Es hätte auch alles anders kommen können: Im November 2011 erteilt der Kitzinger Kreistag den Auftrag, einen möglichen Neubau des Krankenhauses auf dem Konversionsgelände der ehemaligen US-Wohnsiedlung Marshall Heights ins Auge zu fassen. Der Neubau wird jedoch verworfen, nachdem im Februar 2012 die Kosten vorliegen: Ein Neubau wird damals mit 90 Millionen Euro taxiert, eine Generalsanierung mit 76 Millionen Euro. Der Kreistag entscheidet sich bei zwei Gegenstimmen für die Generalsanierung.
Damit war klar, dass es ein Langstreckenlauf werden würde für das 1984 als Kreiskrankenhaus eröffnete Gebäude, das Anfang 2007 in Klinik Kitzinger Land umbenannt wurde: Sanierung bei laufendem Betrieb, ein Sanierungs-Jahrzehnt stand an. Wobei sich schon in der Planungsphase die erste Baupreissteigerung durchschlug – noch vor Baubeginn wurde für die Sanierung mit 90 Millionen Euro gerechnet.
Das Krankenhaus als Zehn-Jahre-Baustelle
Eine andere Rechnung war einfacher: Dauer rund zehn Jahre, drei Bauabschnitte. Der damalige Zeitplan: Zum Start geht es mit einem dreistöckigen Neubau los, der erste Abschnitt soll dreieinhalb Jahre dauern. Abschnitt zwei beinhaltet vor allem die Sanierung des Bestandsgebäudes, auch dafür werden drei Jahre angesetzt. Letzte Maßnahme: Abriss der beiden bestehenden Bettenhäuser und Bau eines neuen Bettentraktes. Los ging's mit dem Langstreckenlauf im Frühjahr 2015.
Sieben Jahre später, Frühjahr 2022. Thilo Penzhorn, seit November 2012 Vorstand der Klinik Kitzinger Land, berichtet dem Kitzinger Kreistag über den Stand der Dinge. Beim Langstreckenlauf ist unterwegs inzwischen einiges passiert: Zwei Jahre Corona haben sowohl beim Zeit- als auch beim Finanzplan manches verändert. Halbzeit der Generalsanierung ist deshalb auch erst Ende 2022. Der jetzige zweite Bauabschnitt liegt also mitten im Bergfest. Die dritte und letzte Phase wird voraussichtlich 2023 genehmigt. Dann könnte die Sanierung, so der momentane Zeitplan in der Klinikverwaltung, Anfang 2027 abgeschlossen sein.
Kostensteigerung beim Klinik-Umbau: Läuft es auf 100 Millionen hinaus?
Die Kostenrechnung liest sich so: Der erste Bauabschnitt, der bis September 2020 dauerte und damit acht Monate länger als geplant, verschlang 36,5 Millionen Euro. Davon kam 16,8 Millionen aus den Rücklagen der Klinik, 3,2 Millionen Euro steuerte der Landkreis bei und die restlichen 16,5 Millionen Euro waren Fördergelder.
Abschnitt zwei, der im Oktober 2020 begann und im Frühjahr 2024 beendet sein soll, hat ein ähnliches Finanzvolumen und dürfte am Ende bei 38,8 Millionen Euro liegen. Gefördert werden hier etwa 30 Millionen Euro. Bleibt ein Klinik-Eigenanteil von zehn Millionen Euro, zu dem der Landkreis 1,6 Millionen Euro zuschießt. Der Rest – nachdem die Rücklagen der Klinik nunmehr aufgebraucht sind – muss über einen Kredit laufen. Darüber berät der Aufsichtsrat Anfang Mai, informierte der diplomierte Betriebswirt die Kreisrätinnen und Kreisräte.
Aktuell gehen die Schätzungen der Klinik davon aus, dass Abschnitt drei dann noch einmal um die 30 Millionen Euro kosten dürfte. Somit würde die Sanierung am Ende "mutmaßlich mindestens 100 Millionen Euro" kosten, wie eine entsprechende Nachfrage beim Klinik-Chef ergab.
Auch die Landrätin war zuvor in ihrer Rede zum Haushalt 2022 auf das Kommunalunternehmen des Landkreises eingegangen. Die Klinik sei in der Pandemie "voll gefordert" gewesen und habe "ihr eigentliches Leistungsgeschehen abändern müssen". Operationen, Eingriffe und Untersuchungen mussten "in den vergangenen zwei Jahren deutlich reduziert oder über gewisse Zeiten hinweg sogar gänzlich aufgegeben werden". Der Grund ist klar: Die Klinik war angehalten, genügend Kapazitäten für Covid-Patienten zur Verfügung zu stellen.
Steigende Personalkosten in der Klinik Kitzinger Land
Auf der Kostenseite gab es deshalb einerseits deutliche Erlöseinbuße, andererseits erfolgten durch den Bund auch Ausgleichszahlungen. Letztlich aber seien "die Kosten deutlich gestiegen, allen voran die Personalkosten". Der Grund: Es werden mehr Ärzte, Pflegkräfte und Verwaltungsmitarbeiter benötigt. Deshalb, so betonte die Landrätin, werde "die finanzielle Situation der Klinik zukünftig deutlich schwieriger".
Man könnte es auch so sagen: Mitten in der Sanierung nehmen die laufenden Kosten einerseits zu, der Eigenanteil der Klinik beim Umbau wird andererseits ab jetzt über Kredite finanziert werden müssen.
Wie die Zunahme der laufenden Kosten aussieht, belegte Penzhorn in seiner Rede mit dem Personalstand: Zu Beginn seiner Amtszeit hatte die Klinik 579 Mitarbeiter. Heute, zehn Jahre später, sind es 729 Mitarbeiter.
Da ist einiges ins Rutschen geraten. Nicht zuletzt, weil auch immer mehr verwaltet, koordiniert und kontrolliert werden müsse. Gerade in Sachen Bürokratie habe man es inzwischen oft "mit einem Trauerspiel" zu tun, so der Klinik-Chef. Man müsse, so eine mit Beispielen hinterlegte Botschaft, ständig auf der Hut sein, damit einen die Bürokratie nicht ganz auffresse.
Ambulant ist die Zukunft
Auch sehe die Krankenhaus-Welt in der Nach-Pandemie-Zeit um einiges anders aus, auf die Klinik kämen weitere Herausforderungen zu. Es werde wohl immer weniger stationäre und dafür mehr ambulante Patienten geben. Die Notaufnahme müsse wohl verstärkt werden. Die Vorhaltungskosten seien jedoch "nicht adäquat finanzierbar". Zudem sei der bürokratische Aufwand "exorbitant gestiegen".
Feststellbar sei zudem, so Penzhorn, dass der "Sanktionsdruck auf Kliniken" steige. Es stelle sich zunehmend die Frage, was eigentlich noch "vernünftiges Krankenhaus-Management ist". Ein weiteres Problem: Wie überall gilt, dass gutes Personal nicht auf den Bäumen wächst. Aktuell gebe es beispielsweise Engpässe bei den Röntgenassistenten und im Labor.
Immerhin konnte sich das Personal aber über den Pflegebonus freuen, 2021 wurden vom Bund hier 290.000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Klinik selbst bekam im vergangenen Jahr als Ausgleich Corona-Sonderzahlungen vom Staat von 3,7 Millionen Euro.