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Bad Kissingen
Obdachlosenhilfe der Stadt Bad Kissingen: Welche Anlaufstellen es für Bedürftige gibt
Seit elf Jahren ist Maik Schmeller für die städtische Notunterkunft zuständig. Welche Veränderungen er über die Jahre wahrnimmt und was ihm Sorgen bereitet.
Die Notunterkunft für Obdachlose in Bad Kissingen.
Foto: Simon Snaschel | Die Notunterkunft für Obdachlose in Bad Kissingen.
Simon Snaschel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:52 Uhr

Im Dezember 2022 hat die Bundesregierung erstmals einen Bericht zur Situation wohnungsloser Menschen in Deutschland vorgelegt. Demnach hatten hierzulande zum 31. Januar 2022 rund 263.000 Personen keinen festen Wohnsitz. Während einige tatsächlich auf der Straße leben, hatten laut dem Bericht rund 178.000 davon Zuflucht in vorübergehenden Unterkünften gefunden - wie im Obdachlosenheim der Stadt Bad Kissingen.

Dort bietet die Stadt in zwei Gebäuden insgesamt 23 Zimmer für Hilfssuchende an, erklärt Maik Schmeller im Gespräch mit dieser Redaktion. Als Verantwortlicher für die städtischen Liegenschaften ist er auch für diese Unterkunft zuständig. Gesetzlich ist die Stadt dazu verpflichtet, für betroffene Menschen ein solches Angebot zu stellen.

Wer darf in der Notunterkunft für Obdachlose übernachten?

Wie diese auszusehen hat, ist dabei nicht näher definiert. "Wir sind für eine Notunterkunft zuständig, für Menschen, die ansonsten draußen schlafen müssten. Es gibt aber keine Bestimmungen, zum Beispiel wie groß die Räume sein müssen oder wie sie ausgestattet sind", so Schmeller. Einige Kommunen im Landkreis bieten auch Container-Lösungen an.

Berechtigt für einen Platz im Obdachlosenheim sind laut Schmeller zunächst einmal alle, die keinen Schlafplatz für die Nacht haben. Außerdem müssen betroffene Menschen mittellos sein, dürfen also keine Möglichkeit haben, beispielsweise in einem Hotel unterzukommen. "Wir versuchen immer, kurzfristig den Hintergrund zu beleuchten", erklärt Schmeller.

Erst dann könne man entscheiden, ob eine Einweisung ins Obdachlosenheim erfolgt. "Wir sagen schon auch mal nein, wenn die Leute zum Beispiel einen Familienstreit haben." Sollte aber tatsächlich Bedarf bestehen, könne man sehr schnell reagieren und eine Unterbringung möglich machen. Wer in Bad Kissingen Hilfe sucht, der finde sie auch. Es gebe jedoch auch obdachlose Menschen, die kein Interesse an den Unterstützungsangeboten der Stadt haben. "Auch diesen Willen müssen wir dann akzeptieren. Die Menschen sind selbstbestimmt", so Schmeller.

"Wir versuchen die Zimmer natürlich immer einzeln zu vergeben", sagt er. Aber der 46-Jährige ergänzt: "Wenn es hart auf hart kommen sollte, müssen wir vielleicht auch auf Zweibettzimmer umstellen. Bisher sind wir drumherum gekommen. Aber ich bin jetzt seit elf Jahren zuständig und es sind immer mehr Menschen betroffen. Ich fürchte, da kommt etwas auf uns zu."

Maik Schmeller ist für die städtischen Liegenschaften in Bad Kissingen zuständig.
Foto: Simon Snaschel | Maik Schmeller ist für die städtischen Liegenschaften in Bad Kissingen zuständig.

Schmellers Sorge fußt auf seinen Beobachtungen. "Das Bild wandelt sich", sagt er. Sofern man von einem typischen Fall des oder der Obdachlosen sprach, war dies früher meist ein Mensch, der länger im Gefängnis oder in einer Suchtklinik gewesen war und danach keine Möglichkeit hatte, eine Wohnung zu finden oder irgendwo anderweitig unterzukommen, so Schmeller.

Heute sei das anders. "Einmal sind es oft junge Menschen mit Suchtproblemen, die ihr Geld für andere Dinge als Miete ausgegeben haben und deshalb aus ihren Wohnungen mussten. Aufgrund ihrer Probleme ist dann oft auch kein familiärer Rückhalt mehr vorhanden." Auch die rasant steigenden Lebenshaltungskosten wirken sich freilich auf die sogenannten sozial Schwächeren aus: Überwiegend Männer, aber auch Frauen seien betroffen - in allen Altersgruppen.

Die Stadt versucht zu vermeiden, dass Kinder in die Notunterkunft kommen

Dazu, erklärt Schmeller, kommen auch immer mehr Flüchtlinge: "Wenn unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge 18 Jahre alt werden, laufen die Betreuungs- und Fördermaßnahmen aus. Das ist ein ganz großes Problem", sagt er. "18-Jährige, die die ganze Zeit betreut wurden, denen ein gefestigtes Umfeld mit Schule und so weiter geboten wurde, stehen auf einmal auf der Straße. Dann haben wir noch das Thema Familiennachzug. Diese Menschen werden von der Regierung nicht als Flüchtlinge angesehen. Sie sind oft von heute auf morgen hier, zum Teil mit mehreren Kindern, und wissen nicht wohin." Man versuche zu vermeiden, dass Kinder in die Notunterkunft kommen. "Generell prallen dort dann auch einmal Welten aufeinander", sagt Schmeller.

Bei der Stadt Bad Kissingen habe man sich bereits zusammengesetzt und die Thematik besprochen, sagt Schmeller. "Wir versuchen, Gespräche mit dem Landkreis oder auch der Regierung von Unterfranken zu führen, um zu sehen, wie wir gemeinsam entgegenwirken können." Es brauche ein gutes Zusammenspiel.

KIDRO unterstützt unter anderem Obdachlose in Bad Kissingen

Tiefe Einblicke hat auch Christian Fenn. Der 49-Jährige arbeitet seit rund 25 Jahren als Streetworker und ist Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins KIDRO, der sich in Bad Kissingen vielschichtig um hilfsbedürftige Menschen kümmert: "Wir sind Wärmestube, Drogenhilfe, Arbeitsprojekt, Möbellager und Integration durch Sport", beschreibt der Verein sich selbst. Im Gespräch mit der Redaktion sagt Fenn: "Wir beobachten auf jeden Fall eine steigende Angst vor dem Fall in die Obdachlosigkeit. Es machen sich immer mehr Menschen Sorgen."

Der gemeinnützige Verein KIDRO engagiert sich in Bad Kissingen für Bedürftige.
Foto: Simon Snaschel | Der gemeinnützige Verein KIDRO engagiert sich in Bad Kissingen für Bedürftige.

Menschen ohne eine Bleibe zu unterstützen zählt zu den Aufgaben, die KIDRO sich selbst gesteckt hat. "Unser Klientel wird oft ja als letztes genommen, wenn eine Wohnung zu vermieten ist", erklärt Fenn den Teufelskreis. Deshalb habe man als Verein Ansätze gefunden: Beispielsweise hat KIDRO selbst zwei Wohnungen in Bad Kissingen angemietet. Diese werden über Nutzungsvereinbarungen von hilfsbedürftigen Menschen bewohnt, die es auf dem regulären Wohnungsmarkt wohl schwer hätten.

 
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