Wer hätte das gedacht: Ausgerechnet ein Virus zwingt derzeit viele Deutsche dazu, ins Homeoffice zu wechseln. Doch eine Mehrheit der Betriebe hat damit bislang gar keine Erfahrung. Bundesweit arbeiten nur etwa zwölf Prozent der Beschäftigten regelmäßig von zu Hause aus – so zumindest die Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.
Wer durch das Coronavirus nun unvermittelt ins Homeoffice gerutscht ist, sollte gerade am Anfang einige Tipps beachten. Denn die Heimarbeit birgt gewisse Tücken, die man aber leicht umgehen kann.
Die tägliche Routine
Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft lehnt knapp die Hälfte der Beschäftigten eine Vermischung von Arbeitszeit und Freizeit ab. Doch genau hier verursacht das Homeoffice-Modell oft Probleme. Man müsse lernen, das Private vom Beruflichen zu trennen, sagt Detlef Bittner, der sich in seinen Workshops intensiv mit Zeit- und Projektmanagement beschäfigt.
Untersuchungen hätten gezeigt, dass Mitarbeiter im Homeoffice eher mehr als weniger arbeiten – obwohl die gleichen Zeitvorgaben wie im Büro gelten. Es sei daher wichtig, den Tag – zeitlich wie räumlich – zu strukturieren und zu begrenzen. Der Experte empfiehlt, den Laptop weder am Esstisch noch auf dem Sofa aufzuklappen. Wer im Homeoffice arbeitet, bräuchte einen festen, idealerweise abgetrennten Arbeitsplatz.
Außerdem sollte man nach Möglichkeit den eigenen Alltagsrhythmus beibehalten. Das könne mit dem Kaffee und dem Nachrichtenpodcast am Morgen beginnen und mit dem Schließen des E-Mail-Programms am Abend enden. Wichtig sei die Struktur. "Im Selbstmanagement geht es darum, Routinen zu entwickeln", erklärt Bittner. Dazu gehöre beispielsweise auch die Wahl der Kleidung. Wer im Pyjama am Schreibtisch sitzt, befindet sich eher im Freizeit- als im Arbeitsmodus. Darunter leide die Konzentration.
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Das Problem mit der Kinderbetreuung
Viele Eltern haben derzeit das Problem, dass sie neben der Arbeit auch noch ihre Kinder betreuen müssen, weil Kindergärten und Schulen geschlossen sind. Doch wenn dauernd der Sohn oder die Tochter an der Tür klopfen, ist es fast unmöglich, konzentriert zu arbeiten.
Detlef Bittner empfiehlt Eltern deshalb, einen einfachen Vertrag mit den Kindern zu schließen: Wenn Mama und Papa am Vormittag und am Nachmittag einige Stunden in Ruhe arbeiten können, wird nach dem Mittagessen dafür das Lieblingsbrettspiel der Kinder aus dem Schrank geholt. Einen Versuch ist es wert.
Effizienz und Pausen
Zur Struktur im Homeoffice gehören auch Phasen der Entspannung: Es helfe, ab und an aus dem Fenster zu schauen oder sich einen Tee zu holen, sagt Bittner. "Ein guter Selbstmanager plant auch seine Pausen mit ein." Nur so könne man anschließend wieder konzentriert und effektiv weiterarbeiten.
Sein Tipp: Schon am Vormittag feste Zeitfenster für Pausen einplanen – am besten schriftlich. Mittags sollte man die Wohnung möglichst auch mal verlassen und eine kleine Runde um den Block laufen. So kann der Körper, nach mehreren Stunden vor dem Computerbildschirm, wieder Energie tanken.
Kommunikation und Kontakte
Der Würzburger Mediziner Dieter Feitsch rät allen Homeoffice-Einsteigern, sich regelmäßig im Büro zu melden – und zwar telefonisch, nicht per E-Mail oder Chat. Gerade wer länger von zu Hause aus arbeitet, solle den persönlichen Kontakt zu den Kollegen nicht vernachlässigen. Auch Nils Backhaus von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin warnt vor der sozialen Isolation. Mit dem Wechsel ins Homeoffice fallen auch die gemeinsamen Rauchpausen und das Mittagessen in der Katine weg. Das sollte man sich frühzeitig bewusst machen.
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Wer in den kommenden Wochen von zu Hause aus arbeitet, könnte beispielsweise mit den Kollegen eine feste Uhrzeit für ein Telefonat vereinbaren. So kann man auch abseits der Arbeit über private Dinge sprechen. Der Kontakt über E-Mail ersetze solche Begegnungen nicht. "Da geht es darum, sein Gegenüber zu sehen und zu erleben", sagt Feitsch, der sich auf Mitarbeiter-Gesundheit in Unternehmen spezialisiert hat.
Klare Regeln im Homeoffice
Wenn man nicht mehr jeden Tag im Büro sitzt, braucht es aus Sicht von Dieter Feitsch innerhalb der Abteilung oder des Teams klare Absprachen. Man sollte beispielsweise mit dem Chef vereinbaren, wann man in die Pause geht, denn grundsätzlich müssen Mitarbeiter auch im Homeoffice erreichbar sein. "Man ist nicht im Urlaub, nur weil man zu Hause ist", betont der Mediziner.
Gleichzeitig sollte der Vorgesetzte daran denken, auch Beschäftigten im Homeoffice regelmäßig Feedback zu geben und sie über Neuigkeiten im Unternehmen zu informieren. "Die Mitarbeiter müssen merken, dass sie ans Unternehmen angebunden bleiben", so Feitsch.
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