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Iphofen
Nach Treffen mit Hubert Aiwanger: Drehen sich demnächst doch Windräder bei Iphofen?
Die Windenergie erlebt gerade ein überraschendes Comeback. Das hat mit dem Ukraine-Krieg zu tun, aber auch mit dem Besuch eines Ministers. Auch Iphofen holt alte Pläne aus der Schublade.
Für die Windkraft im Landkreis Kitzingen wie hier an der Autobahn bei Biebelried zeigt sich ein Silberstreif am Horizont.
Foto: Robert Haass | Für die Windkraft im Landkreis Kitzingen wie hier an der Autobahn bei Biebelried zeigt sich ein Silberstreif am Horizont.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:51 Uhr

Fast ein Jahrzehnt ist es jetzt her, dass Iphofen unfreiwillig in den Windschatten geriet. Nach langer und teils kontroverser Debatte hatte man im Stadtrat endlich eine Handvoll geeigneter Gebiete für Windkraftanlagen gefunden. Josef Mend, der damalige Bürgermeister, war zufrieden und sagte: "Wenn wir hier drei bis fünf Windräder bekommen, haben wir unseren Beitrag zur Energiewende geleistet."

Doch dann tilgte der Regionale Planungsverband mit einem Federstrich den mühsam gefundenen Kompromiss, und die geplanten Windräder verschwanden wieder von der Karte. Zu wertvoll sei die Natur- und Kulturlandschaft, um sie mit Windrädern zu verstellen. Inzwischen hat sich der Wind gedreht. Iphofen muss und will seinen Beitrag zur Energiewende im Land leisten. Nur: Wie könnte der aussehen?

Bayern hat zwischen 0,5 und 0,7 Prozent seiner Fläche für die Windkraft ausgewiesen, aber wegen der umstrittenen 10-H-Regel, die es so nirgendwo anders gibt, können nur etwa zehn Prozent davon genutzt werden. Bis 2032, so hat es der grüne Bundeswirtschaftsminister dem Freistaat aufgetragen, müssen auf 1,8 Prozent der Landesfläche Windräder stehen. Das alles waren bisher nur Zahlen und Fristen. Aber mit Russlands Überfall auf die Ukraine, mit Putins Drehen am Gashahn, mit inflationär steigenden Energiepreisen hat das Thema sprunghaft an Dynamik gewonnen. Die Landrätin hat neulich im Kreistag an alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister appelliert, die Windkraft in den Kommunen voranzutreiben. "Windenergie tut nicht weh", sagte Tamara Bischof. Ihr selbst sind in diesem Fall ausnahmsweise die Hände gebunden.

Hubert Aiwanger will 10-H-Regel im Kabinett "deutlich aufweichen"

Vor anderthalb Wochen waren Bischof und Iphofens Bürgermeister Dieter Lenzer in der Geiselwinder Flur mit dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Umweltminister Thorsten Glauber unterwegs, Parteifreunde der Freien Wähler. Es gibt Fotos von dem Termin, Männer in weißen Hemden, die Landrätin im froschgrünen Kleid, alle lächeln. Aiwanger kündigte bei seinem Besuch überraschend an, die 10-H-Regel im Kabinett "deutlich aufweichen" zu wollen. Dabei wird gern vergessen, dass Kommunen sich schon bisher über die im Februar 2014 eingeführte Regelung hinwegsetzen können, sofern breiter Konsens unter den Betroffenen besteht. Das Gesetz lässt das zu.

Die 10-H-Regel könnte also demnächst fallen – so oder so. Damit gewinnen die fünf Gebiete, die 2012 nach intensiver Recherche in der 7800 Hektar großen Iphöfer Flur ermittelt wurden, wieder an Bedeutung: Die mit 114 Hektar größte dieser Flächen liegt nordöstlich von Birklingen, am 474 Meter hohen Roßberg. Dort stehen bereits Windräder – 200 Meter von der Gemarkungsgrenze entfernt. Als sich der Regionale Planungsverband 2, in dem Politikerinnen und Politiker aus Stadt und Kreis Würzburg sowie den Kreisen Main-Spessart und Kitzingen sitzen, gegen Windräder im Steigerwald-Vorland wandte, wurden am Enzlarer Berg welche gebaut. Wie kann das sein? "Anderer Bezirk, anderer Planungsverband", sagt Iphofens Bürgermeister Lenzer. Schon das zeigt die verquere Logik in dieser Sache.

Schon heute können sich Kommunen beim Bau von Windrädern über die umstrittene 10-H-Abstandsregel hinwegsetzen - wenn sich die Betroffenen einig sind.
Foto: Peter Pfannes | Schon heute können sich Kommunen beim Bau von Windrädern über die umstrittene 10-H-Abstandsregel hinwegsetzen - wenn sich die Betroffenen einig sind.

Lenzer sagt nun, er könne sich auch im 2300 Hektar großen Stadtwald ein Windrad vorstellen, wie die Bayerischen Staatsforsten dies großflächig vorhaben. Der Flächenbedarf einer solchen Anlage bewege sich zwischen 5000 und 10.000 Quadratmetern. Für eine vergleichbare Photovoltaikanlage müsse man auf freiem Feld etwa die zehnfache Fläche rechnen, so Lenzer. Der Stadtrat hat diese Solarparks aus Gründen des Landschaftsschutzes erst kürzlich ausgeschlossen.

Auch was Windkraftanlagen angeht, gibt es im Stadtrat Stimmen, sich die Standorte genauer anzuschauen. Dritter Bürgermeister Jörg Schanow warnte am Montagabend davor, die gesamte Gemarkung dafür zu öffnen. Er will die Windräder auf "einzelne Teilflächen" begrenzen. Die Anlagen sollten "mit dem Landschaftsbild vereinbar" sein. Das muss kein Widerspruch sein zu der 2012 gefundenen Lösung; schon damals ging es darum, die weitläufige Flur nach (wirtschaftlich und landschaftsplanerisch) geeigneten Flächen abzusuchen.

Übrig blieben neben dem Standort am Enzlarer Berg vier Gebiete östlich von Possenheim (30 Hektar), südlich von Mönchsondheim (10,7 Hektar) sowie an der Grenze zu Willanzheim (2,4 und 1,2 Hektar). Ein Experte sprach damals von "Flächen mit vernünftigen Perspektiven wirtschaftlicher Windnutzung". Aktuell liegt eine Anfrage aus dem Stadtteil Hellmitzheim für Windradstandorte vor.

Mit einem Windrad bei Iphofen wird es noch einige Zeit dauern

Bislang sind das nicht mehr als Absichtsbekundungen. In Bayern ist in diesem Jahr noch keine einzige Windkraftanlage gebaut werden, und ob auf Iphöfer Gemarkung eines Tages Windräder stehen werden, ist noch keine ausgemachte Sache. Der Regionale Planungsverband hat zwar erkennen lassen, das Ausschlussgebot aufzuheben, und zeigt sich offen für Signale von Städten und Gemeinden. Es geht darum, die Überlegungen von damals "erneut auf den Prüfstand zu stellen", so Lenzer. Aber das kann dauern. Iphofens Bürgermeister hat deshalb vorsichtshalber die Erwartungen gedämpft und eine rasche Lösung ausgeschlossen. So ein Windrad werde nicht heute oder morgen gebaut.

 
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