
Der Stadtrat will in seiner Sitzung am Montag (29. Januar, 19 Uhr) über das weitere Vorgehen zum Namen der Nikolaus-Fey-Straße in Gerolzhofen entscheiden, nachdem kürzlich eine Informationsveranstaltung dazu stattgefunden hatte. In Wiesentheid, Feys Geburtsort, ist dieser Prozess bereits abgeschlossen: Während die dortige Straße nicht umbenannt wurde, legte die Grund- und Mittelschule den Namen des umstrittenen Mundartdichters 2021 ab.
Der Leiter der Grundschule, Carsten Busch (58), hatte zuvor zu Fey recherchiert, der als Unterstützer des NS-Regimes gilt, weshalb eine Würzburger Straßennamenkommission eine Umbenennung empfahl. Busch hat seine Ergebnisse 2021 als Buch veröffentlicht: "Nikolaus Fey. Nur ein Kämpfer für Franken? Versuch eines Lebensbildes" (ISBN Nr. 978-3-89754-614-1; 156 Seiten; Röll Verlag).
Carsten Busch: Das ist ein Zufall gewesen. Ich habe mich mit dem Namen beschäftigt, nachdem ich hier Schulleiter geworden bin. In einem Schülerarbeitsblatt wurde erwähnt, dass er nach dem Krieg ein Schreibverbot bekommen hatte. Das war ein Hinweis darauf, dass irgendetwas während des Nationalsozialismus gewesen sein musste.
Busch: Relativ aufwendig. In Wiesentheid hat man nichts im Archiv gehabt. Fündig geworden bin ich in verschiedenen Archiven von Würzburg über Berlin bis Krakau. Ich habe auch Kontakt aufgenommen zu seinem Enkel. Ein Teil der Hinterlassenschaft wurde an das Unterfränkische Dialektinstitut weitergegeben. Wobei dieser Nachlass aus den Jahren 1933 bis 1945 vermutlich bereinigt ist.

Busch: Er ist ein Mensch gewesen, der sehr offen war für vieles Neue. Nach seiner Ausbildung zum Schreiner hat er sich der Bündischen Jugend (Anmerkung: eine völkisch-nationale Jugendbewegung in der Weimarer Zeit) angeschlossen, ist als Wandervogel durchs Land gezogen, hat in München und Berlin studiert, aber gleichzeitig den Drang verspürt, sich mit seiner Heimat auseinanderzusetzen. Nachdem er schriftstellerisch tätig geworden ist, hat er angefangen, in Mundart zu schreiben. Dieser Einsatz für fränkisches Brauchtum, das ist das, was ihn auszeichnet. Seine völkischen Ideen, die Hinwendung zum einfachen Menschen, hat natürlich gut zusammengepasst mit der Blut- und Boden-Ideologie des Nationalsozialismus.
Busch: Nikolaus Fey hat es sehr gefallen, dass seine Arbeit unter den Nazis besondere Beachtung gefunden hat, sodass es eine frühe Hinwendung zum Nationalsozialismus gab. Er wurde geehrt und er hat sich auch als Redner der NSDAP ausbilden lassen. Seine Hauptaufgabe war nicht nur, Bücher und Texte zu schreiben, sondern er hat vor Publikum und Schulklassen Reden gehalten. Manche sind erhalten, und da äußert er sich deutlich nationalsozialistisch und antisemitisch.
Busch: In verschiedenen Reden lobt er den Führer und den neuen deutschen Geist. Unter seiner Regie als Schriftführer ist die Wochenbeilage Florian Geyer erschienen, die sich an das bäuerliche Volk gerichtet hat. Die stand unter der Unterschrift: "Der Bauer schafft, der Jude rafft." Im Aufsatz 'Bühne und Mundart' spricht er vom zersetzenden jüdischen Geist oder von Gegenmitteln, die er sucht, gegen die jüdische Vergiftung. Da gibt es eine Menge Äußerungen, die eindeutig sind.
Busch: Gerade dieser Appell, 1941 erschienen und an Jugendliche gerichtet, den Tod fürs Vaterland zu sterben, ist natürlich etwas, was für eine Schule völlig untragbar ist.
Busch: Er war sehr offen. Er hat nicht alle Einzelheiten gewusst, aber er wusste, dass sein Großvater belastet ist. Das Engagement für den Nationalsozialismus verurteilt er. Aber er hat auch darauf hingewiesen, dass nicht alles an der Person seines Großvaters schlecht war.
Busch: Natürlich hat er als Enkel eine innige Beziehung zu seinem Großvater. Wir haben mit Fey auch einen Mann, der sich große Verdienste als Schriftsteller erworben hat, auch als Bewahrer fränkischer Mundart. Aber wir können die zwölf Jahre des Nationalsozialismus nicht ausklammern. Dieser Schatten liegt auf seiner Biografie.
Busch: Die Namensgebung für eine Schule oder Straße ist immer mit einer Ehrung verbunden. Da muss man sich sehr gut überlegen, wofür ein Mensch steht. Als Schule brauchen wir als Vorbild jemanden, den wir den Kindern präsentieren können. Nachdem klar war, dass die Kommission in Würzburg die Empfehlung gegeben hat, dass der Straßenname geändert wird, mussten wir uns als Schule positionieren.
Busch: Es war ein offener Prozess. Eingebunden waren der Schulverband, die Eltern, die Lehrerkollegen. Man war sich schnell einig, dass das für unsere Schule kein Name ist, wiewohl es auch Gegenstimmen gab.
Busch: Wir können nur aus Geschichte lernen, wenn wir wissen, was passiert ist. Deswegen werden wir, wenn der Umbau an unserer Schule fertig ist, eine Tafel aufstellen, wo auf den ehemaligen Schulnamen hingewiesen wird und begründet wird, warum der Name für uns nicht mehr tragbar ist.

Busch: Ich war in der Diskussion des Gemeinderates nicht dabei. Wenn ich das richtig verfolgt habe, ist es vor allen Dingen ein pragmatischer Grund gewesen, weil in der Straße die Blutbank des BRK ist. Und die haben signalisiert, dass sie ein größeres Problem haben, wenn sie den Namen ändern müssen. Die Gemeinde hat dann entschieden, zwar eindeutig auf die problematische Seite bei Fey hinzuweisen, aber den Namen beizubehalten. Das hat sie mit einer großen und informativen Tafel gemacht, auf der es einen QR-Code gibt, über den die Leute die Möglichkeit haben, weitere Informationen zu erhalten.
Busch: Für unsere Schule hätte ich mir das nicht vorstellen können. Da war es mir schon wichtig, dass der Name verschwindet. Was meiner Meinung nach gar nicht geht, ist, dass man diesen Namen nach der angestoßenen Diskussion unkommentiert lässt. Das halte ich für völlig ausgeschlossen. Ich finde den Weg, den die Marktgemeinde beschritten hat, durchaus akzeptierbar.
Busch: Das ist eine politische Entscheidung, das müssen die Menschen vor Ort gemeinsam entscheiden. Wenn man sich für eine Kontextualisierung entscheidet, ist es aber wichtig, dass diese eindeutig ist und die Vorwürfe auch ganz klar benannt werden.