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Würzburg
Kassenhändlerin über die Bonpflicht: Der Frust ist groß
Die neue Kassenbon-Pflicht ist in aller Munde. Michaela Weiglein aus Würzburg verkauft Ladenkassen. Was sie von den Geschäftsleuten zu hören bekommt, ist schonungslos.
Deutlich länger sind die Kassenbons jetzt in Folge der neuen Vorschriften. Michaela Weiglein bekommt in ihrem Fachgeschäft in Würzburg schon deshalb den Frust vieler Händler ab.
Foto: Thomas Obermeier | Deutlich länger sind die Kassenbons jetzt in Folge der neuen Vorschriften. Michaela Weiglein bekommt in ihrem Fachgeschäft in Würzburg schon deshalb den Frust vieler Händler ab.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:29 Uhr

Die seit 1. Januar geltende Kassenbon-Pflicht erregt nach wie vor die Gemüter. Das zeigen allein die zum Teil ausgefallenen Proteste in Mainfranken. Wie sehr die neue Vorschrift vielen Händlern in der Region ein Dorn im Auge ist, hat besonders Michaela Weiglein massiv erfahren. Die 58-Jährige führt in Würzburg ein Geschäft mit Computerkassen. Und sagt: "Meine Kunden sind sauer."

Dabei kann Weiglein natürlich nichts für das neue Gesetz. Die Geschäftsfrau ist aber so etwas wie ein Ventil für die Frustrierten. Sie sagten ihr oft: "Ich nehme jetzt meine Kasse außer Betrieb", um die Einnahmen unregistriert einzustreichen.

Es ist ein Weg an der Bonpflicht vorbei. Denn wer eine sogenannte offene Ladenkasse - also ohne Registrierung der Zahlungsvorgänge - hat, ist nach Darstellung von Ralf Ludewig aus Bad Kissingen von der neuen Vorschrift befreit. Der unterfränkische Bezirksvorsitzende im Handelsverband HBE ist der Meinung, dass die Bonpflicht und alle anderen bürokratischen Vorgaben dazu führen, dass hierzulande "immer weniger Menschen Lust an der Selbständigkeit haben".

Eine Kassenbon-Pflicht wie es sie in anderen Ländern Europas bereits gab, wurde in Deutschland nun eingeführt, um Steuerbetrug zu unterbinden. In Frankreich indes soll sie jetzt wieder abgeschafft werden - zumindest bei niedrigen Beträgen.

Für Michaela Weiglein ist die neue Regel nicht konsequent genug. Denn Mogeleien an der Kasse vorbei seien nach wie vor möglich. Konsequent sei nur, wenn jedes Geschäft im Land eine Registrierkasse haben muss. Kassenpflicht statt Bonpflicht also.

Eigentlich müsste sich Weiglein freuen, hat ihr das neue Gesetz doch eine Flut an Aufträgen gebracht. Doch die Kassenhändlerin bekommt den Unmut unter ihren 4000 Kunden in Unterfranken ab: "Die haben mich regelrecht bestürmt." Der Frust sei massiv. Dass die Bonpflicht in Deutschland wieder abgeschafft wird, glaubt Weiglein allerdings nicht.

Die 58-Jährige führt den Ärger vor allem darauf zurück, dass die Geschäftsleute für die Aufrüstung ihrer Kassen zum Teil tief in die Tasche greifen müssen. So koste allein die kleine Speicherkarte mit der "Technischen Sicherheitseinrichtung" (TSE) 164 Euro. Sie sei für drei Jahre zertifiziert, danach müsse eine neue her. TSE ist zentrales Element der Bonpflicht. Seit Anfang Januar müssen in Deutschland Registrierkassen eine solche TSE haben, die beim Finanzamt anzumelden ist.

Bonpflicht: Was an Extrakosten anfällt

Damit nicht genug: Wer eine mit einem Computer verbundene Kasse hat, muss laut Weiglein mit bis zu 1000 Euro Extrakosten rechnen, weil deren Aufrüstung komplizierter sei als bei den einfacheren Ladenkassen, wie man sie etwa aus kleinen Bäckereien kennt. Diese Kassen hängen dort an keinem Computer, sondern haben nur einen geräteinternen Speicher.

Ärger sorgen auch die Feinheiten der Bonpflicht im Alltag. So ist ein Kassenbon jetzt zwölf Zentimeter länger, weil an seinem Ende ein für den Laien unverständlicher Zahlen-Buchstaben-Salat samt QR-Code für die Steuerprüfer des Finanzamtes als Pflichtbestandteil zu finden ist.

Und dann die Sache mit den längeren Kassenbons

"Wir können uns also auf noch mehr Papier- oder Sondermüll freuen", schrieb HBE-Bezirkspräsident Ludewig in einer Stellungnahme zur Bonpflicht. Und fügte hinzu: "Schon heute erfüllen fast alle im Handel eingesetzten Kassen die hohen Standards der Aufzeichnungspflichten jedes Bezahlvorgangs, in die übrigens auch das Finanzamt Einblick hat."

Was den von Ludewig erwähnten Papiermüll angeht, sieht Michaela Weiglein zumindest eine kleine Entlastung: Für das klassische, als giftig geltende Thermopapier gebe es mittlerweile Alternativen, die bedenkenlos wiederverwertbar und für den direkten Lebensmittelkontakt zugelassen seien.

Und ganz ohne Papier geht es auch: So dürfen die Bons laut Bundesfinanzministerium an die Kunden auch per Mail oder aufs Handy ausgegeben werden. Dafür gibt es bereits Apps wie zum Beispiel "Anybill" von der Würzburger Unternehmerin Lea Frank.

Für Verbraucher: Wissenswertes über die Bonpflicht
Keine Annahmepflicht: Die neue "Kassensicherungsverordnung" schreibt vor, dass Unternehmer den Kunden einen Kassenbon aushändigen müssen. Kunden sind nicht verpflichtet, den Bon anzunehmen. Deshalb landet er im Alltag auch so oft im Müll.
Straßenhändler: Sie arbeiten häufig mit einfachen Kassen, weil sie das eingenommene Geld zum Beispiel in einen Karton werfen oder gleich in ihren Geldbeutel stecken. Das bezeichnet das Bundesfinanzministerium als "offene Ladenkassen", für die die Bonpflicht nicht gilt. Wer also beim Straßenhändler einkauft, umgeht das Problem. Ganz am Fiskus vorbei kommen diese Händler freilich nicht, weil auch sie ein Kassenbuch führen müssen.
Trinkgeld zum Beispiel für den Kellner im Restaurant ist laut Bundesfinanzministerium dann ein Fall für den Bon, wenn es "in den Geldbestand der Kasse aufgenommen wird". Dann müsse es über die TSE gespeichert werden, so dass es gegenüber dem Fiskus nachweisbar ist.
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