zurück
Würzburg/Schweinfurt
Kurzarbeit in Mainfranken: Das sollten Mitarbeiter beachten
ZF, Schaeffler oder Brose: Unternehmen in Mainfranken reagieren auf die Talfahrt der Wirtschaft mit Stellenstreichungen oder Kurzarbeit. Was Beschäftigte wissen sollten.
Früher Feierabend: Kurzarbeit ist derzeit bei Unternehmen ein gefragtes Mittel, um mit der konjunkturellen Talfahrt klarzukommen.
Foto: Jens Büttner, dpa (Symbolbild) | Früher Feierabend: Kurzarbeit ist derzeit bei Unternehmen ein gefragtes Mittel, um mit der konjunkturellen Talfahrt klarzukommen.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:28 Uhr

In den vergangenen Wochen ging es Schlag auf Schlag mit Meldungen, wonach vor allem Automobilzulieferer und Maschinenbauer in eine mächtige Flaute rutschen. ZF, Schaeffler, Brose, SKF oder Bosch Rexroth: Namen für Unternehmen in Mainfranken, die darauf mit Stellenstreichungen oder Kurzarbeit reagieren.

Hauptgründe für die Krise sind in erster Linie die weltweiten Handelskonflikte, der Brexit und der Wandel hin zur Elektromobilität. Sie führten dazu, dass die Aufträge gerade in der klassischen Autobranche massiv eingebrochen sind.

Warum sich Kurzarbeit wohl weiter ausbreiten wird

Während in den meisten Fällen noch nicht klar ist, in welchen Werken und in welcher Form Arbeitsplätze abgebaut werden, sind die Konturen bei der Kurzarbeit klarer. Vor allem die Bosch Rexroth AG in Lohr/Main und der Messtechnik-Spezialist Wenzel in Wiesthal (Lkr. Main-Spessart) haben damit angefangen. Allein in dieser Region haben 14 Firmen Kurzarbeit angemeldet.

Es ist zu erwarten, dass das so weitergeht. Denn im September teilte das Ifo-Institut mit, dass in den vergangenen Monaten die Kurzarbeit in der deutschen Industrie deutlich zugenommen hat. Abgesehen von Ertragseinbußen ist die Flaute für die Unternehmen auch in anderer Hinsicht herausfordernd: Sie wollen ihre Fachkräfte nicht verlieren, herrscht hier auf dem Arbeitsmarkt doch ein eklatanter Mangel - auch in Mainfranken.

Vor diesem Hintergrund wird Kurzarbeit als adäquates Mittel angesehen, die Belegschaft trotz Talfahrt halten zu können. Dass in der Region offenbar immer mehr Unternehmen diesen Weg gehen wollen, zeigen Zahlen der Agentur für Arbeit: So haben im Raum Würzburg, Main-Spessart und Kitzingen Mitte August 18 Betriebe Kurzarbeit angezeigt, betroffen waren 1030 Beschäftigte. Mitte Oktober waren es mit 37 Betrieben plötzlich mehr als doppelt so viele - 1500 Menschen fielen diesmal darunter.

Ähnlich im Raum Schweinfurt, Bad Kissingen, Haßberge und Rhön-Grabfeld: Dort haben Mitte Oktober 56 Betriebe (Mitte August: 28) Kurzarbeit bei der Arbeitsagentur angezeigt. Betroffen waren 1650 (645) Beschäftigte.

Das wirft ein Licht auf die Frage, was konjunkturell bedingte Kurzarbeit genau bedeutet und welche Folgen es für die Arbeitnehmer hat. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

1. Wie viel Geld bekommt ein Mitarbeiter bei Kurzarbeit?

Das Kurzarbeitergeld soll teilweise das ausgleichen, was dem Mitarbeiter aufgrund der gekürzten Arbeitszeit beim Gehalt (netto) gestrichen wird. Dieses Minus wird zu 67 Prozent durch das Kurzarbeitergeld bei denjenigen ausgeglichen, die mit mindestens einem Kind im Haushalt leben. Alle anderen Beschäftigten bekommen laut Arbeitsagentur 60 Prozent.

2. Wie lange wird das Kurzarbeitergeld gezahlt - und von wem?

Für maximal 12 Monate. Das Geld streckt das Unternehmen vor, die Agentur für Arbeit erstattet es dann auf Antrag der Firma. Die Unternehmen sollen so unterstützt werden, eine konjunkturell bedingte Talfahrt zu überwinden und ihre Fachkräfte zu halten. Das Kurzarbeitergeld wird ab dem Kalendermonat gezahlt, ab dem bei der Arbeitsagentur die Mitteilung des Unternehmens über den Arbeitsausfall eingegangen ist.

3. Welche Voraussetzungen muss ein Arbeitnehmer erfüllen, damit er Kurzarbeitergeld bekommt?

Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums haben alle ungekündigten Beschäftigten, die durch die Kurzarbeit einen Gehaltsausfall haben und weiterhin versicherungspflichtig beschäftigt sind, Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Das gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitsausfall im Unternehmen im Abrechnungsmonat nicht „erheblich“ ist, wie die Arbeitsagentur in Würzburg mitteilt. Das sei der Fall, wenn mehr als 10 Prozent Arbeitsausfall für mindestens ein Drittel der Beschäftigten vorliegen.

Die Agentur für Arbeit ist für Kurzarbeitergeld zuständig.
Foto: Peter Endig, dpa | Die Agentur für Arbeit ist für Kurzarbeitergeld zuständig.

4. Welche Voraussetzungen muss das Unternehmen erfüllen?

Das Unternehmen muss der Arbeitsagentur nachweisen, dass der Arbeitsausfall zum Beispiel in Folge einer konjunkturellen Talfahrt nicht zu vermeiden ist und dass er nur vorübergehend sein wird. Die Kurzarbeit muss bei der für das Unternehmen zuständigen Arbeitsagentur schriftlich angezeigt werden, die dann die Bedingungen prüft. Wichtig ist hierbei laut Bundesarbeitsministerium und Arbeitsagentur auch, dass der Arbeitsausfall in dem Unternehmen "erheblich" ist. Das heißt vor allem: Mindestens ein Drittel der Beschäftigten des Betriebes müssen ein Minus von mehr als zehn Prozent ihres Monatsgehaltes (brutto) hinnehmen. Der Betriebsrat des Unternehmens muss der Kurzarbeit zustimmen. Gibt es keinen Betriebsrat und keine Tarifbindung, müssen alle betroffenen Beschäftigten im Vorfeld vom Arbeitgeber informiert werden.

5. Was ist mit einem Nebenverdienst während der Kurzarbeit?

Das ist nach Darstellung des Ministeriums dann unproblematisch, wenn der Nebenjob schon vor Beginn der Kurzarbeit bestand. Aufs Kurzarbeitergeld werde ein Extraverdienst erst dann angerechnet, wenn der Nebenjob während der Kurzarbeit aufgenommen wurde.

6. Gilt Kurzarbeit immer für das gesamte Unternehmen?

Nein. Wie die Arbeitsagentur Würzburg mitteilte, können auch nur Betriebsteile, also Abteilungen, in die Kurzarbeit gehen.

7. Sind dann alle Beschäftigten in gleichem Maße betroffen?

Nein, denn die Arbeitszeit müsse nicht für alle mit dem selben Prozentsatz gekürzt werden, teilt das Bundesarbeitsministerium mit.

8. Hat ein Beschäftigter mit Blick auf die Sozialversicherungen Nachteile in Folge der Kurzarbeit?

Nein, behauptet das Ministerium. Die Beschäftigten bleiben demnach in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung.

9. Muss ein Unternehmen vor der Kurzarbeit erst geringfügig Beschäftigten kündigen, um Entlastung zu bekommen?

Nicht zwingend, lautet die Information des Ministeriums. Allerdings haben die geringfügig Beschäftigten keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

10. Wo bekomme ich Rat, wenn ich jetzt noch Fragen zur Kurzarbeit habe?

Bei der Bundesagentur für Arbeit. Und beim Bundesarbeitsministerium: Auf dessen Website gibt es ebenfalls umfangreiche Infos - sowohl für Beschäftigte als auch für Unternehmen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Jürgen Haug-Peichl
Arbeitsagenturen
Betriebsräte
Bosch Rexroth AG
Bundesagentur für Arbeit
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Deutsche Industrie
Fachkräfte
Kurzarbeitergeld
Mitarbeiter und Personal
Personalabbau
Pflegeversicherung
Pflegeversicherungen und Pflegekassen
Sozialversicherungssysteme
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen