Geschäftiges Treiben herrscht im ehemaligen Feuerwehrhaus in der Salinenstraße, dem Mittelpunkt der Tafel Bad Kissingen . Emsige Helfer sortieren die Tagestouren und bereiten frische und verpackte Lebensmittel , aber auch Non-Food-Produkte wie Hygieneartikel für die Ausgabe vor. Alles geht Hand in Hand, denn gerade beim derzeitigen Wetter sollen die Abholer nicht lange warten müssen.
Etliche Tonnen an Lebens- und Nahrungsmitteln sowie unzählige Haushaltsprodukte wandern im Laufe des Jahres über den Thekenbereich, und auf der anderen Seite stehen dankbare Abnehmer für die alltagsnotwendigen Produkte, die man sich ansonsten nicht oder nicht in diesem Umfang hätte leisten können.
Wer bei den Tafeln deutschlandweit ansteht, hat die unterste Stufe des sozialen Netzes erreicht und das Geld reicht selten für das Notwendigste. Ihre prekäre Situation müssen die Abnehmer durch Bescheide von Job-Center oder Landratsamt oder mittels eines Rentenbescheids nachweisen, bevor sie von der Tafel einen Berechtigungsschein erhalten. Der ist mittlerweile im Scheckkartenformat, wird bei jeder Abgabe eingescannt und damit wird belegt, wie viele bedarfsbedürftige Personen des jeweiligen Haushalts berechtigt sind.
Insgesamt, sagt der Vorsitzende der Kissinger Tafel, Nico Eckert , gibt es knapp 200 Berechtigungsscheine. Im Schnitt kommen bei den Ausgaben, die mittwochs und samstags erfolgen, wöchentlich etwa 160 Abholer und "damit unterstützen wir knapp 600 hilfsbedürftige Personen", so stellvertretende Vorsitzende Dagmar Ziegler . Darüber hinaus arbeite man sehr eng mit dem Mehrgenerationen- und dem Frauenhaus, den Schulen und auch Kidro zusammen.
Um dies alles leisten zu können, sei "eine Struktur wie in einem Kleinunternehmen" erforderlich, so der Nico Eckert. Dazu gehören Personaleinsatzpläne sowohl für die Fahrdienste mit mittlerweile drei Fahrzeugen, als auch für die Ausgabezeiten, aber auch Dokumentationspflichten, die nicht nur die Corona-Pandemie mit sich gebracht haben, bis hin zu den verwaltenden Arbeiten im Büro und die finanziellen Angelegenheiten, die sich aus den Spenden, Mitgliedsbeiträgen und den Leistungen der Abholer ergeben, denn diese müssen pro Abholung einen gewissen Betrag zahlen.
Nach kurzer Überlegung schätzen Eckert und Ziegler, dass 20 Personen für die jeweilige Vorbereitungen erforderlich sind, davon bleiben dann zehn Helfer für die Ausgabe. Insgesamt summiere es sich auf 250 bis 300 Stunden pro Woche, die die 70 regelmäßig mithelfenden Mitglieder aufbringen müssen. Man sei dankbar für jeden, der sich engagiere, so das Leitungsteam, allerdings würde man sich wünschen, dass die Helfer länger dabei bleiben. Leider zeige sich auch hier der Zeitgeist - die Hilfe ist temporär, bedauert Dagmar Ziegler , und wenn der Anlass, der Hintergrund wegfällt, orientiere man sich neu.
Hier möchte Nico Eckert mit dem Projekt "Tafel-Jugend", einer Initiative der Tafel Deutschland, ansetzen und "Menschen bis 30" für den Grundgedanken der Tafel begeistern: Lebensmittel retten und sich sozial engagieren - erweitert um nachhaltige Zielsetzungen. Dazu passt auch sein Plan, die Homepage der Tafel Bad Kissingen neu aufzustellen und damit gerade die jüngere Generation anzusprechen.
Für Nico Eckert sind die Helfer vor Ort die wahren Helden der sozialen Arbeit und er bedauert: "Alle habe ich noch gar nicht kennengelernt", denn er ist erst seit den Neuwahlen im Oktober 2021 im Amt, war bislang in einer anderen Tafel engagiert und deshalb lautet sein Vorsatz für das Jahr 2022: "Mit jedem möchte ich ein persönliches Gespräch führen."
Natürlich sei die Vorstandsarbeit im Hintergrund ebenso wichtig, aber da hänge er meistens am Smartphone: Denn man müsse schnell reagieren, wenn zum Beispiel ein Anruf aus Schweinfurt kommt und man Zugriff auf Großspenden hat, die palettenweise bei der Spedition Geis (Schwebheim) stehen, dem zentralen Logistikstandort für die nordbayrischen Tafelvereine. Dann heißt es Helfer finden, die kurzfristig einsetzbar sind.
Gleichzeitig wird Kontakt zu den Tafel-Vereinen aus Bad Brückenau und Hammelburg aufgenommen, denn mit diesen bildet man das "Rhön-Trio" wie Dagmar Ziegler erläutert: "Die Großspenden decken die ganze Haushaltspalette ab, wovon Bad Kissingen 50 Prozent übernimmt und Bad Brückenau und Hammelburg sich den Rest teilen." Dafür sind die Räume in der alten Feuerwehrwache, die übrigens die Stadt zur Verfügung stellt, mit Kühlzellen und Hochregallager bestens ausgestattet, wofür der Verein sehr dankbar ist.
Ebenso wichtig seien die Unterstützer vor Ort - die Bäckereien , die Gastronomie, der Lebensmittel-Einzelhandel - die regelmäßig angefahren werden, oder Privatpersonen, andere Unternehmen und Organisationen, die im Jahresrhythmus ihre Kassen für soziale Projekte öffnen oder die Finanzierung der drei Busse übernehmen oder Sachspenden wie Corona-Schnelltests oder FFP2-Masken zur Verfügung stellen. Dank solcher Unterstützer konnte man gerade für die Kinder ein Weihnachtspaket organisieren, das zusammen mit Hygieneartikeln unter dem Christbaum gelegt werden konnte.
Gelegentlich stört Dagmar Ziegler allerdings auch das Anspruchsdenken, denn "wir können nur abgeben, was wir auch erhalten". Die Tafel sei kein "Einkaufsladen", in dem man sich aussuchen kann, was man gerne hätte. Die Tafelausgabe sei auch kein Sozialkaufhaus und kein Flohmarkt, wo man Sachen und Gegenstände vorbeibringen kann, die man selbst nicht mehr benötigt. Man gebe nur einwandfreie, verwertbare, verpackte Lebens- und Haushaltsmittel ab, die man vorsortiert und unter den aktuellen Hygienebestimmungen je nach Bedarfsstruktur und Haushaltsgröße bereitstelle.
Infos zur Tafel Bad Kissingen
Gegründet: 2004
Mitglieder: 130 Personen/Institutionen
Leistungen: Ehrenamtliche leisten rund 300 Stunden pro Woche. Pro Jahr werden etwa 20 000 Kilometer gefahren.
Öffnungszeiten: Mittwochs von 12.30 Uhr bis 14 Uhr, samstags von 14 Uhr bis 16.30 Uhr
Vorstand (seit Oktober 2021): Vorsitzender Nico Eckert, Stellvertretende Vorsitzende Dagmar Ziegler , Schatzmeisterin Julia Poeck, Schriftführerin Sarah Hübner, Kassenprüferinnen Astrid Obermann und Marina Wiesend und Beisitzer sind Peter Sell und Gerlinde Warmuth.