Der Name der Nikolaus-Fey-Straße beschäftigt die Stadt Gerolzhofen seit mehr als zwei Jahren. Hintergrund sind die Verwicklungen des Heimatdichters Fey in der NS-Zeit. Spätestens seitdem eine Fachkommission eine Vielzahl von Straßennamen in Würzburg überprüfte, steht das Thema nicht nur hier, sondern in vielen unterfränkischen Kommunen auf der Agenda.
Mehrere Orte sind den Empfehlungen der Historiker im Jahr 2020 zwischenzeitlich gefolgt und haben die Namen geändert. So etwa in Feys Geburtsort Wiesentheid, wo er als Namensgeber der Grund- und Mittelschule gestrichen wurde; eine nach ihm benannte Straße behält allerdings seinen Namen und wird lediglich um ein Hinweisschild ergänzt. Eine Entscheidung für Gerolzhofen, ob die nach Nikolaus Fey benannte Straße, der 1956 auf der hiesigen Waldesruh gestorben ist, umbenannt wird oder nicht, steht noch aus.
Bislang nur ein Meinungsbild im Stadtrat
Im Januar 2022 hatte sich der Stadtrat mit dem schwierigen historischen Erbe auseinandergesetzt. Einen finalen Beschluss gab es nicht, nur ein Meinungsbild. Damals äußerten sich nur die vier Sprecher der Fraktionen und Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) dazu. Diese äußerten sich prinzipiell pro Umbenennung. Aber nicht überall gab es eine einheitliche Meinung: In der CSU war laut Arnulf Koch eine Mehrheit dafür, die SPD-Fraktion nach Angaben von Erich Servatius nur teilweise für eine Namensänderung. Aus den beiden anderen Fraktionen wurde kein Stimmungsbild genannt.
Wozniak will das Thema nun wieder in die Öffentlichkeit und auch zu einem Abschluss bringen. Aus diesem Grund plant die Stadt, eine Informationsveranstaltung mit einem Experten abzuhalten, die in der damaligen Stadtratssitzung angekündigt wurde. Bei dem Referenten handelt es sich um den Stadtarchivar von Würzburg, Dr. Axel Metz. Er gehörte der elfköpfigen Kommission an, die zu der Rolle der Namenspatinnen und -paten von 120 Straßen in der Domstadt forschte und darauf basierend Empfehlungen aussprach.
Stadt hat Historiker der Würzburger Kommission eingeladen
Voraussichtlich im Januar soll die Veranstaltung stattfinden, in deren Rahmen der Historiker einen Impulsvortrag hält, zu den bislang "ermittelten Fakten zum Leben und Wirken Feys sowie seiner Haltung zum Nationalsozialismus", antwortet Metz auf eine Anfrage. Dort will er auch auf neuere Publikationen und weitere Forschungen in jüngster Zeit eingehen. Eine Empfehlung speziell für den Fall in Gerolzhofen möchte Metz explizit nicht abgeben. Das sei Sache der Stadtgesellschaft sowie des Stadtrates.
Dazu einladen will Wozniak alle Anwohnenden und die dortigen Unternehmen, die er demnächst anschreibt, und, sofern die Räumlichkeiten ausreichend Platz bieten, auch die Öffentlichkeit. Zusätzlich zum Vortrag soll es einen Diskussionsteil geben. Außerdem möchte die Verwaltung das rechtliche Prozedere zu einer möglichen Straßenumbenennung erläutern.
Bürgermeister Wozniak: Gerolzhofen soll sich positionieren
Der Bürgermeister mahnt eine Entscheidung an. "Wir müssen einen Beschluss fassen, das sind wir dem Thema schuldig", sagt Wozniak in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Für ihn persönlich sei ein Straßenname eine Würdigung der Person, und man müsse sich nun heute die Frage stellen: "Hat er es verdient, dass sein Name auf dem Straßenschild bleibt?"
Mit seiner persönlichen Meinung hält er nicht hinter dem Berg, wie schon in der Stadtratssitzung: "Würde ich dort wohnen, wäre ich für eine Umbenennung." Thorsten Wozniak verweist im Zuge dessen auf die detaillierte Untersuchung. Da komme man zwangsläufig zu dem Schluss, umzubenennen.
Einstimmige Empfehlung der Kommission für eine Umbenennung
Im Rahmen der Untersuchungen von 2016 bis 2020 hatte die Kommission auch zu Nikolaus Fey geforscht. Die Bewertung fiel eindeutig aus: "Die Kommission empfiehlt einstimmig die Umbenennung." Er sei als überzeugter Nationalsozialist anzusehen, heißt es im Abschlussbericht, der ihn nicht als bloßen Mitläufer sieht. Fey habe aktiv an der Ausgestaltung nationalsozialistischer Propagandainszenierungen mitgewirkt und von der NS-Herrschaft persönlich profitiert.
Besonders angelastet wird Fey, dass er von 1942 bis 1944 in der Regierung des Generalgouvernements in Krakau mitwirkte, wo die Besatzungsverwaltung "sehr brutal" gewesen sei. Nikolaus Fey war dort Referent in der Hauptabteilung Propaganda der Regierung. Laut dem Urteil der Spruchkammer war er nicht nur an der Propaganda, sondern auch an der Zensur beteiligt.
Bereits vor Kriegsbeginn habe sich Fey, der im Mai 1933 in die NSDAP eingetreten war, für den Nationalsozialismus engagiert. Dass sich Fey später nie kritisch zu seinem Tun während der NS-Zeit geäußert habe, lastet ihm die Kommission erschwerend an. Nur in neun von 120 Fällen sprach die Kommission überhaupt Empfehlungen aus. Bei diesen Personen waren die Verstrickungen in der Zeit der NS-Diktatur "so schwerwiegend", dass zur Umbenennung oder Kontextualisierung – hierbei wird ein Hinweisschild mit Erläuterungen zu den Verfehlungen angebracht – geraten wurde. In vier dieser neun Fälle rieten die Experten ausschließlich zu einer Straßenumbenennung: Zu diesen vier Namen zählt die Nikolaus-Fey-Straße.