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Reupelsdorf
Streit um Tiny-House-Siedlung an der B22: Wie ein Unternehmer in Reupelsdorf um ein "Prestigeobjekt" ringt
In Reupelsdorf sollen zwölf Tiny-Häuser gebaut werden. Es gibt ein Grundstück, es gibt Interessenten – und es gibt die Gemeinde. Über kleine Häuser und ihre großen Probleme.
Als idealen Standort für seine Tiny-House-Mobilheime sieht Fabian Schmitt das Grundstück direkt an der Bundesstraße 22 in Reupelsdorf.
Foto: Andreas Stöckinger | Als idealen Standort für seine Tiny-House-Mobilheime sieht Fabian Schmitt das Grundstück direkt an der Bundesstraße 22 in Reupelsdorf.
Andreas Stöckinger
Andreas Stöckinger
 |  aktualisiert: 15.11.2024 02:38 Uhr

Fabian Schmitt ist ratlos. Der Großlangheimer Unternehmer hat vor gut einem Jahr ein rund 5500 Quadratmeter großes Grundstück mitten in Reupelsdorf gekauft. Trotz der günstigen Lage direkt an der Bundesstraße 22 hatte die Fläche zuvor lange keinen Käufer gefunden. Das mag mit ihrer Vorgeschichte zusammenhängen, von der noch die Rede sein wird. Schmitt plante dort eine kleine Siedlung mit zwölf Tiny-Häusern – als "Prestigeobjekt", wie er sagt. "Wir hätten richtig Lust, hier etwas zu entwickeln", betont er im Gespräch vor Ort. Doch ob und wie schnell aus dem Projekt etwas wird, steht in den Sternen.

Schmitt hat die Rechnung ohne die Gemeinde und vor allem ohne die Reupelsdorfer Bürgerinnen und Bürger gemacht. Wohl auf Druck aus dem Wiesentheider Ortsteil bremste die Kommune das Vorhaben aus. Einige hatten sich klar gegen die Tiny-Häuser positioniert, sogar eine Unterschriftenliste soll in dem 420-Seelen-Ort kursiert sein.

Ob mit oder ohne Druck: Der Gemeinderat hat reagiert und zur Aufstellung eines Bebauungsplans "Paulusweg" eine Veränderungssperre über das gesamte Areal verhängt. Die geplanten Mobilheime des Unternehmers Schmitt rücken erst einmal in weite Ferne.

Die Sperre bedeutet, dass man sich im Wiesentheider Ratsgremium beim Bebauungsplan erneut darüber beraten wird, ob im Paulusweg diese Häuserform zugelassen wird. Klar sei, dass sich eine neue Bebauung in die Umgebung einfügen müsse, so Wiesentheids Bürgermeister Klaus Köhler: in das Straßendorf auf der einen Seite und in die bestehende Wohnbebauung auf der anderen Seite.

Den örtlichen Gemeinderat erinnern die Tiny-Häuser an einen Campingplatz

Walter Rosentritt als örtlicher Gemeinderat erklärt deutlich, warum die Häuschen im Ortsteil nicht ankommen: Das Grundstück sei dafür nicht geeignet. Ihn, so Rosentritt, erinnerten die Tiny-Häuser "an einen Campingplatz oder einen Schrebergarten. Das passt nicht ins Zentrum eines Dorfs." Ihn störe außerdem, dass Schmitt einfach eines der Mobilheime auf die Fläche gestellt habe, "ohne mit uns zu sprechen".

Rosentritt fügt an, dass Schmitt gerne im Ortsteil an der Bundesstraße bauen könne, "aber nicht solche Häuser". Bevor dort Tiny-Häuser stünden, wäre es ihm lieber, das Gelände liege weiter brach wie in den Jahren zuvor. Dann hätte man immer noch die Möglichkeit, dass an der Stelle "richtige Wohnhäuser" errichtet würden.

Lange war das Grundstück verwildert und galt als Problemfläche, da der Boden durch die frühere Nutzung verunreinigt war.
Foto: Andreas Stöckinger | Lange war das Grundstück verwildert und galt als Problemfläche, da der Boden durch die frühere Nutzung verunreinigt war.

Das betreffende Grundstück galt wegen seiner Vergangenheit lange als Sorgenkind. Einst befand sich ein landwirtschaftliches Anwesen an der Stelle, das vor rund 30 Jahren abgerissen werden musste. Grund war, dass die Behörden dort einst eine Verunreinigung des Bodens mit einer Chemikalie, einem Kühlmittel, festgestellt hatten. Der Bauernhof mit Nebengebäuden wurde abgerissen, der Boden dort großflächig ausgetauscht.

Ab 1993 etwa wurde das Grundwasser dort gefiltert, was den Staat viel Geld kostete. Immer wieder waren in den vergangenen Jahren Fragen aufgekommen, was mit der Fläche geschehe. Sie stand zum Verkauf. Dann kam Fabian Schmitt, der in Großlangheim ein Busunternehmen hat und auch Mobilheime vertreibt. Er kaufte die Fläche vor gut einem Jahr, nachdem andere gezögert hatten, wie er heute sagt.

Die Tiny-Häuser fallen bei der Gemeinde komplett durch

Wie sich dann alles entwickelt habe, hat den Unternehmer enttäuscht. Er habe zunächst eingelenkt und zugestimmt, die Tiny-Häuser mit den Giebeln nach vorne zur Straße hin auszurichten. Dazu ließ er eine Eingrünung in den Plänen vorsehen, überhaupt habe er nicht nur dafür einiges Geld investiert. 

Ein Termin, bei dem er das Vorhaben den Gemeindevertretern vorstellen wollte, sei aufgeschoben worden. Dann habe man ihm mitgeteilt, es bestehe kein Bedarf mehr. Er hätte gerne ein Haus oder auch Käufer vorgestellt. Nun bleibt Schmitt die Hoffnung auf einen Kompromiss. Er fragt sich: "Wie kriegen wir die Kuh vom Eis, so dass jeder seine Interessen wahren kann?"

Fabian Schmitt hatte einiges zu tun, um die stark verbuschte Fläche in Reupelsdorf etwas zu kultivieren.
Foto: Andreas Stöckinger | Fabian Schmitt hatte einiges zu tun, um die stark verbuschte Fläche in Reupelsdorf etwas zu kultivieren.

Der Geschäftsmann wäre durchaus bereit, im vorderen Teil des Areals zwei Wohnhäuser mit Giebel zur Straße hin zu bauen – wegen der Ansicht. Dahinter, nach Süden hin, stünden dann die Tiny-Häuser. In diese sollen später weder Urlauber noch Saisonarbeiter ziehen, wie im Dorf offenbar befürchtet wird. Schmitt sitzt nach eigenen Angaben auf einer langen Warteliste von Interessenten, "älteren Leuten aus der Region, auch aus Wiesentheid oder Kitzingen. Sie wollen ihre Häuser verkaufen, weil sie ihnen zu groß sind, und hier einziehen."

Der Bürgermeister sagt, man sei weder für noch gegen das Tiny House

Betrachtet man die Sache nüchtern, so scheint sie ein weiterer Beleg dafür zu sein, dass Kommunen in der Region das Tiny House, das viele für zukunftsträchtig halten, nicht wollen und für ihre Ablehnung mitunter kreative Gründe vortragen. So sind ähnliche Vorhaben in Kitzingen, Iphofen oder Volkach in der Vergangenheit durchgefallen. Den Fall Reupelsdorf beurteilt Wiesentheids Bürgermeister Köhler anders.

Seine Gemeinde habe sich bislang "weder für noch gegen Tiny-Häuser positioniert". Generell sei man bei Bauvorhaben "sehr liberal eingestellt. Das Gebiet in Reupelsdorf liegt inmitten der Dorferneuerung und des förmlichen Sanierungsgebiets und ist damit besonders sensibel und schutzwürdig", teilt er gegenüber der Redaktion mit.

Wie es weitergeht? Ein Gespräch soll demnächst zwischen den beiden Parteien im Wiesentheider Rathaus stattfinden. Dabei wird erörtert, ob und wie man sich annähern kann. So klein wie die Häuser sind, so groß scheinen die Probleme.

 
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  • Edgar König
    Eine kleine Siedlung mit Tiny-Häusern ist nun mal nichts anderes, als eine typisch US-Amerikanische Trailer-Siedlung, bzw. eine europäische Mobile-Home Siedlung an den Ferienhotspots.
    Darin kann man gut und gerne einige Wochen oder Monate leben, aber wenn es wirklich für länger sein soll, sind diese Behausungen gänzlich ungeeignet.
    Eher was für junge Leute, oder Feriengäste ...
    gez. R.König
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  • Ariane Keidel
    So ein Quatsch...🤦‍♀️
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Kreative Begründungen -

    irgendwo ist es aber nachvollziehbar, dass die "Alteinwohner/innen" nicht direkt vor der Nase (im Dorferneuerungsbereich) eine Siedlung für Saisonarbeiter/innen o.ä. haben wollen (wo dann in einem so genannten Tiny House am Ende eine zweistellige Zahl an Personen untergebracht wird, um auch "einen vernünftigen Erlös zu erzielen"). Mag ja sein, dass sich da eine ganze Reihe ältere Leute dafür interessieren, die "sich verkleinern wollen", aber was passiert, wenn die sterben und die Erben sich überlegen, was man da machen soll?
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  • Peter Koch
    Die Örtlichkeit ist für ältere Leute ungünstig gelegen. Kein Lebensmittelladen, kein Arzt, keine Apotheke, nur der Friedhof liegt in mit dem Rollator erreichbarer Entfernung. Ohne Auto und entsprechende Fahrtauglichkeit geht da nichts.
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  • Alexander Hopf
    Ich finde die Idee super gut. Habe es mir auch überlegt ein großes Grundstück anzuschaffen und viele Tiny Häuser für junge Leute bzw. Studenten anzubieten, denn die Wohnungsmarkt ist heutzutage selbst für junge Leute unbezahlbar.
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  • Ulrike Schneider
    Vielleicht sollten sich die Gegner der Tinyhäuser erst mal darüber informieren was das eigentlich ist, nämlich die Möglichkeit als alter Mensch noch in einem Haus zu leben. Ein kleines Stückchen Garten drumherum, pflegeleicht. Ein Stück Freiheit wenn man es so ausdrücken will.

    Aber egal wo man einen Bauplatz dafür sucht, es wird immer abgelehnt. Warum?

    Es gibt durchaus schöne Tinyhäuser - sie kosten allerdings fast so viel wie ein "normales" EFH in der heute so beliebten 0815-Fertigbauweise. Hier ein Beispiel, wie diese Häuschen aussehen können ohne billig und von der Stange zu wirken:

    https://tiny-concept.de/
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  • Martin Arold
    Der Käufer dieser Brachfläche tut mir leid. Die Brachfläche sieht dann wohl schöner aus.... Soll die Gemeinde doch froh sein das es überhaupt jemand kaufen wollte diese verunreinigte Fläche.

    Selbst wenn der Käufer es genauestens vorher mit der Gemeinde abgestimmt hätte, hätten die Meckerer im Nachgang dafür gesorgt das es dann leider leider doch nichts wird. So ist es nun gekommen. Ehrlich ist das nicht.

    Wohnen muss zukünftig bezahlbar sein und wenn Tiny Häuser eine Möglichkeit bieten dann ist es eine gute Sache.
    In unserem Dorf hat einer ein kleines Schweden Haus gebaut. Sieht schick aus.
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  • Michael Wolfrum
    Wir waren mal ein Land des Fortschritts, der Veränderung. Davon ist heute leider nichts mehr vorhanden. Die Welt verändert sich nunmal. Das kann man als Chance begreifen oder man bleibt stur bei der Meinung, es muss alles so bleiben, wie es ist. Die Folgen der zweiten Möglichkeit sieht man heute allgegenwärtig, sei es im Erstarken rückwärts gewandter Parteien oder der Probleme einiger Industriezweige.
    Ich habe mir selbst schon einige Tiny-Häuser angesehen und würde mein zu großes Einfamilienhaus durchaus dagegen eintauschen.
    Es mag Gründe geben, dass das an dieser Stelle nicht passt. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese Gründe nur vorgeschoben werden um einfach nichts Neues zuzulassen, d.h. es soll alles so bleiben, wie es schon immer war.
    Alle Gemeinden im Landkreis haben in den letzten Jahren Neubaugebiete für Einfamilienhäuser ausgewiesen. Warum nicht einmal ein großes Neubaugebiet für Tiny-Häuser ausweisen? An Stellen, wo es die "alte" Bevölkerung nicht stört?
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  • Roland Meder
    Deutschland, und sein Spiessbuergertum, wie es leibt und lebt
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  • Gerhard Hörlin
    So wie diese polnischen Tiny Häuser aussehen, werden diese sicherlich auch "handwerklich" gefertigt (und nicht in der CNC-Maschine oder am 3D-Drucker).
    Ich höre da nur Neid heraus. Was ist so verwerflich daran, eine Tiny-Haus-Siedlung anzulegen?
    In Schwarzach gibt es einen Campingplatz, in Marktbreit einen Wohnmobilstellplatz. Beide in Sichtweite von viel befahrenen Straßen.
    Manche Flüchtlinge oder Kita-Kinder werden in "Wohncontainern" (eigentlich auch Blechhütten) und zwar nicht nur für kurze Zeit (also über viele Jahre) untergebracht.
    Also was soll das?
    Wir sind in einen freien Land und innerhalb der Spielregeln ist viel möglich.
    Wenn die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, gewöhnen wir uns doch bitte an den Anblick. Es ist nun mal die Zeit für Veränderungen. Es gibt auch Leute, die es eine Nummer kleiner lieben und nur einen schmalen Geldbeutel haben.
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  • Peter Koch
    Nur weil ein Unternehmer Tiny Häuser aus Polen verkaufen will braucht sich ein Dorf nun wirklich nicht diesem Unternehmer zu unterwerfen. Wenn es wenigstens handwerklich gefertigte Häuschen wären wäre es ja diskutabel, es sind aber Blechhütten.
    https://www.mainpost.de/regional/kitzingen/vertrieb-von-tiny-haeusern-busunternehmer-erlebt-riesige-nachfrage-nach-mobil-homes-und-kaempft-um-grundstuecke-art-11133400
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