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Kitzingen
"Wärmepumpe ist nicht das Allheilmittel": Wie sich Kitzingen als Stadt der Hitzerekorde gegen den Klimawandel rüstet
Wenn es um Temperaturrekorde geht, ist Kitzingen inzwischen regelmäßig vorne dabei. Wie richtet sich ein Klimaschutzmanager wie Martin Schneider in Bayerns Hotspot ein?
Die Sonne brennt: Kitzingen leidet in Bayern mit am meisten unter der Sommerhitze.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Die Sonne brennt: Kitzingen leidet in Bayern mit am meisten unter der Sommerhitze.
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Nargis Silva
 |  aktualisiert: 24.07.2023 04:13 Uhr

Kitzingen ist aufgrund seiner geographischen und topographischen Lage besonders stark vom Klimawandel betroffen. Um bis 2045 treibhausneutral zu werden, hat die Stadt einen eigenen Klimaschutzmanager angestellt: den Ingenieur für Bauphysik und Energieberatung Martin Schneider. Was kann er tun, um Kitzingen und seine Bürger vor dem Hitzekollaps zu bewahren?

Frage: Herr Schneider, was betrachten Sie mit Ihrem Klimaschutzkonzept?

Martin Schneider: Die Bereiche Strom, Wärme und Mobilität. Die Landwirtschaft wird zunächst ausgeklammert. Diese drei Bereiche sind in die Sektoren Gewerbe, Industrie, private Haushalte und kommunale Einrichtungen unterteilt. Ziel ist es, eine Energiebilanz und Treibhausgasbilanz der letzten Jahre zu berechnen, und zwar aufgeteilt auf verschiedene Energieträger wie Strom, Erdöl und Gas. Dafür braucht es vor allem eine datengefütterte Grundlage. Am Ende des Klimaschutzkonzeptes steht der Maßnahmenkatalog. 

Wie erheben Sie die Daten?

Schneider: Ich bekomme die Daten von Netzbetreibern, Kaminkehrern und kommunalen Einrichtungen wie Kindergärten. Daten zum Strom- und Gasvererbrauch erhalte ich von den Netzbetreibern. Schwieriger wird es bei nicht leitungsgebundenen Energieträgern wie Heizöl, Kohle und Holz. Dafür sind die Kaminkehrer zuständig. Außerdem greife ich auf Daten des ÖPNV und von Busunternehmen zurück. Bei dem restlichen Verkehr berücksichtige ich ein bundesweites Modell namens TREMOD, weil zu wenige konkrete Zahlen vorliegen.

Martin Schneider ist seit einem Jahr Klimaschutzmanager der Stadt Kitzingen. 
Foto: Nargis Silva | Martin Schneider ist seit einem Jahr Klimaschutzmanager der Stadt Kitzingen. 
Welche lokalen Besonderheiten müssen Sie berücksichtigen?

Schneider: Wir müssen uns vor allem die Gasverteilung anschauen, weil in Kitzingen noch sehr viel mit Gas geheizt wird und sich das auf die CO2-Bilanz niederschlägt. Es gibt eine Ausgangsbilanz, die eine Energiebilanz und Treibhausgasbilanz sowie verschiedene Szenarien umfasst, wie man die Stadt treibhausgasneutral machen kann. Kernstück ist ein Maßnahmenkatalog, der mehrere Themenfelder beinhaltet: Mobilität, Strom, Wärme, Klimaanpassung sowie die Verwaltung als ganzheitliche Institution. Es wird etwa 20 konkrete Maßnahmen geben, um den Treibhausgasausstoß zu senken. 

"Was ich auch schwierig finde, ist, dass die Freiheit der Bevölkerung eingeschränkt wird."
Martin Schneider, Klimaschutzmanager in Kitzingen
Wie gehen Sie dabei dabei vor?

Schneider: Ausgehend von der Treibhausgasbilanz muss ich überlegen, wie Energie eingespart werden kann, und entscheiden, wo regenerative Energieerzeugung in der Stadt etabliert werden sollte. Aber es geht auch um andere Punkte, etwa eine bessere Fahrradinfrastruktur. Denn mehr Fahrradfahrende führen zu weniger Autoverkehr und damit zu weniger CO2-Ausstoß.

Wie wird die künftige Wärmeversorgung aussehen?

Schneider: Kitzingen muss von der Gasabhängigkeit wegkommen. Aber es kostet sehr viel Geld, Häuser energetisch zu sanieren und neue Heizungen einzubauen. Die Wärmepumpe ist da nicht das Allheilmittel. Eine kommunale Wärmeplanung ist sehr wichtig, damit man auf andere Alternativen zurückgreifen kann. Die Stadtteile werden dabei in verschiedene Cluster eingeteilt. Dann wird geschaut, wie man sie mit Wärme versorgen kann. Dafür können dann ein Nahwärmenetz, Wärmepumpen-Technologie oder ein kaltes Fernwärmenetz eingesetzt werden. 

In Mainfranken breitete sich 2022 die Dürre aus. Felder und viele Wiesen sind vertrocknet, die Bäume färbten sich mitten im Sommer braun, und es sah ein bisschen aus, als wäre schon Herbst.
Foto: Ivana Biscan | In Mainfranken breitete sich 2022 die Dürre aus. Felder und viele Wiesen sind vertrocknet, die Bäume färbten sich mitten im Sommer braun, und es sah ein bisschen aus, als wäre schon Herbst.
Worin sehen Sie die größten Herausforderungen bei der Umsetzung?

Schneider: Das größte Problem ist der Personalmangel. Sei es im Planungsbüro, bei den Handwerkern oder in der Verwaltung. Ich glaube, viele Maßnahmen wären leichter umsetzbar, wenn das Personal da wäre. So aber dauert alles sehr lange und ist teurer, weil das Angebot knapp ist und die Nachfrage hoch. Daneben haben wir Maßnahmen, bei denen viele Gewerke und Abteilungen der Stadtverwaltung und anderer Behörden mitgenommen werden müssen – und natürlich die Bevölkerung. Deshalb werden wir zu den umfassenderen Maßnahmen auch Workshops für die Kitzinger Bevölkerung anbieten, damit sie auch von Anfang an bei der Umsetzung berücksichtigt werden.

Welche Maßnahmen betrifft das?

Schneider: Das betrifft zum Beispiel die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur. Da sind wir in Kitzingen mit dem Projekt "Stadtradeln" dabei. Wir erfassen die Anregungen der Bevölkerung. Gerade werden außerdem die Daten der Fahrradbewegungen getrackt. Letztlich wollen wir den Fahrradverkehr in Kitzingen deutlich ausbauen und sicherer machen. Hierfür benötigen wir die Hilfe der Bürgerinnen und Bürger.

Welche Probleme bringt es mit sich, wenn es zu wenig regnet?

Schneider: Es regnet zu selten und dann aber zu viel auf einmal. Die zunehmenden Starkregen-Ereignisse führen dazu, dass der Boden das Wasser gar nicht aufnehmen kann. Das kommt daher, dass zum einen sehr viel asphaltiert ist und zum anderen die Kanäle nur auf eine bestimmte Menge an Regen ausgelegt sind. Was ich auch schwierig finde, ist, dass die Freiheit der Bevölkerung eingeschränkt wird, weil es teilweise so heiß ist mittags, dass die Leute bis spät nachmittags nicht mehr rausgehen.

 
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