Hohe Kosten, unnötiger bürokratischer Aufwand, Belastung für Umwelt und Gesundheit – die Kritikpunkte am sogenannten Kassengesetz und der damit einhergehenden Bon-Pflicht sind zahlreich. Denn im Kampf gegen den seit Jahren grassierenden Steuerbetrug am Ladentisch sollen mit dem Jahreswechsel Kassen technisch aufgerüstet werden.
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Bei jeder Transaktion sollen Händler dann auch einen Beleg ausgeben – ob beim Bäcker oder am Tresen im Club. Nur: Die Kassentechnik ist noch nicht einmal verfügbar.
Bon-Pflicht trifft Branchen offenbar unterschiedlich
Die ab Januar geltende Bon-Pflicht für Händler "macht keinen Sinn", findet Ralf Ludewig in Bad Kissingen. Der Modehändler und unterfränkische Bezirksvorsitzende im Handelsverband Bayern (HBE) sieht aber nicht alle Geschäftsleute gleichermaßen betroffen. Die Wirkung der neuen Regelung sei "sehr branchenunterschiedlich", sagte Ludewig am Dienstag gegenüber dieser Redaktion.
Während die Pflicht für Bäcker oder Metzger wegen der vielen Kleinbeträge an der Kasse eher lästig werde, seien zum Beispiel Modehändler an die Ausgabe von Kassenbons gewöhnt. Das gelte generell für Geschäftsvorgänge, die mit Garantie oder Umtausch zusammenhängen. Dafür brauche es nun mal den Kassenzettel.
Was die Händler in Unterfranken viel mehr plagt
Vor diesem Hintergrund sei die Bon-Pflicht für viele der 860 HBE-Mitglieder in Unterfranken "nichts Neues". Die vom Gesetz geforderte technische Umrüstung von Kassen plage die Geschäftsleute viel mehr, so Ludewig. Denn viele wüssten nicht, was sie genau tun müssen.
Der HBE-Bezirksvorsitzende meint die vom Kassengesetz vorgeschriebene technische Sicherheitseinrichtung (TSE). Demnach sollen Kassen fälschungssicher werden, deren Daten können dann direkt vom Finanzamt abgerufen werden.
Ursprünglich sollten die Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 die neuen Vorschriften erfüllen, das Finanzministerium räumte nun Zeit bis Ende September ein. Die Bon-Pflicht gilt trotzdem schon von Januar an. "Ich finde das komplett unsinnig", urteilte jüngst Bäckermeister Andreas Schmitt, Geschäftsführer von acht Filialen im Landkreis Main-Spessart, für seine Branche.
"Manche Kassen sind gar nicht nachzurüsten", ist sich HBE-Bezirksvorsitzender Ludewig mit Blick auf neue Software sicher. Für sein Modegeschäft habe er zwar bereits mit einer Fachfirma gesprochen. Dennoch sei ihm nicht klar, was nun im Detail mit den Kassen zu geschehen hat und wie viel Geld die Umrüstung kosten wird.
Welche Kosten auf die Händler wahrscheinlich zukommen
Hintergrund ist: Der Staat verliert alljährlich hohe Summen, weil Unternehmen ihre Umsätze mit manipulierten Kassen, Schummelsoftware oder fingierten Rechnungen nicht oder falsch erfassen - vor allem in der Gastronomie und in anderen Branchen mit hohem Bargeldanteil.
Jetzt soll es die Kassensicherungsverordnung richten. Der Handelsverband Deutschland (HDE) geht von erheblichen Summen für Betriebe aus. "Erste grobe Kostenschätzungen liegen einschließlich Installation zwischen 300 und 500 Euro pro Kasse", sagt HDE-Steuerexperte Ralph Brügelmann.
Für manche kann es existenzbedrohend werden
In einzelnen Branchen können die Kosten aber noch weiter in die Höhe schießen – etwa bei Metzgereien. Denn dort sind Kassen und Waagen verbunden, wie Gero Jentzsch vom Deutschen Fleischer-Verband sagt. Der Umbau sei deshalb komplizierter.
Pro Laden geht er von Kosten um 4000 Euro aus. Schlimmer noch: Nur etwa die Hälfte aller Systeme in Metzgereien könne überhaupt technisch nachgebessert werden. In den anderen Geschäften müssten neue Kassen-Waagen-Verbunde angeschafft werden, sagt Jentzsch. Kostenpunkt: 30 000 Euro. "Gerade für einen kleinen Handwerksbetrieb ist das eine Investition, die in die Existenzbedrohung gehen kann."
Doch obwohl die Verordnung im Januar in Kraft tritt, können Unternehmer sich noch nicht mit neuen oder umgebauten Kassen ausrüsten. Jürgen Benad, Experte für Kassensysteme beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga, spricht deshalb von einer "großen Misere" für die Branche. Der Ball liege bei den Kassenherstellern.
Deren Antwort: Lange sei es schwierig gewesen, gemeinsam eine Technik für die Kassen zu entwerfen, sagte Roland Ketel, Vorstand des Deutschen Fachverbands für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik. Die Herstellung der neuen Kassen sei ein "riesiger Arbeitsaufwand".
Wer die Bons aufheben muss
Die Flut von auf Thermopapier gedruckten Kassenbons lösen dem BUND zufolge einen Müllberg aus und schaden der Gesundheit. Zwar darf von Januar an das hormonell wirksame Bisphenol A nicht mehr zum Beschichten des Papiers verwendet werden, doch bei einigen Alternativstoffen sei die hormonelle Wirkung nicht minder problematisch.
Wenn der Kunde den Kassenzettel nicht wolle, müsse er ihn auch gar nicht mitnehmen, erklärt das Finanzministerium. Nur der Händler müsse ihn aufheben.
(Mit Informationen von dpa)