Wegen der Corona-Krise steuern offenbar reihenweise Unternehmen in Mainfranken einer Katastrophe entgegen. Um liquide zu bleiben und um Mitarbeiter halten zu können, suchen viele das Heil in der Kurzarbeit.
"Die Anfragen schießen aktuell regelrecht durch die Decke", teilte Wolfgang Albert auf Anfrage mit. Der Sprecher der Würzburger Agentur für Arbeit kann zwar noch keine Zahlen nennen, weil der Andrang in seinem Haus die Kapazitäten fürs Erfassen der Fälle sprenge. Sicher sei aber: "Es gibt nahezu keine Branche, die nicht betroffen ist."
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Auch die Arbeitsagentur in Schweinfurt hat in den vergangenen Tagen gespürt, dass die Anfragen wegen Kurzarbeit gestiegen sind. Von dort gibt es ebenfalls noch keine Zahlen. "Wir sind zurzeit dabei, uns einen ersten Überblick zu verschaffen", so Sprecherin Tanja Neppe.
Bereits seit Monaten nimmt die Kurzarbeit in der deutschen Industrie deutlich zu, hauptsächlich ausgelöst durch die internationalen Handelskonflikte, den Brexit und sinkende Nachfrage. Die Corona-Krise potenziert das nun in der Region.
Aber was bedeutet konjunkturell bedingte Kurzarbeit genau? Und welche Folgen hat das gerade jetzt für Arbeitnehmer? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Das Kurzarbeitergeld soll teilweise das ausgleichen, was dem Mitarbeiter aufgrund der gekürzten Arbeitszeit beim Gehalt (netto) gestrichen wird. Dieses Minus wird zu 67 Prozent durch das Kurzarbeitergeld bei denjenigen ausgeglichen, die mit mindestens einem Kind im Haushalt leben. Alle anderen Beschäftigten bekommen laut Agentur für Arbeit 60 Prozent. Neu im Zuge der Corona-Krise: Die Sozialversicherungsbeiträge, die ein Unternehmen für seine Beschäftigten in Kurzarbeit allein tragen muss, werden von der Bundesagentur für Arbeit nun vollständig erstattet.
- Kurzarbeit: Übersicht des Bundesarbeitsministeriums
- Kurzarbeit: Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit (Stand: November 2019)
Für maximal zwölf Monate, auf Anordnung des Bundesministeriums für Arbeit für bis zu 24 Monate. Das Geld streckt das Unternehmen vor, die Agentur für Arbeit erstattet es dann auf Antrag der Firma. Das geschehe in der Regel nach 15 Arbeitstagen, verkündet das Bundesarbeitsministerium. Das Kurzarbeitergeld wird ab dem Kalendermonat gezahlt, ab dem bei der Arbeitsagentur die Mitteilung des Unternehmens über den Arbeitsausfall eingegangen ist.
Kurzarbeit hat den Sinn, die Unternehmen zu unterstützen, um eine konjunkturell bedingte Talfahrt - wie jetzt wegen der Corona-Krise - zu überwinden und Fachkräfte zu halten.
Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums haben alle ungekündigten Beschäftigten, die durch die Kurzarbeit einen Gehaltsausfall haben und weiterhin versicherungspflichtig beschäftigt sind, Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Das gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitsausfall im Unternehmen im Abrechnungsmonat nicht „erheblich“ ist, wie die Arbeitsagentur in Würzburg mitteilte. Das sei der Fall, wenn mehr als zehn Prozent Arbeitsausfall für mindestens ein Drittel der Beschäftigten vorliegen. Neu im Zuge der Corona-Krise: Auch Leiharbeiter in einem Unternehmen können Kurzarbeitergeld bekommen.
Das Unternehmen muss der Arbeitsagentur nachweisen, dass der Arbeitsausfall - zum Beispiel infolge einer konjunkturellen Talfahrt - nicht zu vermeiden ist und dass er nur vorübergehend sein wird. Die Kurzarbeit muss bei der für das Unternehmen zuständigen Arbeitsagentur schriftlich angezeigt werden, die dann die Bedingungen prüft. Wichtig ist hierbei laut Bundesarbeitsministerium und Arbeitsagentur auch, dass der Arbeitsausfall in dem Unternehmen "erheblich" ist. Das heißt vor allem: Mindestens zehn Prozent (bisher: 33) der Beschäftigten des Betriebes müssen ein Minus von mehr als zehn Prozent ihres Monatsgehaltes (brutto) hinnehmen. Der Betriebsrat des Unternehmens muss der Kurzarbeit zustimmen. Gibt es keinen Betriebsrat und keine Tarifbindung, müssen alle betroffenen Beschäftigten im Vorfeld der Kurzarbeit zustimmen.
Auch für andere. Laut Bundesarbeitsministerium können im Zuge der Corona-Krise auch zum Beispiel Kindertagesstätten oder Theater grundsätzlich Kurzarbeit zu den genannten Bedingungen anmelden. Das ist gerade während der aktuellen Corona-Krise von Bedeutung, da die bayerische Staatsregierung ja die Schließung von Schulen, Kitas und Theatern angeordnet hat.
Das ist nach Darstellung des Ministeriums dann unproblematisch, wenn der Nebenjob schon vor Beginn der Kurzarbeit bestand. Aufs Kurzarbeitergeld werde ein Extraverdienst erst dann angerechnet, wenn der Nebenjob während der Kurzarbeit aufgenommen wurde.
Nein. Wie die Arbeitsagentur Würzburg mitteilte, können auch nur Betriebsteile, also Abteilungen, in die Kurzarbeit gehen.
Nein, denn die Arbeitszeit müsse nicht für alle mit demselben Prozentsatz gekürzt werden, teilt das Bundesarbeitsministerium mit.
Nein, sagt das Ministerium. Die Beschäftigten bleiben demnach in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung.
Nicht zwingend, lautet die Information des Ministeriums. Allerdings haben die geringfügig Beschäftigten keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Ja. Laut der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit muss ein Betrieb mindestens einen Arbeitnehmer haben, um Kurzarbeit beantragen zu können. Ist der Betrieb größer, will aber die Kurzarbeit nur für eine Abteilung einrichten, muss diese Abteilung mindestens einen Mitarbeiter haben.
Die Agentur für Arbeit in Schweinfurt hat nach eigenen Angaben an diesem Mittwoch an alle Arbeitgeber in Main-Rhön eine Info-Broschüre über die neuen Regeln bei der Kurzarbeit verschickt. Eine Reihe weiterer Tipps rund um die Corona-Krise in Mainfranken finden Sie in unserem regionalen Wirtschaftsblog ImPlus: www.mainpost.de/im-plus