Sieben neue Photovoltaikanlagen auf Privathäusern, eine große Anlage auf dem Dach der Karl-Knauf-Halle, frische Diskussionen um die Windenergie und ein neuer Vorstoß für eine Freiflächen-Photovoltaikanlage im Stadtteil Dornheim: Wer am Montag die Sitzung des Iphöfer Bau- und Umweltausschusses verfolgte, wurde das Gefühl nicht los, dass es mit der Energiewende in der Stadt gar nicht schnell genug gehen könne.
Tatsächlich ist es eher so, dass unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs jetzt binnen kürzester Zeit nachgeholt werden soll, was über die Jahre versäumt worden ist. Einfach wird das nicht. Denn noch immer gehen in Iphofen Klimaschutz und Gestaltung vielfach nicht zusammen.
Das Hamburger Marktforschungsinstitut Appino hat in einer Umfrage ermittelt, dass ein Viertel der deutschen Hauseigentümer in diesem Jahr in eine Photovoltaikanlage investieren will. Das wäre ein Markt von dreieinhalb Millionen Anlagen, 17 Mal so viel wie 2021. Das schnelle Wachstum hat seinen Preis: Solarmodule kosten heute etwa zehn Prozent mehr als vor zwölf Monaten. Hinzu kommen Lieferengpässe, verursacht durch die Corona-Pandemie, die internationale Lieferketten ins Wanken brachte. Auch in Iphofen ist der Boom längst spürbar. Die Frage ist: Lohnt sich das Ganze noch?
"Wir werden von einer Antragsflut überzogen", stellte Stadtrat Otto Kolesch fest. Darauf müsse sich die Stadt einstellen – indem sie flexibler und kompromissbereiter reagiere als in der Vergangenheit. "Wir haben andere Zeiten", sagte Kolesch mit Blick auf die geopolitische Lage und explodierende Energiepreise. Kolesch gehörte von Beginn an zu den Pragmatikern, die auch darauf drangen, die historische Altstadt für Photovoltaik zu öffnen.
Dort dürfen solche Anlagen seit vergangenem Jahr immerhin auf "Nebengebäuden oder untergeordneten Gebäuden" errichtet werden, "die nicht vom öffentlichen Raum aus einsehbar sind". Für Kolesch blieb schon damals nur eine "lächerlich kleine Fläche" für Solarstrom in der Altstadt. "Nicht einmal zehn Prozent der Gebäude werden dafür geeignet sein", sagte er.
Wie sich Photovoltaikanlagen immer noch lohnen können
Selbst in Baugebieten, die weit abseits der Altstadt liegen, sollen Solarmodule nur auf Nebengebäuden angebracht werden und am besten so, dass sie nicht einsehbar sind. So hat es die Stadt im Jahr 2014 in all ihre Bebauungspläne schreiben lassen. Die Anlagen dürfen außerdem nicht aufgeständert sein, obwohl die Technik in dieser Hinsicht große Fortschritte gemacht hat, wie jetzt Matthias Schuhmann im Bauausschuss sagte.
Deutschlandweit sind inzwischen über zwei Millionen Photovoltaikanlagen in Betrieb, die meisten davon auf Dächern privater Haushalte. Zwar ist die Einspeisevergütung deutlich gesunken – von 57 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2004 auf heute sechs Cent und damit weit unter den aktuellen Strompreis. Dennoch kann es sich nach wie vor lohnen, in solche Anlagen zu investieren.
Der Eigentümerverband Haus & Grund hat die Kosten für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden im Jahr durchgerechnet. Danach kostet eine Photovoltaikanlage, die diese Menge Strom erzeugt, in Verbindung mit einem Akku, der die Energie in der Nacht speichert, rund 15.000 Euro. Legt man für die Ersparnis den aktuellen durchschnittlichen Strompreis von 40 Cent pro Kilowattstunde zu Grunde, würde sich die Anlage nach etwa 15 Jahren amortisieren. Je mehr Strom erzeugt und verbraucht wird, desto schneller fallen Renditen ab.
Die Ampelkoalition zaudert mit einer Pflicht zu Solaranlagen
Während sich der Iphöfer Bauausschuss am Montag noch im Klein-Klein seiner Gestaltungssatzung verlor, dachte Otto Kolesch an das große Ganze. "In Gewerbegebieten müsste es Pflicht werden, Photovoltaikanlagen aufs Dach zu montieren", sagte er etwa mit Blick auf die großen Lebensmittelmärkte. "Dort wird immer noch sehr viel Fläche sinnlos vergeudet."
Für Vizebürgermeister Hans Brummer ist hier "der Gesetzgeber gefordert". Doch der zaudert. Die Große Koalition hatte im Sommer 2021 noch eine bundesweite Solardachpflicht erwogen, war dann aber rasch zurückgerudert. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien heißt es nur noch: "Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden."
In Iphofen soll jetzt das Dach der Sport- und Veranstaltungshalle beidseitig mit Solarmodulen belegt werden. Laut Bauamtsleiter Matthias Kurth hat die Anlage eine Leistung von 227 Kilowattpeak (kWp). Damit ließe sich für etwa 50 Durchschnittshaushalte hierzulande der jährliche Strombedarf decken. Sinnvoll wäre in diesem Fall auch ein Speicher, da viele Veranstaltungen in der Halle in den Abendstunden stattfinden. Kurth rechnet mit Investitionskosten von 325.000 Euro. Nach zwölf Jahren sei die Stadt im Plusbereich. "Endlich bewegt sich die Stadt mal", sagte Kolesch. Doch ihm geht der Schritt noch nicht weit genug. Er forderte, für alle städtischen Gebäude zu prüfen, ob sie sich für Photovoltaik eignen.
Auch Windräder sollen jetzt wieder zu einer Option werden
Neben der Photovoltaik brachte Kolesch auch die in Iphofen einst verschmähte Windkraft ins Spiel. Der langjährige Bürgermeister Josef Mend hatte die Sache vor etwa zehn Jahren nach viel Kritik gerade so weit forciert, dass die Stadt fünf Standorte für Windräder in die engere Wahl nahm. Anfang 2014 hielt der Regionale Planungsverband für Unterfranken, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, dann nicht einen einzigen dieser Standorte in der 7800 Hektar großen Iphöfer Flur für geeignet.
Mend wiederholte vor Kurzem im Umweltausschuss des Kitzinger Kreistags seine Kritik an der Windkraft. "Es ist doch nicht so, dass wir mal kurz mit dem Finger schnippen, und schon stehen irgendwo Windräder", sagte er. Dem hielt Kolesch jetzt entgegen. "Die Zeit ist reif, auch die Windkraft noch einmal zu überdenken. Wir haben das zu leichtfertig weggewischt." Kolesch regte dabei auch Bürgerbeteiligungsmodelle an, wie sie andernorts üblich sind.
Ein solches Modell schwebt auch Johannes Grötsch für eine Freiflächen-Photovoltaikanlage im Stadtteil Dornheim vor. Das Problem: Der Stadtrat hat Solarparks in freier Natur vor zwei Jahren grundsätzlich ausgeschlossen – aus Rücksicht auf die Landschaft. Jetzt hofft Grötsch, dass die "geopolitische Lage" ein Umdenken bewirken könnte. So stellte er es am Ende der Bauausschusssitzung unter dem Punkt "Anfragen" dar.
Auf seine Eingabe von Anfang März habe er noch keine Antwort seitens der Stadtverwaltung erhalten. Vizebürgermeister Brummer machte Grötsch in der Sache wenig Hoffnung. "Wir wollen Dächer für Solaranlagen öffnen, aber keine Anlagen in der freien Natur."