So ernst die Lage auch ist - sie ist eindeutig, und das ist erstmal gut. Diskussionen, in denen noch vor wenigen Tagen darüber gestritten wurde, wie harmlos oder wie gefährlich das Coronavirus ist, sind beendet. Es gibt eine einfache Zusammenfassung der Lage, bei der sich alle ernst zu nehmenden Experten einig sind, und die leicht zu verstehen ist: Jeder Einzelne muss alles dafür tun, dass sich das Virus möglichst langsam - am besten gar nicht - ausbreitet. Außerdem müssen wir vor allem ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankung vor einer Ansteckung schützen.
Wer diese Expertenmeinung heute noch ignoriert, kann an dieser Stelle aufhören, weiterzulesen, weil Ignoranz schlicht verantwortungslos ist. Jetzt aber sind genau diejenigen gefragt, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Und dabei geht es explizit nicht nur um Menschen in verantwortungsvollen Funktionen und Positionen. Es geht um jeden Einzelnen von uns. Es ist jetzt die Zeit, in der wir Pessimismus vermeiden, aber auch zwischen Optimismus und Zuversicht unterscheiden sollten: Optimisten ziehen sich zurück und denken sich: "Wird schon werden." Die Zuversichtlichen denken: "Wird schon werden, weil ich etwas dazu beitragen kann, dass es wird." Was also beitragen?
Kinderbetreung, Partys, Besuche: Wir müssen die Pausetaste drücken
Zunächst mal geht es darum, die Situation zu akzeptieren, sie ernst zu nehmen und möglichst allen Empfehlungen zum persönlichen Verhalten nachzukommen. Wir müssen das öffentliche Leben möglichst radikal zurückfahren. Wir müssen für weite Teile unseres Alltags die Pausetaste drücken: Keine Partys, keine gemeinsame Kinderbetreuung, nur die nötigsten Besuche bei älteren, kranken Menschen. Sobald wir uns selbst entsprechend organisiert haben, sollten wir anderen helfen, wo immer es nötig ist.
Wie genau das gehen kann, zeigt eine erste Welle der Solidarität in sozialen Netzwerken: Unter dem Stichwort #NachbarschaftsChallenge rufen Menschen dazu auf, dass die Stärkeren und Gesunden in der Gesellschaft den Schwächeren und Kranken ihre Hilfe anbieten.
Jeder, der fit ist, kann Freunden, Bekannten und Nachbarn anbieten, für sie Lebensmittel einzukaufen, zur Post oder zur Apotheke zu gehen. Zwar empfehlen alle Experten, soziale Kontakte zu vermeiden, das heißt aber nicht, dass wir uns nur noch um uns selbst kümmern sollen. Im Gegenteil: Wir sollten uns zwar körperlich voneinander fernhalten, aber im übertragenen Sinne näher zusammenrücken.
Dass wir uns gegenseitig helfen und aufeinander Acht geben, ist auch deshalb wichtig, weil davon auszugehen ist, dass immer mehr Bereiche des öffentlichen Lebens stark eingeschränkt werden. Alleine, dass nun Kindergärten und Schulen für mindestens fünf Wochen geschlossen sein werden, löst eine Reihe von Problemen aus, die wir nur in der Gemeinschaft lösen können: Unternehmen sollten großzügige und individuelle Lösungen anbieten, Mitarbeiter sollten bereit sein, Kollegen und Firmen bestmöglich zu unterstützen.
Es geht um möglichst gute Lösungen - nicht um perfekte
Bei alledem sollten wir Unsicherheit und Ungewissheit als unvermeidliche Bestandteile der Situation annehmen und dabei möglichst gelassen bleiben. Im Augenblick kann niemand seriös sagen, wie lange uns welche Einschränkungen bevorstehen. So oder so müssen wir damit klar kommen. Wir sollten auch aufhören, über das zu schimpfen, was möglicherweise nicht funktioniert. Es geht um möglichst gute, nicht um perfekte Lösungen im Hier und Jetzt. Darum, dass jeder - von der Bundeskanzlerin bis zum Schulkind - das beiträgt, was sie oder er kann. Wenn wir uns darauf konzentrieren, werden wir diese Zeit gut bestehen. Im besten Fall werden wir als Gesellschaft an dieser gemeinsamen Aufgabe wachsen und erkennen, was wirklich wichtig ist in unseren Leben.
In diesem Sinne: Bleiben Sie zuversichtlich, nicht nur optimistisch.
Und wozu das Ganze? Lesen und hören Sie keine Nachrichten. Es geht um eine „Verlangsamung“ der Ausbreitung, damit es nicht zu einem Kollaps im Gesundheitswesen kommt. Richtig, jedes Jahr haben wir auch viele Tote wegen Influenza. In einem funktionierenden Gesundheitswesen stehen dann genügend Intensivbetten zur Verfügung und diese Menschen können auch in Würde sterben und beerdigt werden. Wenn das Gesundheitswesen kollabiert ist, wie in Italien, müssen Ärzte entscheiden wer ein Intensivbett bekommt und wer nicht. Die Kranken sterben ohne Anwesenheit von Angehörigen und werden auch ohne Angehörige beerdigt.
Jetzt müssen alle mithelfen und sich solidarisch verhalten, damit die Ausbreitung verlangsamt wird.
Und wenn Sie schreiben, dass es hier um eine Umerziehung geht haben Sie den Ernst der Lage nicht begriffen.