Der entscheidende Satz steht gleich am Anfang: "Die Große Kreisstadt Kitzingen liegt mitten in der Mainregion. Diese Region ist stärker als andere Bundesländer und Regionen vom Klimawandel betroffen." Man sollte also keine Zeit verlieren und sich umgehend auf den Weg machen, wenn der in allen gängigen Klimamodellen prognostizierte Anstieg der mittleren Jahrestemperatur am Main um bis zu 4,8 Grad noch gebremst und auf maximal 1,6 Grad gedrosselt werden soll.
Auf 70 Seiten liefert das von Klimaschutzmanager Martin Schneider erstellte und am Donnerstag vom Kitzinger Stadtrat verabschiedete Klimaschutzkonzept Ansätze und Ideen. Wir haben aus dem Papier fünf Kernthesen herausgefiltert und diese näher untersucht.
1. Für die Mobilitätswende muss das Rad neu erfunden werden!
Rund ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen in der Stadt kommen durch den Verkehr zustande. Auf dem Papier birgt dieser Bereich deshalb mit das größte Potenzial. Doch in der Praxis sind der Stadt enge Grenzen gesetzt. Denn weder auf die beiden Autobahnabschnitte von A3 und A7, die das Stadtgebiet streifen, noch auf die stark befahrene B8 kann sie direkt einwirken. Und der Bereich der Elektromobilität sei "keine kommunale Aufgabe". So beschränkt sich ihr Einfluss darauf, eine Mobilitätswende anzustoßen.
Helfen soll dabei ein Verkehrsentwicklungsplan, der den Straßen-, Fußgänger- und Radverkehr miteinander versöhnt. Konkrete Maßnahmen könnten ein flächendeckendes Tempolimit in der Innenstadt, eine bessere Steuerung des Verkehrs und ein rascherer Umstieg auf E-Mobilität sein. Letztlich sei die Mobilitätswende aber nur durch eine verstärkte Förderung des Radverkehrs zu schaffen.
Deshalb gilt: mehr Fahrradwege, mehr Fahrradstreifen auf den Straßen sowie mehr Abstellplätze und Ladestationen für E-Bikes. Ziel ist es, binnen fünf Jahren die Anforderungen als "Fahrradfreundliche Kommune in Bayern" zu erfüllen. Flankierend dazu könnte ein Carsharing-Konzept etabliert werden, das den Menschen den Abschied vom eigenen Auto erleichtern soll.
2. Die Wärmewende gelingt nur mit dem Abschied von Öl und Gas!
Zentrales Element der Wärmewende ist die kommunale Wärmeplanung. Deren oberstes Ziel ist der Ausstieg aus allen fossilen Energien. Wenn wohlige Wärme in die Kitzinger Wohnstuben kriecht, dann immer noch zum Großteil aus Gasheizungen, Ölkessel sind auf dem Rückzug. Beim Heizen mit regenerativen Quellen hinkt Kitzingen dem Bundesdurchschnitt hinterher. Der Umstieg, so heißt es, sei ein "jahrzehntelanges Projekt".
Eine "zukunftsfähige Wärmeplanung" könnte im Aufbau von Nah- und Fernwärmenetzen, Biogasanlagen, Fluss- oder Abwasserwärmepumpen bestehen. Im besten Fall schlägt die Planung eine auf jedes Quartier der Stadt zugeschnittene Technologie vor. Ökologische Baustoffe, Solarthermie und der Wärmeschutz von Gebäuden sollen gefördert, energetische Standards optimiert werden. Passivhäuser etwa verbrauchen bis zu 90 Prozent weniger Heizwärme als unsanierte Altbauten.
3. Die Energiewende funktioniert nur mit angemessener Bürgerbeteiligung!
Der Strombedarf könnte sich in den nächsten Jahren nahezu verdoppeln: durch die Umstellung auf Elektromobilität und Wärmepumpen sowie den verstärkten Einsatz von Klimaanlagen. Auf das Stromnetz kommen dadurch große Belastungen zu. Ziel der Stadt ist es, eines Tages stromautark zu werden und sich so vor großflächigen Blackouts, wie sie durch Hackerangriffe oder Netzüberlastung drohen, besser zu schützen.
Gemeinsam mit der LKW will man Energie künftig ausschließlich aus regenerativen Quellen wie Sonne und Wind gewinnen, etwa durch den Aufbau großer Freiflächen-Photovoltaikanlagen, an denen auch Bürger und Unternehmen beteiligt werden sollen.
Doch der Weg dorthin ist langwierig und führt durch zähe Planungsverfahren; zudem braucht es geeignete Flächen. Da nicht alle städtischen Liegenschaften für Photovoltaikanlagen geeignet sind, andere aber mehr Strom erzeugen, als sie selbst verbrauchen, wird der überschüssige Strom bislang ins öffentliche Netz eingespeist. Diese Energie soll künftig mithilfe eines sogenannten Strombilanzkreismodells und smarter Zähler anderen kommunalen Liegenschaften zugerechnet werden. Das spart der Stadt Geld. Potenzial steckt auch in der Umrüstung von 3300 der fast 4000 städtischen Straßenleuchten.
4. Für die Klimaanpassung braucht es auch in der Stadt kleine Wälder!
Tropennächte haben auch in Kitzingen zugenommen, viele versiegelte Flächen verstärken im Sommer den Hitzestau in der Innenstadt, die Wärmebelastung für Mensch und Natur wächst. Da es im Stadtgebiet kaum Wald und größere Grünzüge gibt, sollen jetzt verstärkt Bäume und Tiny Forests (kleine Wälder) geschaffen werden. Entlang der stadtauswärts führenden Radwege könnten Baumalleen gepflanzt werden. Ziel ist es, jedes Jahr ein Prozent der innerstädtischen Fläche zu entsiegeln.
Alle relevanten Bereiche wie Verkehr, Wohn- und Gewerbesiedlungen, Energie- und Landwirtschaft sowie Wald und Gewässer sollen nach den Maßstäben der "klimafreundlichen Stadtplanung" beurteilt werden. Um die Stadt besser vor Starkregenereignissen zu schützen, soll das Wasser kontrolliert abgeleitet und aufgefangen werden. Im Schwammstadtkonzept ist vorgesehen, mehr Zisternen und Sickermulden zu bauen. Ein Hitzeaktionsplan soll Ältere und Kranke besser vor den Gefahren extremer Wärme schützen und auf akute Hitzewellen vorbereiten.
5. Die Stadtverwaltung will und muss mit gutem Beispiel vorangehen!
Nach dem bayerischen Klimaschutzkonzept soll die Verwaltung im Freistaat bis 2028 klimaneutral werden; ähnliche Ziele gelten für Rathäuser und Landratsämter. Die Stadt Kitzingen sieht sich mit dem Betrieb von Pelletheizungen, Photovoltaikanlagen und dem vermehrten Einsatz von Ökostrom in ihren Gebäuden schon auf einem guten Weg. Fahrzeuge werden nach und nach ausgetauscht und auf eine rein elektrische Flotte umgestellt. Der Anspruch der Stadtverwaltung ist, bis spätestens 2030 treibhausgasneutral zu arbeiten.
Potenziale stecken in der energetischen Sanierung von Gebäuden, deren Fassaden und Dächer nach Möglichkeit auch begrünt werden sollen. Klimaschutz, so die Prämisse, soll zur "zentralen Verwaltungsaufgabe" und zum Maßstab bei allen Zukunftsentscheidungen werden, auch bei der Beschaffung von Fahrzeugen oder Büromitteln. "Kleine Teams" sollen die Ziele koordinieren und nachhalten. Nicht zuletzt sollen alle Stadtratsbeschlüsse auf ihre Wirkung und Schädlichkeit für das Klima überprüft werden.
Die Stimmung im Stadtrat gegenüber dem Konzept: eher verhalten. "Viel heiße Luft, kein einziger konkreter Vorschlag", sagte CSU-Fraktionschef Stephan Küntzer. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen, sagte Grünen-Sprecherin Christa Büttner, bleibe auch in Kitzingen noch viel zu tun.
Ansonsten nur das zu lesen, was man täglich zu hören und lesen bekommt und jeder mit gesunden Menschenverstand für sich selbst mehr oder weniger in Erwägung zieht.
Mein Fazit: Die Arbeit und evtl das Geld für das "Konzept" hätte man sich sparen können.