
Vom Ruhrpott nach Franken – das ist der Weg von Professor Dr. Frank Breuckmann. Seit 1. Dezember 2021 ist er der Nachfolger von Dr. Wolfgang Karmann, der seit 2005 die Abteilung Innere Medizin (Kardiologie) als Chefarzt an der Klinik Kitzinger Land geleitet hat. In seinem ersten Jahr hat der 44-Jährige viel erreicht, aber er will noch mehr. Zum Beispiel das Kitzinger Krankenhaus zum Lehrkrankenhaus machen. Und auch die Reformpläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach jagen ihm keine Angst ein.
Frank Breuckmann: Ich habe mir die Stelle hier bewusst ausgesucht. Es war mir wichtig, einen Ort zu finden, wo Rahmenbedingungen und Trägerschaft stimmen. Das ist eine sehr fortschrittliche Klinik, sowohl baulich als auch bei der Geräteausstattung. Auch beim Personal gibt es eine relativ komfortable Situation, insbesondere im Deutschlandvergleich.
Breuckmann: Ich kenne unterschiedliche Strukturen und habe die nicht-universitäre Klinik als vorteilhafter empfunden. Die Arbeit beim Maximalversorger ist anders. Für den Einzelnen birgt sie die Gefahr, dass man sich sehr auf einzelne Spezialbereiche fokussiert. In einem Haus wie der Klinik Kitzinger Land finde ich attraktiv, dass ich alle Bereiche der Kardiologie überblicken, Untersuchungen selbst durchführen und auch weiter entwickeln kann.
Breuckmann: Akademisch bin ich an das Westdeutsche Herz- und Gefäßzentrum Essen angebunden. Da habe ich eine außerplanmäßige Professur und bin in Lehre und Wissenschaft integriert.
Breuckmann: Meine 100-Prozent-Tätigkeit ist in Kitzingen. Formal sind es in der Lehre zwei Semesterwochenstunden, wobei man die nicht jede Woche halten muss, sondern auch blockweise, wie ich es mache. Außerdem können Lehrveranstaltungen online abgehalten werden. Ich muss aber auch tageweise nach Essen fahren und habe dort Vorlesungen und Prüfungen.
Breuckmann: Nein. Kitzingen ist kein akademisches Lehrkrankenhaus. Die Lehre ist personengebunden, und die führe ich in Essen aus. Unser Nahziel ist, dass Studierende kommen können und wir uns zum Lehrkrankenhaus weiterentwickeln. Da stehe ich persönlich klar dahinter. Die Rahmenbedingungen sind gegeben, um jungen Ärztinnen und Ärzten Weiterentwicklungen schon während des Studiums anbieten zu können. Das würde man aber nicht mit einer fernen Universität angehen, sondern mit der nächstgelegenen, also Würzburg.

Breuckmann: Man kann Studierenden zeigen, dass auch auf dem Land gute Medizin gemacht wird. An einer Uniklinik sind auf einer Station drei, vier, fünf Studierende im Praktischen Jahr. In nicht-universitären Häusern ist das anders. Man hat mehr Zeit, sich um sie zu kümmern, sie bekommen mehr zu sehen, und es gibt keine Konkurrenz durch andere Studierende.
Breuckmann: Witzigerweise Ihre Frage: Wie kommt’s, dass Sie jetzt hier sind? Das werde ich häufig gefragt, sogar mehr von Patienten als vom Personal. Was ich auch häufig gehört habe: Sind Sie in zehn Jahren auch noch hier?
Breuckmann: Zum heutigen Zeitpunkt: Ja! Ich habe das Haus ausgewählt, von dem ich denke, dass es die größte Zukunft hat. Kitzingen ist keine Interimslösung. Ich sehe mich hier länger. Warum fragen sich eigentlich so viele, was ich hier in Kitzingen mache?
Breuckmann: Das will ich nicht abstreiten, die Unikliniken sind die Denkfabriken. Aber ich bin ja weiter universitär angebunden. Ich mache Wissenschaft für und von der Uni. Ich bin eng mit der deutschen, amerikanischen und europäischen Fachgesellschaft verbunden. Wenn man Spaß daran hat, kann man Projekte von überall aus starten. Mein Steckenpferd ist die Versorgungsforschung und-optimierung, und das ist ein deutschlandweites und europäisches Projekt.
Breuckmann: Eben. Ich kenne die Unikliniken in Essen, Bochum und Mainz und habe in nicht universitären Häusern gearbeitet, so dass ich unterschiedliche Strukturen kenne und meine Lehren daraus gezogen habe. Wenn man Versorgungsoptimierung machen möchte, müssen alle Sektoren integriert werden. Das ist kein Grund, nicht in Kitzingen zu sein. Es ist ein Grund, da zu sein.
Breuckmann: Kooperationen wurden stärker ausgebaut. Mit der Uni Würzburg haben wir jetzt gemeinsame Fall-Konferenzen. Auch das Leistungsspektrum wurde ausgebaut, zum Beispiel das Thema Herzklappen. Jetzt können wir das komplette diagnostische Paket inhäusig abbilden, was vorher nur teilweise möglich war. Wir haben uns personell weiterentwickelt, haben zusätzlich Personal eingestellt und konnten so die invasive Kardiologie stärken.

Breuckmann: Digitale Gesundheitsapps gibt es in vielen Bereichen, in der Kardiologie aber noch nicht. Obwohl es da sehr viele Ansatzpunkte gibt, in der Nachsorge, aber auch in der Prävention. Die Patienten kommen mit einem Infarkt zu uns. Die Behandlung geht mitunter problemlos und schmerzfrei. Früher war es eine schmerzhafte Prozedur mit Operation und sechs Wochen Krankenhaus. Da hatte man einen hohen Willen, sein Leben zu ändern. Jetzt erhole ich mich innerhalb von drei Tagen, gehe nach Hause und mache weiter wie vorher. Das ist die falsche Denke. Aber: In der Kürze des Klinikaufenthalts ist es schwer, dem Patienten Präventionsstrategien nach einem Herzinfarkt zu vermitteln. Dafür gibt es Anwendungen wie die Mio-Health-App als Hilfestellung.
Breuckmann: Rezept geht noch nicht. Die App ist in der Evaluationsphase. Wir sind bei dem Piloten dabei, machen die Patienten auf diese kostenlose App aufmerksam. Viele nutzen die App regelmäßig und nehmen sie dankbar an.
Breuckmann: Nein. Es ist eine anonyme und generalisierte Nutzung.
Breuckmann: Gemeint sind vor allem Schmerzen, die auftreten, wenn man sich belastet, die hinter dem Brustbein oder der linken Brusthälfte sind, in den Kiefer oder den linken Arm ausstrahlen. Aber natürlich gibt es auch atypische Beschwerden, die ernst genommen werden müssen. Wir wissen, dass viele Brustschmerzen fehlgedeutet werden. Die Notaufnahmen zeigen sich offen gegenüber allen Formen von Schmerz. Was Sie ansprechen ist das Overcrowding. Das heißt: zu viele Menschen in der Notaufnahme, und man kann den Zustrom nicht bewältigen.
Das haben wir nicht, weil wir das Chest-Pain-Unit-Konzept einsetzen. Dabei schafft man Spezialeinheiten, um die Abklärung von Brustschmerzen effektiver zu gestalten. Damit kann bei einem großen Patienten-Anteil schnell ein Herzinfarkt ausgeschlossen werden. Das entzerrt das Notaufnahmensetting deutlich. Innerhalb der ersten Stunde entscheidet sich, ob EKG und Blutabnahme reichen oder ob man eine zweite Blutabnahme nach einer Stunde braucht. Dann wartet man eine halbe Stunde auf das Ergebnis und kann eventuell das Krankenhaus wieder verlassen.
Breuckmann: Vor fünf Jahren hat man auf einen Infarktausschluss sieben, acht Stunden gewartet. Dafür wurde man häufig stationär aufgenommen. Wenn jemand acht Stunden zur Abklärung da sein muss, aber erst um 17 Uhr kommt, der geht nicht nachts nach Hause. Das haben wir jetzt nicht mehr.
Breuckmann: Ja, aber nicht allein. Ich war federführend mit dem Kollegen Dr. Felix Post, der jetzt ein Krankenhaus in Koblenz leitet, für die Task Force Chest Pain Unit der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Wir haben das Zertifizierungskonzept erarbeitet und die Zertifizierungsphase auf Deutschland ausgerollt. Ich schaue mir andere deutsche Kliniken an und bewerte sie als Gutachter.

Breuckmann: Die Behandlungsphase hier lag bei mindestens drei Stunden. Das war schon relativ fortschrittlich. Das haben wir aber noch optimiert.
Breuckmann: Nicht rauchen ist ganz weit vorne, aber auch eine gesunde Lebensführung. Ernährung, Bewegung, Stressreduktion, Ausgleich und eigene Risikofaktoren sollte man korrekt bewerten. Das ist für viele schwierig, auch für mich.
Breuckmann: Jede Bewegung zählt. Wenn man von kardio-vaskulär-präventiver Bewegung spricht, spricht man von einer mittleren Belastung über etwa eine halbe Stunde pro Tag mindestens drei bis fünfmal die Woche. Also ein bisschen mehr als nur Treppensteigen.
Breuckmann: Man kann sie als angstmachend oder als Chance verstehen – mit Flucht nach vorne. Primär macht es mir keine große Angst. In einem Krankenhaus, das sich halten möchte, müssen personelle und infrastrukturelle Ressourcen und das Leistungsportfolio stimmen. Wir haben eine gute Basis, die wir weiterentwickeln müssen. Ich mag innovative Medizin und innovative Patientenversorgung. Da ist die Klinik Kitzinger Land tatsächlich hochinnovativ.
Der soll mal nach Sachserhof oder Oberleichtersbach, Neuwirtshaus oder Bütthard....kommen ....das ist Land.