit der Eröffnung 1984 wurden laut Schramm keine größeren Umbauarbeiten mehr im Krankenhaus gemacht.
Neuester Standard erleichtert die Arbeit
Auffällig ist, dass durch die weiten Glastüren Tageslicht in die OP-Säle fällt. "Ein Wunsch der Ärzte", erklärt Schramm. Sie, aber auch Schwestern und Pfleger wurden nach ihren Anregungen und Ideen gefragt. Was möglich war, wurde umgesetzt – und wenn's der freie Blick in die Ferne ist.
Der soll auch für die Patientinnen und Patienten erhalten bleiben. Denn nach den neuen OP-Sälen ist vor den neuen Betthäusern. Die sollen in Bauabschnitt 3 umgebaut werden. Schramm und Klinikvorstand Thilo Penzhorn rechnen mit der Bau-Genehmigung im Frühjahr. Dann wird wieder der Neubau Ost eine wichtige Rolle spielen. Bettenhaus A wird für die Zeit der Sanierung in den Neubau- Ost umziehen, später dann Bettenhaus B.
Die grünen Fenster gehören bald der Vergangenheit an
Heißt, dass nach dem Umbau alle Zimmer Zweitbettzimmer mit eigenem Bad sind. Heißt aber auch, dass die charakteristischen grünen Fenster und roten Türrahmen dem Umbau zum Opfer fallen. Für Schramm kein Verlust: "Über die Farbgebung habe ich mich sehr gewundert, als ich gekommen bin", sagt Schramm. Die Generalsanierung in Kitzingen ist sein erstes Bauprojekt in einem Krankenhaus. "Hat mich gereizt", sagt er. Ganz im Gegensatz zu seinen ständig wechselnden Büros in der Klinik. "Ich habe jetzt einen Container", erzählt er lachend. "Da gehe ich nicht mehr raus."
Zumindest bis 2027. Dann soll die Generalsanierung abgeschlossen sein. Aus geplanten zehn Jahren wären dann zwölf geworden, aus geplanten 90 Millionen Euro werden voraussichtlich 100 Millionen. Denn Preisanstieg und Lieferprobleme wegen Corona und dem Ukrainekrieg machen sich auch beim Umbau des Krankenhauses bemerkbar.
Welche Auswirkungen hat die Krankenhausreform?
Bleibt die nächste Unabwägbarkeit: die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Schramm zuckt mit den Schultern. "Ich bin der Meinung, ein Krankenhaus ist von der Allgemeinheit für die Allgemeinheit", sagt Schramm und ergänzt, dass oft Entscheidungen getroffen werden, ohne die Lage vor Ort und die Umstände zu kennen. Schramm zuckt mit den Schultern: "Aber es ist, wie es ist." So schnell bringt den Mann nichts aus der Ruhe.
Bereits verbaute Leitungen und Rohre in der Klinik Kitzinger Land
- Heizungsleitungen : 2500 Meter inklusive Isolierung
- Heizkörper: 230
- Trinwasserleitungen: 4500 Meter inklusive Isolierung
- Abwasserleitungen: 2000 Meter inklusive Isolierung
- Leitungen für medizinische Gase: 2600 Meter
- Kälteleitungen: 1800 Meter inklusive Isolierung
- Lüftungskanäle rechteckig: 1000 Quadratmeter inklusive Isolierung
- Lüftungskanäle rund: 1200 Meter inklusive Isolierung
- Lüftungskanäle Formstücke: 1300 Quadratmeter inklusive Isolierung
- Lüftungsanlagen und -geräte: 5
- Kälteanlagen und Rückkühler: 2