Wenn von Projekten ausländischer Staaten auf deutschem Boden die Rede ist, denkt man meist zuerst an China. Dass sich der norwegische Staat für ein Grundstück in der fränkischen Provinz interessiert, kommt bislang eher selten vor. In Iphofen ist das aber gerade der Fall. Es geht um ein Batteriespeicherkraftwerk in der Größenordnung von 20 Megawatt, was in etwa der Energiemenge entspricht, die zehn mittelgroße Windräder unter Volllast liefern.
Hinter dem Projekt steht, wenn man so will, der norwegische Staat. Denn das Unternehmen Agder Energi, das die Anlage bauen und betreiben will, ist ein Energieversorger aus Südnorwegen, der sich zu gut der Hälfte in kommunaler Hand, zum anderen Teil in Staatsbesitz befindet. Im Iphöfer Stadtrat zeigt man sich von dem Vorhaben durchaus elektrisiert.
Anfang Mai waren Skepsis und Misstrauen noch groß
Vor vier Wochen, als die Sache erstmals im Rat zur Sprache kam, schwangen da noch deutlich mehr Skepsis und Misstrauen mit. Ein Vertreter des relativ neuen Start-ups Kyon Energy hatte damals in wolkigen Worten über das Vorhaben informiert, aber die entscheidende Frage war unklar geblieben: Wer stellt die bis zu 15 Millionen Euro dafür bereit? Jetzt lichtet sich langsam der Nebel um das im Wortsinn spannungsgeladene Projekt. Kyon Energy, so informierte Bürgermeister Dieter Lenzer am Montagabend, spielt bloß den „Türöffner“ und bereitet dem norwegischen Staatskonzern den Weg. Als starker Player auf dem grünen Energiemarkt mit 1,3 Milliarden Euro Jahresumsatz hält man sich nicht gern mit lästiger Bürokratie auf.
Auch in Iphofen tritt Agder Energi nicht selbst auf, sondern schickt letztlich eine seiner Töchter: den gerade erst an den Start gegangenen Energiedienstleister Eco Stor aus München, dessen Geschäftsführer Georg Gallmetzer das Vorhaben detailreich erklären durfte. Der löste auch gleich am Anfang seines Vortrags das Rätsel auf, wie Iphofen in den Fokus eines Unternehmens gerät, das in Norwegen seit über 100 Jahren Wasserkraftwerke betreibt.
Rund 800 Netzbetreiber habe man in Deutschland auf die Machbarkeit für solche Projekte hin gescannt. Dass es in Iphofen ein Gewerbegebiet gibt und in greifbarer Nähe dazu ein Umspannwerk, war wohl einer der entscheidenden Standortfaktoren. Und, man höre und staune, dass Deutschland bei der Energiewende in Europa „am weitesten fortgeschritten“, ja ein „Vorreiter“ sei.
Die Anlage besteht im Wesentlichen aus sechs rechteckigen Objekten, die der Form nach Fertiggaragen ähneln. Es sind massive Blöcke aus widerstandsfähigem F90-Stahlbeton, der bei einem Brand wie ein Schutzschild wirken soll. Die in ihnen enthaltene Lithium-Ionen-Technologie soll in der Lage sein, bis zu 20 Jahre Wind- oder Solarstrom zu speichern und bedarfsgerecht ins Netz zu speisen. Gallmetzer beschrieb das Geschäftsmodell so: Photovoltaik- oder Windkraftanlagen produzieren Strom, der zu günstigen Zeiten am Markt eingekauft und in den Batteriezellen gespeichert wird. Zu den Lastspitzen morgens und abends wird er zu einem höheren Preis verkauft und ins Stromnetz abgegeben.
Andernorts sind schon Batteriespeicher im Einsatz
Sind die Akkus verbraucht, werden sie laut Gallmetzer nach und nach durch neue ersetzt. Da allein die Kosten für den Anschluss der Anlage bei mehr als zwei Millionen Euro lägen, sei ein Rückbau der Anlage „nicht zu erwarten“. Damit ist aber auch klar, dass sich der Stadtrat mit einer Vergabe der Baugenehmigung möglicherweise über Jahrzehnte bindet. Stadtrat und Bürgermeister haben damit offenbar kein Problem.
Lenzer berichtete von Gesprächen mit Bürgermeistern anderer Gemeinden, in denen solche Batteriespeicher entstanden sind: in Aub, in Kempten, in Fuchstal oder Wunsiedel. Das oberbayerische Fuchstal (Kreis Landsberg/Lech) startete damit vergangenen Herbst in die „Energiezukunft“, so ist es in der Lokalzeitung nachzulesen. Dort steht die Gemeinde selbst hinter dem Vorhaben. In Wunsiedel, so bekam Lenzer von seinem Kollegen zu hören, bringe der Batteriespeicher „gutes Geld“ in die Gemeindekasse.
Für den Stadtrat waren das gute Gründe, das Projekt weiterzuverfolgen. „Ich bin begeistert“, sagte Zweiter Bürgermeister Hans Brummer, „weil überschüssiger Strom nicht weiter exportiert und später teuer wieder eingekauft werden muss.“ Im nächsten Schritt will das Unternehmen einen Bauantrag einreichen. Dann geht es auch darum, den von einigen Stadträten kritisch hinterfragten Brandschutz zu prüfen. Stefan Melber und Andrea Neubert, die beiden Kommandanten der städtischen Feuerwehr, hatten in der Sitzung bereits gezielt nachgefragt und sich eifrig Notizen gemacht.