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Kitzingen
"Der Investor verdient sich hier eine goldene Nase": Warum es weiterhin Streit über die Kitzinger Stadtbücherei gibt
Dass die Stadtbibliothek das baufällige Luitpoldbad verlassen wird, ist längst ausgemacht. Aber ein neues Quartier gibt es weiterhin nicht. Und am Ende der Debatte versteht man nur Bahnhof.
Im Kitzinger Luitpoldbau an der B8 könnten demnächst die Lichter ausgehen. Die Stadtbücherei muss aus dem baufälligen Gebäude ausziehen.
Foto: Eike Lenz | Im Kitzinger Luitpoldbau an der B8 könnten demnächst die Lichter ausgehen. Die Stadtbücherei muss aus dem baufälligen Gebäude ausziehen.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 19.03.2025 02:42 Uhr

Der Oberbürgermeister war schon dabei, das Amen zu sprechen. Aus seiner Sicht war die Messe über die Zukunft der Kitzinger Stadtbücherei längst gelesen. Doch dann hob am Dienstagabend im Sitzungssaal des Rathauses eine weitere lebhafte Debatte um die künftige Heimstatt der Bibliothek an. Das Resultat: ein klarer Auftrag des Stadtrats an die Verwaltung zwar, aber ansonsten: eine Bürgermeisterin, die sich keinen Reim mehr auf das ganze Gezeter machen konnte, und ein Bauamtschef, der nur noch Bahnhof verstand.

Unstrittig ist: Die Stadtbücherei muss in absehbarer Frist das baufällige Luitpoldbad an der B8 räumen und sich eine neue Bleibe suchen. Die Frage ist nur: Wohin mit einer Einrichtung, die 900 Quadratmeter Platz beansprucht, schwere Lasten zu tragen hat und jährlich von mehr als 30.000 Menschen aufgesucht wird? Im Rathaus sondierte man den Immobilienmarkt – und stieß auf ein Objekt, das alle Kriterien zu erfüllen schien. Es ist groß genug, liegt innenstadtnah direkt am Main und hat ausreichend Parkplätze vor der Tür. Der Knackpunkt: Es gehört nicht der Stadt, sondern dem Immobilienentwickler Wolfgang Rosentritt.

Der Hotel-Neubau am Main hat sich mit Corona erledigt

Der wäre laut OB Stefan Güntner (CSU) bereit, der Stadt das leerstehende ehemalige Bareiss-Lagerhaus in der Schrannenstraße 33 zu überlassen: zur Miete und womöglich zum Kauf. Noch 2020 plante Rosentritt, das Gebäude zum Hotel umzubauen, doch mit der Corona-Pandemie hatte sich das Projekt erledigt. Jetzt, so der unverhohlene Vorwurf aus Reihen des Stadtrats, wolle Rosentritt Profit aus der Sache schlagen. "Der Investor verdient sich eine goldene Nase", sagte Klaus Sanzenbacher (Grüne), "und wir kriegen ein altes Teil."

Rund 900 Quadratmeter Nutzfläche und Parkplätze vor der Tür: Das ehemalige Bareiss-Lagerhaus ist als künftiger Standort der Kitzinger Stadtbücherei im Gespräch.
Foto: Eike Lenz | Rund 900 Quadratmeter Nutzfläche und Parkplätze vor der Tür: Das ehemalige Bareiss-Lagerhaus ist als künftiger Standort der Kitzinger Stadtbücherei im Gespräch.

Für Sanzenbacher ergäbe es viel mehr Sinn, den Bahnhof oder die Wirtschaftsschule als Quartier für die Bücherei herzunehmen, als nun ein weiteres Gebäude zu erwerben und zu unterhalten. Beide Objekte gehörten der Stadt und müssten ohnehin saniert werden.

Der Stadtrat wollte sich im vergangenen Dezember nicht auf den Deal mit Rosentritt einlassen, ohne vorher mögliche Alternativen in der Innenstadt geprüft zu haben. Und so präsentierte Bauamtschef Oliver Graumann dem Bauausschuss kürzlich eine Liste mit acht Standorten, die alle untersucht worden seien. Das Ergebnis: Keines dieser Objekte, darunter das Stadtmuseum oder der Bahnhof, tauge als Bücherei. Als einziges hätte laut OB noch die Wirtschaftsschule die Kriterien erfüllt. Der Haken ist: Sie stehe nicht vor 2030 zur Verfügung, weil der Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Realschule noch Zeit brauche.

Der Bahnhof taugt für den Bauamtschef nicht als Bücherei

Warum dann nicht der Bahnhof, den die Stadt Anfang 2021 gekauft hat, wollte Gisela Kramer-Grünwald (Grüne) wissen. Graumann atmete tief durch und schilderte dann wortreich, was das Problem sei. Das Gebäude liege zu weit von der Altstadt weg, sei denkmalgeschützt und statisch nicht darauf ausgelegt, Massen von Büchern zu tragen. Graumanns vernichtendes Urteil: "Der Bahnhof ist baulich komplett verschlissen, und die Haushaltslage gibt nicht mehr her, als dort das Allernötigste zu machen." Sechs Millionen Euro seien zuletzt für die Sanierung aufgerufen worden, "und da", so erinnerte der OB, "war noch nicht von einer Bücherei die Rede".

Dieser Zug schien also abgefahren, obwohl auch Andrea Schmidt (Grüne) den Standort "supergut" fand. Die große Mehrheit aber schlug sich auf die Seite des OBs, der unterstützt wurde von Stimmen wie der Stephan Küntzers (CSU): Weil sich die Stadt in nächster Zeit keine großen Sprünge leisten könne, sollte man jetzt den "Mut haben, mal was Neues zu probieren", und die Miet- oder Kaufoption für das Lagerhaus am Main nutzen. Auch Zweiter Bürgermeister Manfred Freitag (FW-FBW) sprach sich für diese Variante aus. "Die Anmietung ist der schnellste Weg." Und dann wurde er grundsätzlich. Das "Wünsch-dir-was" müsse man sich im Stadtrat abgewöhnen. "Wir werden nicht mehr so haushalten können wie bisher."

Von außen ein Lichtblick, innen ein Sanierungsfall: Das einstige Volksbad beherbergt seit Jahren Bücherei und Volkshochschule.
Foto: Moritz Lenz | Von außen ein Lichtblick, innen ein Sanierungsfall: Das einstige Volksbad beherbergt seit Jahren Bücherei und Volkshochschule.

Noch ist die Sache mit Rosentritt allerdings nicht besiegelt. Brigitte Endres-Paul (SPD) erklärte, ihr fielen "noch mindestens vier weitere Gebäude" in der Innenstadt ein, die von der Stadt angemietet und als Bücherei genutzt werden könnten. So sei das Ganze auch zu verstehen, erklärte der OB. "Wir eröffnen jetzt die Möglichkeit, sich zu bewerben." Mit 19:4-Stimmen sprach sich der Stadtrat klar für diesen Weg aus.

Das Schlusswort blieb der parteilosen Bürgermeisterin Astrid Glos: "Wir brauchen dringend Ersatz für die Stadtbücherei, weil das Gebäude sonst geschlossen wird. Ich verstehe nicht, warum hier noch einmal alles aufgerollt wird."

 
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Kommentare
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  • Peter Koch
    Die Polizei muss auf die Marshall Heigts rauf weil der derzeitige Standort hochwassergefährdet ist. Für die Bücherei wird aber ein noch gefährdeterer Standort nicht ausgeschlossen. Sind Bücher nicht noch feuchtigkeitsempfindlicher als Polizisten? So schaut es bei einem als häufig eigestuftem Hochwasser aus.
    https://atlas.bayern.de/?c=583910,5510070&z=18&r=0&l=vt_standard,4c1845f1-88e8-4157-88b4-187faadcd809&t=umw_ntg
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  • Frank Stößel
    Die Sache an sich hat ein unangehmes Gschmäckle. Die Stadt selbst muss in dieser Angelegenheit souverän das Ruder fest in der Hand behalten. "Der Schwanz darf nicht mit dem Dackel wedeln."
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