Bescheidenheit ist Markus Söders Sache nicht. Beim Thema Forschungsförderung ist das auch gut so: Denn mit seiner Milliarden schweren „Hightech-Agenda“ hat Bayerns Ministerpräsident ein Zukunftsprogramm auf die Beine gestellt, das bundesweit Maßstäbe setzt. Das Programm eröffnet zudem eine wirtschaftliche Vision für Bayern, die sich positiv abhebt vom fatalistischen Zukunftspessimismus, der die deutsche Politik derzeit viel zu oft prägt.
Schließlich ist erfolgreiche Spitzenforschung für einen globalen Wirtschaftsstandort wie Bayern kein Selbstzweck. Sie ist vielmehr die Voraussetzung für Wohlstand, Fortschritt und soziale Sicherheit auch in der Zukunft. Man kann sich deshalb zwar über Söders fast kindliche „Star-Treck“-Begeisterung und daraus resultierende Eigentore à la „Bavaria One“ lustig machen. Ein nüchterner Blick auf die Fakten zeigt allerdings, dass der Ministerpräsident mit der dahinter stehenden Zielsetzung richtig liegt: Ob Raumfahrttechnik, Hyperloop, künstliche Intelligenz oder Flugtaxis– Bayern muss seine Stärken in viel versprechenden Zukunftstechnologien endlich entschlossen nutzen, um seine industrielle Basis dauerhaft zu sichern.
Auch für nachhaltigen Klimaschutz braucht Bayern neue wirtschaftliche Perspektiven
So gilt auch beim aktuellen Mega-Thema Klimaschutz: Wer hier nachhaltige Erfolge erzielen will, der braucht neue wirtschaftliche Perspektiven. Rund ein Drittel der bayerischen Wirtschaftsleistung hängt derzeit am Automobil-Bau - ein Know-How, das es in eine nachhaltige Zukunft zu transformieren gilt. Zumal dauerhafte Lösungen für besseren Klimaschutz nicht ohne intelligente neue technische Lösungen zu erreichen sein werden.
Dass Söder zur Finanzierung seiner Milliarden-Initiative die bayerische Schuldentilgung de facto beendet, ist in Zeiten der Null-Zinsen ein nachvollziehbarer Schritt. Wie leicht der CSU diese Kehrtwende fällt, zeigt allerdings auch, dass die Komplett-Tilgung der Staatsschuld bis 2030 immer schon nur ein großer PR-Gag war. Richtig bleibt zudem der Einwand, dass ohne die Vielzahl teurer Wahlgeschenke der Söder-Aiwanger-Koalition nun deutlich mehr Geld für Investition wie Tilgung zur Verfügung stünde.
Bei aller Euphorie für die Spitzenforschung sollte die Söder-Regierung in ihrer Wissenschaftspolitik zudem nicht aus den Augen verlieren, dass Universitäten zu allererst Lehranstalten sind. Extra honorierte Forschungsprofessuren ohne Lehrauftrag mögen helfen, internationale Spitzenkräfte nach Bayern zu locken. Die Ausbildung der Studenten wird dadurch allerdings nicht besser. Ohne eine breite Basis exzellent ausgebildeter Fachkräfte wird Bayerns Zukunft aber auch nicht zu gewinnen sein.
Die Gravitationskraft Münchens beim Ansaugen staatlicher Fördermittel wächst
Darüber hinaus muss man in aller fränkischen Bescheidenheit in der Landeshauptstadt leider immer wieder darauf hinweisen, dass Spitzenforschung im Weltmaßstab nicht nur in München, sondern auch in Würzburg, Erlangen oder Bayreuth zu Hause ist. Zwar ist Söders Bemühen nach regionalem Ausgleich durchaus spürbar. Die Gravitationskraft Münchens beim Ansaugen staatlicher Fördermittel scheint aber eher zu wachsen – wie etwa auch die zähe Debatte über den notwendigen Ausbau der Würzburger Uniklinik vor Augen führt.
Über den Erfolg von Söders Zukunftsprogramm wird am Ende aber gerade auch die regionale Ausgewogenheit entscheiden. Politische Kontrolle im Landtag ist deshalb ebenso nötig, wie das klare Einfordern notwendiger Maßnahmen durch die Hochschulen in den Regionen. Söders Programm ist ohne Zweifel ein wichtiger Schritt, damit sich der High-Tech-Standort Bayern in Sachen Zukunftstechnologien endlich dem globalen Wettbewerb stellt. Den schönen Worten müssen nun allerdings auch die richtigen Taten folgen.