
Die Ampel der Zukunft, es gibt sie: In Ellwangen etwa, auf halber Strecke zwischen den Metropolen Stuttgart und Nürnberg gelegen, wird der Verkehr neuerdings mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) gesteuert. Es soll länger grün bleiben, wo viel Verkehr ist, und länger rot, wo kaum jemand entlang will. Das klingt sinnvoll und wäre ein denkbares Modell auch für andere von Dauerstau und Rotlicht geplagte Kommunen wie Kitzingen.
Verglichen mit Ellwangen steckt die Große Kreisstadt immer noch in der Steinzeit fest. Zwar gibt es auch hier Ampeln, die mit einem 2011 installierten Verkehrsrechner gekoppelt sind. Aber kaum ein Autofahrer, der im täglichen Stop-and-go auf der B8 unterwegs ist, würde dem System übermäßige Intelligenz bescheinigen. Für manche Probleme, die mit dem überdurchschnittlich starken Verkehr zusammenhängen, kann der Rechner nichts, für andere schon. Und dann gibt es Probleme, die längst gelöst sein sollten.
Die Kontaktschleifen vor den Ampeln wurden erneuert
Der Verkehrsingenieur Michael Schenk mit eigenem Fachbüro bei Frankfurt am Main kümmert sich seit Jahrzehnten im Auftrag des Staatlichen Bauamts um die Ampelsteuerung in Kitzingen. Als er neulich vor dem Bauausschuss des Stadtrats auftrat, skizzierte er ein Problem, das aus Sicht seines Auftraggebers keines ist: jahrelang defekte und nicht reparierte Kontaktschleifen vor vielen Ampeln auf der B8.
Über diese Detektoren in der Fahrbahn bezieht der Verkehrsrechner seine Daten, an denen er dann das Farbenspiel der Ampeln ausrichtet. Dass die Schleifen über längere Zeit kaputt gewesen seien, bestreitet das Staatliche Bauamt. Ihr kompletter Austausch in den vergangenen Monaten folgte nach Angaben der Behörde einer Routine.

Obwohl die Kontaktgeber jetzt also auf dem neuesten Stand sein müssten, funktionieren die Ampeln weiterhin nicht so wie von Experte Schenk und der staatlichen Behörde behauptet. Das System in den verkehrsarmen Abend- und Nachtstunden beruht darauf, der Hauptrichtung ständig Grün zu geben und dem Querverkehr nur auf Bedarf Vorrang zu gewähren. In der Realität springen die Ampeln auf der B8 aber auch dann wild auf Rot, wenn in den Seitenstraßen kein Auto wartet und kein Fußgänger gedrückt hat. Mitunter stehen die Ampeln abends sogar in allen vier Richtungen einer Kreuzung auf Rot.
Eine grüne Welle auf der B8 scheitert am starken Verkehr
Tagsüber wird eine durchgehende grüne Welle auf der B8 in Kitzingen zwar regelmäßig am starken Verkehr scheitern. Dafür, so hat Abteilungsleiter Rüdiger Köhler vom Staatlichen Bauamt in der Bauausschusssitzung erklärt, wolle man nah zusammen stehende Ampeln aufeinander abstimmen. Dies sieht auch die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung so vor. Doch weder in der Siedlung noch am E-Center oder zwischen Luitpoldbad und Falterturm, wo zwei Ampeln jeweils nur im Abstand von wenigen hundert Meter stehen, klappt das System, selbst wenn – wie zuletzt in den Ferien – nur wenig Verkehr herrscht.
Beim Staatlichen Bauamt hat man andere Erfahrungen gemacht. "Wir hatten in den letzten Wochen Kollegen gebeten, auf ihren Wegen bewusst auf die Ampelschaltung zu achten", teilt Abteilungsleiter Köhler auf Anfrage mit. "Dabei wurde uns berichtet, dass nichts Wesentliches aufgefallen sei und das System funktioniert."
Die Redaktion hat Köhler einen umfangreichen Fragenkatalog zu der nach wie vor unbefriedigenden Situation auf der B8 geschickt. Leider teilt Köhler nicht mit, wann und wo "die Kollegen" genau unterwegs waren. Er bittet um Verständnis, dass er zu den "offensichtlich anderen Beobachtungen" aktuell keine Aussage treffen könne, sondern die Lage selbst "über einen längeren Zeitraum" beobachten müsse.

Die Redaktion hat auch Stadt und Polizei um eine Einschätzung gebeten. "Wir sind da komplett außen vor", erklärt Harald Hufnagel, Verkehrsexperte der Kitzinger Polizei. Die Inspektion nehme keinerlei Einfluss auf die Ampelschaltung. Dazu müssten ihr überhaupt erst mal Probleme zugetragen werden, was nicht der Fall sei, so Hufnagel. Regelmäßige Verkehrsschauen mit der Behörde gebe es nicht, "gewisse Termine" dagegen schon, wie vor geraumer Zeit an der Kreuzung der B8 mit der Dagmar-Voßkühler-Straße.
Im Rathaus erkennt man zwar die "Belastung für die Verkehrsteilnehmer", aber die Probleme seien "nicht einfach zu lösen" und zuletzt eher "den vielen Baustellen rund um Kitzingen" geschuldet gewesen. Die Stadt könne auf einer Bundesstraße "keine aktiven Schritte im Alleingang unternehmen". Wenn sie jedoch "Anregungen zur Ampelschaltung" habe, nehme das Staatliche Bauamt diese ernst. Kurzum: "Die Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Bauamt ist gut und vertrauensvoll." Das alles klingt so, als würden Autofahrer auch in nächster Zeit auf der B8 verstärkt Rot sehen.
Wozu nur? Um den Verkehr auch dort zum Stocken zu bringen?
Sollte man sich nicht erst mal die aktuelle Situation ansehen?