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Würzburg
Corona und Insolvenzen: Was, wenn der Betrieb pleite ist?
Noch haben Unternehmen in Mainfranken wohl Reserven auf dem Konto, doch ohne Kunden droht einigen die Insolvenz. Die Belegschaft steht dabei nicht immer schlecht da.
Gerade kleine Unternehmen in der Gastronomie, im Einzelhandel oder dem Tourismus bangen gerade um ihre Existenz. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, wie viele Betrieb gerettet werden können.
Foto: Barbara Gindl, dpa | Gerade kleine Unternehmen in der Gastronomie, im Einzelhandel oder dem Tourismus bangen gerade um ihre Existenz. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, wie viele Betrieb gerettet werden können.
Moritz Baumann
Moritz Baumann
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:38 Uhr

Aufträge brechen weg, Veranstaltungen werden abgesagt, der Tourismus kommt zum Erliegen: Die drastischen Maßnahmen, die im Kampf gegen das Coronavirus auf den Weg gebracht wurden, bringen auch in Mainfranken Betriebe in Bedrängnis. Einigen von ihnen könnte die Insolvenz drohen, wenn Umsätze dauerhaft einbrechen.

Warum Mitarbeiter in dieser Situation trotzdem nicht in Panik verfallen sollten, erklären Markus Schädler und Kornelius Klatt von der Insolvenzverwaltung Bendel aus Würzburg.

1. Das Insolvenzverfahren

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet Insolvenz in den meisten Fällen, dass ein Unternehmen seine Schulden nicht mehr bezahlen kann. Darunter fallen beispielsweise Steuern oder Rechnungen von Lieferanten, die nicht mehr beglichen werden können. Auch Löhne zählen zu den sogenannten Verbindlichkeiten des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitern.

Im Insolvenzverfahren selbst übernimmt ein externer Insolvenzverwalter – meistens sind das Rechtsanwälte oder Betriebswirte – die Geschäftsführung. Ziel ist es, das Unternehmen wieder auf die richtige Spur zu bringen. Scheitert dies, geht es darum, den Betrieb geordnet abzuwickeln und einen Teil der Schulden bei den Gläubigern – beispielsweise Lieferanten oder Geschäftspartner – zu begleichen. Doch was passiert, wenn ein Unternehmen die Mitarbeitergehälter nicht mehr bezahlen kann?

2. Das Insolvenzgeld

"Keine Panik", sagt Markus Schädler im Gespräch mit dieser Redaktion. "Mit der Insolvenz ist nicht der Untergang des Unternehmens besiegelt." Zwar müsse man die Situation ernstnehmen, aber gerade die Belegschaft sei im Gegensatz zu anderen Gläubigerngut abgesichert. Der Grund ist das sogenannte Insolvenzgeld (nicht zu verwechseln mit dem Kurzarbeitergeld).

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Hierbei springt die Arbeitsagentur ein und zahlt den fehlenden Nettolohn für die kompletten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens – gegebenenfalls sogar inklusive Provisionen, Überstundenvergütungen oder Weihnachtsgeld. Allerdings gibt es nach Angaben der Arbeitsagentur Obergrenzen für Besserverdienende.

Das Geld komme dann rückwirkend als Einmalzahlung auf dem Konto der Mitarbeiter an, sagt Schädler. In begründeten Fällen sei hier auch ein Vorschuss möglich. Wichtig sei, dass jeder Arbeitnehmer diese Leistung individuell beantragen muss.

3. Vertrauen und Transparenz

Besteht grundsätzlich noch Hoffnung für das Unternehmen, sei das Vertrauen zwischen Geschäftsführung, Insolvenzverwalter und Belegschaft das A und O, sagt Schädel. "Wenn die Mitarbeiter von Bord gehen, sinken die Chancen für eine Sanierung des Unternehmens rapide." Schädel hat schon mehrere Betriebe in dieser Situation betreut. "Wir machen die Erfahrung, dass die Mitarbeiter untereinander sehr loyal sind – auch, um die Kollegen nicht im Regen stehen zu lassen."

Zum Vertrauen gehört die Transparenz: Diese sollte man im Zweifel auch einfordern, empfiehlt sein Kollege Kornelius Klatt. "Die Mitarbeiter stehen vor einer Situation, die sie vorher noch nie hatten und sind natürlich verunsichert. Deswegen müssen sie wissen, wohin die Reise geht." Am besten funktioniere die Kommunikation über den Betriebsrat, der Fragen und Sorgen bündeln könne. So ließen sich falsche Gerüchte vermeiden.

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4. Freistellung und Lohnverzicht

Sobald das Verfahren eröffnet ist, schaue der Insolvenzverwalter aufs Konto und teile der Belegschaft in der Regel mit, ob und wie lange die Gehälter noch bezahlt werden können. Ist kein Geld mehr da, kann der Verwalter auch keine Löhne mehr zahlen und muss die Mitarbeiter freistellen, die dann auch nicht mehr zur Arbeit kommen müssen.

Alternativ können die Mitarbeiter freiwillig und zum Wohl des Unternehmens auf Teile ihres Lohns oder bestimmte Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld verzichten. Dafür braucht es allerdings individuelle Vereinbarungen mit jedem Mitarbeiter. Wer trotz Insolvenzverfahrens weiter arbeitet, generiert neue Lohnansprüche gegenüber dem Arbeitgeber – sogenannte Masseforderungen. Diese müssen – solange das Geld reicht – vorab in voller Höhe bezahlt werden. Warum das wichtig ist:

5. Insolvenzmasse

Neben diesen Lohnansprüchen der Mitarbeiter gibt es laut Schädler immer noch Schulden, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Es ist aber klar geregelt, dass zuerst der laufende Lohn der Mitarbeiter bezahlt wird. Je nachdem wie viel Vermögen dann noch übrig bleibt, werden beispielsweise noch offene Rechnungen erst am Ende nach einer festen Quote beglichen.

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6. Insolvenz als Kündigungsgrund

An sich ist das Insolvenzverfahren für einen Betrieb kein Grund, Mitarbeitern zu kündigen. Allerdings könne ein Unternehmen, das anhaltend Verluste erwirtschaftet, natürlich betriebsbedingt kündigen, so Klatt. Hierbei ist aber auch der Insolvenzverwalter an die gesetzlichen Bestimmungen gebunden. Da geht es unter anderem um Fristen und die Durchführung einer Sozialauswahl. Das heißt: In der Regel sind ältere Mitarbeiter, die schon viele Jahre im Unternehmen arbeiten oder Unterhaltspflichten gegenüber dem Ehepartner oder Kindern haben, besser geschützt.

7. Betriebsrente, Urlaub und Krankenversicherung

Auch beim Thema Betriebsrente müssen sich Arbeitnehmer laut Schädler keine Sorgen machen. Das Geld, das der Arbeitgeber für die Altersvorsorge bei einem Versicherer angelegt hat, sei nicht Teil der Insolvenzmasse, sondern stehe dem einzelnen Mitarbeiter auch nach Schließung des Betriebs weiter zu.

Auch erworbene Urlaubsansprüche verfallen nicht, sondern gehen auf den Insolvenzverwalter über – der als neuer Arbeitgeber fungiert. Es bestehe auch keine Gefahr, aus der Kranken- oder Arbeitslosenversicherung zu fallen, selbst wenn der Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Hier seien die Mitarbeiter rechtlich geschützt, so Schädler.

Was ist eine Privatinsolvenz?
Nicht nur Betriebe - auch Privatpersonen können insolvent gehen, häufig aufgrund von Überschuldung. Wer beispielweise seinen Job verliert und deshalb seine Rechnungen nicht mehr begleichen kann, gerät schnell in eine Abwärtsspirale. Neben den Schuldnerberatungsstellen kann laut Bundesjustizministerium auch die Privatinsolvenz einen wirtschaftlichen Neuanfang ermöglichen.
Die Privatinsolvenz ist ein mehrstufiges Verfahren: Zunächst müssen Schuldner und Gläubiger versuchen, sich gütlich zu einigen. Gelingt dies nicht, leitet das Gericht das eigentliche Insolvenzverfahren ein und setzt einen Insolvenzverwalter ein. Dieser pfändet bestimmte Vermögenswerte wie beispielsweise das Auto und Teile des Einkommens des Schuldners, um damit die Schulden zu begleichen.
Wenn der Schuldner bestimmte Voraussetzungen erfüllt – beispielsweise regelmäßig Auskunft über sein Einkommen gibt und sich aktiv um Arbeit bemüht –, kann er nach sechs, unter bestimmten Bedingungen auch nach drei oder fünf Jahren von den restlichen Schulden befreit werden.
  • Hier finden Sie weiterführende Informationen

Eine Reihe weiterer Tipps rund um die Corona-Krise in Mainfranken finden Sie in unserem regionalen Wirtschaftsblog ImPlus: www.mainpost.de/im-plus

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