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Eußenheim
Warum unterfränkische Bäcker über die Bon-Pflicht schimpfen
Ab Jahresanfang gilt das Kassengesetz: Für jeden Kauf muss ein Beleg ausgedruckt werden. Bäcker, bei denen es überwiegend um kleine Beträge geht, fühlen sich gegängelt.
Bäcker Andreas Schmitt aus Eußenheim. Zu jedem Brot- oder Brötchenkauf gibt's künftig einen Kassenbon.
Foto: Markus Rill | Bäcker Andreas Schmitt aus Eußenheim. Zu jedem Brot- oder Brötchenkauf gibt's künftig einen Kassenbon.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 13.12.2019 02:11 Uhr

Für jeden Kauf von zwei, drei Brötchen, für jedes Brot und jeden Kaffee beim Bäcker muss ab 1. Januar ein Bon ausgedruckt werden. "Ich finde das komplett unsinnig", sagt Bäckermeister Andreas Schmitt, Geschäftsführer von acht Filialen im Landkreis Main-Spessart. "Seit 2016 schon ist es Pflicht, dass elektronische Kassen jeden Vorgang speichern. Das ist auf Jahre überprüfbar." Die Bäckerinnungen in Unterfranken sind sich einig: Die Bon-Pflicht wird jede Menge Papiermüll verursachen. "Sonst bewirkt das nichts", sagt Schmitt.

Die Pressestelle des Finanzministeriums erklärt, das Kassengesetz diene "der Bekämpfung von Steuerhinterziehung" und solle die "nachträgliche Bearbeitung digitaler  Daten verhindern". Die Angaben auf dem ausgegebenen Beleg könnten "jederzeit überprüft werden", teilt das Ministerium mit. Dabei besteht keine Aufbewahrungspflicht für die Belege; in der Regel ist der Kassenbon für den Kunden gedacht. 

Die Obermeister der Bäckerinnungen in Unterfranken sind sich einig, was sie von der Bonpflicht halten. "Das ist total unnötig", sagt Wolfgang Rhein von der Innung Mainfranken. "Ich halte nicht viel davon", meint Ullrich Amthor von der Innung Bad Kissingen/Rhön-Grabfeld. "Wir müssen's halt mitmachen", gibt sich Gerhard Götz von der Innung Schweinfurt-Haßberge schicksalsergeben. 

Gesetzlich verordnete Produktion von Papiermüll

Auch die Gegenargumente gleichen sich. "Es wird wahnsinnig viel Müll anfallen", sagt Rhein. "Dabei ist doch alles registriert", ergänzt Götz. "Das wird eine große Umweltverschmutzung geben. Die Kassenzettel werden bestimmt im Umfeld von Bäckereien weggeworfen", glaubt Amthor. Immerhin: Die Befürchtung, die Kassenzettel dürften wegen ihrer Beschichtung nicht in den Papiermüll, treffen nicht zu. Ab Januar ist die bisher übliche Beschichtung mit Bisphenol A verboten; die Bons dürfen ins Altpapier.

Bisher wünsche nur eine geringe Anzahl der Kunden einen Kassenbon. "Weniger als fünf Prozent", schätzt Andreas Schmitt, "weniger als zehn Prozent", glaubt Wolfgang Rhein. Wer einen Großeinkauf fürs Büro erledige, fragt nach einem Kassenzettel, der die Abrechnung hinterher erleichtert. Familien, die ein Haushaltsbuch führen, gebe es auch. Den Beleg – falls gewünscht – erstellt die elektronische Kasse auf Knopfdruck. Bei Großaufträgen seien Rechnungen üblich.

Ab Januar muss dann der Knopf zum Belegdruck immer betätigt werden. "Wahrscheinlich werden wir die Kunden fragen, ob sie den Bon wollen. Wenn nicht, entsorgen wir ihn gleich", sagt Schmitt. So lasse sich zumindest vermeiden, dass die Belege vor der Bäckereitür auf der Straße landen. Und wie viel gesetzlich vorgeschriebener Müll entstehe, könne er dann täglich beobachten. "Vergangenen Freitag hatten wir in unseren acht Filialen über 1500 Kunden", berichtet Schmitt. "Den Papierhaufen mag ich mir gar nicht vorstellen." Der durchschnittliche Einkaufswert bei ihm betrage etwa 3,50 Euro.

Ausnahmen gibt's - aber für wen? 

Ullrich Amthor bringt noch einen Aspekt ins Spiel: "Unser Hauptgeschäft läuft in den frühen Morgenstunden. Auf dem Weg zur Arbeit haben's die Leute eilig. Ich befürchte, künftig wird's etwas länger dauern." Das gilt besonders für seine Bäckerei in Waltershausen im Landkreis Rhön-Grabfeld. "Wir führen eine Schubladenkasse. Die Bons werden wir von einem Tischrechner ausdrucken lassen."

Nun sieht das Kassengesetz auch Ausnahmen vor. "Wenn Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen verkauft werden und die Belegausgabepflicht für den einzelnen Steuerpflichtigen eine sachliche oder persönliche Härte darstellt", sei eine Befreiung möglich, teilt das Finanzministerium mit. "Es ist nicht klar, welche Kriterien da anerkannt werden", sagt Andreas Schmitt. Er kenne mehrere Bäcker, deren Antrag auf Befreiung von der Bon-Pflicht abgelehnt wurde. Auf seinen eigenen Antrag habe er noch keine Antwort erhalten. 

Das Steuerbüro der Innung Mainfranken setze sich beim Finanzamt für eine Befreiung seiner Betriebe ein, berichtet Wolfgang Rhein. In der Innung Bad Kissingen/Rhön-Grabfeld sei schon einmal ein Streik "nach Art der Bauern" diskutiert worden, sagt Ullrich Amthor. "Das könnte in Zukunft nötig werden." In noch einem Punkt sind sich die Bäcker einig: "Wer bisher geschummelt hat und neben der Kasse verkauft hat, kann das auch weiterhin."

 
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  • M. R.
    Zwei Hinweise:
    Sie können auch jetzt jederzeit auf Nachfrage einen Bon erhalten.
    In Zukunft darf der Bäcker den Bon natürlich nur entsorgen, wenn der Kunde darauf verzichtet, den Kassenzettel mitzunehmen. So wird es jetzt schon in vielen Supermärkten gehandhabt.
    Markus Rill, Redakteur Main-Post
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  • S. L.
    Warum lässt man nicht den Verbraucher/Kunden entscheiden ? die Computerkasse registriert den Betrag doch ohnehin.
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  • S. A.
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt zwinkern
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  • R. B.
    Ein weiterer Schritt in die Bürokratisierung. Kaum ein Kunde wird den Bon haben wollen, die Registrierkasse ist schon seit Jahren Pflicht. Damit wird das Schwarzgeld nicht weniger werden, zumal dies im großen Stil ohnehin nicht beim Bäcker und beim Eisverkäufer gemacht wird. Die wirklich großen Schwarzgeschäfte laufen in der Großindustrie, die ohnehin keine Steuern zahlen und dem Staat nur auf der Tasche liegen. Aber da getraut sich Niemand ran, dennn wer hockt den in den hochdotierten Aufsichtsräten - richtig, unsere Politiker aus allen Parteien.
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  • S. G.
    Schwarzgeschäfte in der Großindustrie ? Haben Sie hierfür Beispiele ?
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  • T. M.
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  • S. C.
    diese Regelung gibt es z.B. in Italien schon lange, für jede Kugel Ei soder jedes Pizzastück über den Straßenverkauf gibt es einen Bon.

    Diesen muß man auf Verlangen auch vorzeigen können! So soll verhindert werden, daß die Eisverkäufer etc. das Geld (unversteuert) einfach in die Hosentasche stecken.

    Daher wundert es mich, daß es zulässig sein soll, daß der Bäcker den Beleg direkt selbst entsorgt.
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  • N. B.
    Auf jeden Fall kann man dann mit dem Bon kontrollieren, wieviel man für die einzelnen Stückchen, bezahlt hat. Ich selbst könnte es oftmals nicht nachvollziehen wenn es zum bezahlen ging. Ich finde es gut.
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