Die auch in Mainfranken steigende Zahl von Corona-Fällen wirft allerlei Fragen unter anderem zum Arbeitsrecht auf. Welche Rechte haben zum Beispiel arbeitende Eltern, wenn ihr Kind zu Hause bleiben muss, weil die Schule geschlossen worden ist. Oder was, wenn der Beruf es nicht zulässt, von zu Hause aus zu arbeiten? Experten aus der Region geben Auskunft.
Grundsätzlich gilt nach den Worten der Rechtsanwältin Andrea Germeroth von der Würzburger Kanzlei Bendel & Partner: „Beide Seiten sind zur Erbringung ihrer Leistungen gemäß Arbeitsvertrag verpflichtet. Es ist Sache der Eltern, für die Betreuung ihrer Kinder zu sorgen. Findet sich keine Betreuung, dann gibt es für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, Urlaub zu nehmen, Überstunden abzubauen oder sich unbezahlt freistellen zu lassen. Etwaige Sonderregelungen aus Tarifverträgen, soweit sie Anwendung finden, sind ebenfalls zu beachten. Gegebenenfalls kommt auch Home Office oder – wenn der Arbeitnehmer nachweislich keine Betreuung findet – auch eine bezahlte Freistellung in Betracht.“ Die Schritte sollten auf jeden Fall mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden.
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Ohne Absprache mit dem Arbeitgeber zu Hause zu bleiben, das gehe nicht, ist die Auskunft von Rechtsanwältin Germeroth. Es sei neben den genannten Alternativen auch möglich, wegen der Betreuung eines kranken Kindes Krankengeld zu beantragen. Die Altersgrenze liege hier bei 12 Jahren. Dies sei bei den gesetzlichen Krankenversicherten im Sozialgesetzbuch V geregelt. Wenn der Elternteil als enge Kontaktperson ebenfalls unter Quarantäne gestellt worden sei, dann komme auch die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers in Betracht, weil der Arbeitnehmer unverschuldet an der Arbeitsleistung verhindert sei. Es komme aber immer auf den Einzelfall an.
"Das ist so. Zwar muss der Arbeitnehmer normalerweise nicht offenlegen, wo er im Urlaub war. Bei ansteckenden Erkrankungen besteht nach meiner Ansicht aber eine Offenlegungspflicht", sagt Arbeitsrecht-Expertin Germeroth. Das folge aus der gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zu bedenken sei auch, dass ein Mitarbeiter grob fahrlässig handle und sich unter Umständen in die Haftung bringe, wenn er eine Corona-Erkrankung verschweigt. Ein grundsätzliches Recht zu erfahren, wo sich ein Mitarbeiter in seiner Freizeit aufgehalten hat, habe der Arbeitgeber aber nicht.
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Die Anordnung von Home Office sei je nach Gefährdungslage möglich, erläutert Germeroth. Der Arbeitnehmer könne dies jedoch nicht selbst entscheiden. Andererseits hat ein Mitarbeiter laut Bundesarbeitsministerium grundsätzlich keinen Anspruch auf Home Office - etwa wenn er von sich aus vorsichtshalber zu Hause bleiben will. Wer ohne Absprache zu Hause bleibe, verweigere die auch bei Krankheitswellen grundsätzlich bestehende Pflicht zur Arbeit zu gehen, lautet der Hinweis von Germeroth.
Dann könne Home Office logischerweise auch nicht angeordnet werden, so die Rechtsanwältin. Der Job muss also im Betrieb geleistet werden. Wird der wegen Corona von den Behörden geschlossen, muss der Arbeitgeber Lohn und Gehalt weiterzahlen. Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer von sich aus vorsichtshalber den Betrieb einstellt. Oder er ordnet Kurzarbeit an: Das setzt laut Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt voraus, dass Kurzarbeit entweder in den Arbeitsverträgen, in Betriebsvereinbarungen oder im Tarifvertrag vereinbart worden ist.
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Der Arbeitnehmer trage das sogenannte Wegerisiko allein, ist die Auskunft des Bundesarbeitsministeriums. Das bedeutet: Er muss selbst schauen, wie er zur Arbeit kommt. Bleibt er einfach fern, erbringt er seine Arbeitsleistung nicht und hat laut Ministerium dann kein Recht auf Bezahlung für diese Zeit.
Bei einem begründeten Verdacht ist laut Rechtsanwältin Germeroth jeder Arbeitnehmer berechtigt, seinen Arbeitgeber aufzufordern, alle relevanten Informationen einzuholen, um notwendige Schritte einzuleiten. Leiste der Arbeitgeber diese Recherche nicht, könnten die Mitarbeiter je nach Grad der Gefährdung zu Hause bleiben. Wie es dann mit der Bezahlung aussieht, sei dann aber unter Umständen strittig. Dies zeige das grundsätzliche Problem bei vielen Fragen rund um Corona: "Es gibt noch keine Rechtsprechung zu Corona, an der wir uns orientieren können."
Grundsätzlich nicht, so der Hinweis des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Allerdings müssen Corona-Fälle - auch Verdachtsfälle - sofort von den Ärzten samt persönlicher Daten des Erkrankten an die Gesundheitsbehörden gemeldet werden. Die wiederum entscheiden über Maßnahmen zum Beispiel im Betrieb des Erkrankten, so dass der Fall dann doch bei dem Chef landet.