In der globalen Spitzenforschung sei es fast schon wie im Profi-Fußball, findet Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU): Die renommierten Adressen würden längst mit viel Geld weltweit die besten Kräfte abwerben. Wolle Bayern auch künftig in der "Champions League" der Hochtechnologie mitspielen, sei deshalb "ein kräftiges Signal dagegen" nötig, fordert Söder. Die Alternative beschreibt er ebenfalls mit einen Fußball-Vergleich: "Alle Wettbewerber kaufen neue Spieler - und wir spielen irgendwann mit der Altherren-Mannschaft."
Damit es dazu nicht kommt, will Söder ein milliardenschweres "Modernisierungs- und Technologieprogramm" aufs Gleis setzen. Kernstück ist - in Anlehnung an die "Hightech-Offensiven" der Jahrtausendwende seines politischen Ziehvaters Edmund Stoiber - ein staatliches Investitionsprogramm für die Spitzenforschung vor allem in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Luft- und Raumfahrt sowie in "Clean-Tech" vom Wasserstoff bis zu synthetischen Kraftstoffen.
Mehr Geld auch für die Sanierung maroder Uni-Gebäude
Als weitere Säulen hinzu kommen sollen ein "Beschleunigunsprogramm" für die Sanierung maroder Hochschulgebäude sowie eine Hochschulreform, die auch finanziell attraktivere Rahmenbedingungen für Spitzenforscher und mehr unternehmerische Freiheit der einzelnen Hochschulen schaffen soll. Viertes Standbein wäre ein "Transformations-Programm", das vor allem Automobil-Zulieferer beim anstehenden "Technologie-Sprung begleiten" soll.
Kern von Söders "Forschungs-Turbo" soll jedoch die künstliche Intelligenz (KI) werden: Bereits im Sommer 2018 hatte Söder ein weltweit konkurrenzfähiges KI-Netzwerk mit zwei Schwerpunkten in München und in Würzburg angekündigt. Eine Finanzierung der damals versprochenen Lehrstühle und Gebäude blieb die neue CSU/FW-Koalition aber zunächst schuldig. Diese Versprechen könnten nun erfüllt werden, verspricht Söder. Auch in Würzburg gebe es jetzt "alle versprochenen Stellen plus" - also auch mehr, wenn sinnvoll und notwendig.
Würzburg bekommt "alle versprochenen Stellen plus"
Bayernweit sollen an allen Hochschulen in den nächsten fünf Jahren rund tausend neue Professoren-Stellen in High-Tech-Bereichen geschaffen werden – was im Endausbau den Freistaat einen dreistelligen Millionenbetrag im Jahr kosten werde. Gleichzeitig sollen noch einmal rund 10 000 neue Studienplätze entstehen – letzten Dezember hatte Söder bereits 18 000 neue Studienplätze versprochen. Bayern müsse auch in Zukunft "ein Land sein, wo die Jungen hinwollen", fordert Söder. Nur so sei der Wohlstand des Landes zu halten.
Zusätzliches Geld soll es auch für die Sanierung maroder Uni-Gebäude geben: "Wir können nicht neu investieren, wenn wir noch alte Baustellen haben", erklärt Söder. Der Nachholbedarf ist allerdings gewaltig: Experten rechnen allein hier mit Gesamtkosten von bis zu fünf Milliarden Euro über zehn Jahre.
Neue Spitzenforscher sollen auch aus Brexit-England kommen
Die geplante Hochschulreform soll Bayerns Universitäten zudem flexibler und internationaler machen: Geplant ist laut Söder unter anderem ein weltweites Anwerbe-Programm für Spitzenforscher mit einem speziellen Brexit-Fokus auf Großbritannien. Die Vermarktung der eigenen Forschung soll erleichtert, komplett fremdsprachige Studiengänge geschaffen werden. Zudem verlangt Söder ein Ende des Kirchturm-Denkens der Unis: So könne etwa eine bessere Kooperation der fränkischen Unis "zu einer fränkischen Exzellenz-Uni führen". Dass derzeit nur die beiden Münchner Hochschulen den Ausnahme-Status erreichen, sei jedenfalls "für Bayern zu wenig", findet Söder.
Söder gibt volle Schuldenfreiheit bis 2030 endgültig auf
Finanziert werden soll das Zukunftspaket vor allem durch die weitgehende Aussetzung der Schuldentilgung: Rund 750 Millionen Euro sollen so bis Ende 2020 freigesetzt werden. Das gesamte Finanz-Volumen sowie die Verteilung der Mittel und Stellen auf die einzelnen Hochschulen will Söder nach Gesprächen mit den Freien Wählern Mitte Oktober in einer Regierungserklärung präsentieren. Offen ließ der Regierungschef hingegen die dauerhafte Finanzierung der Projekte. Denn an der Schuldentilgung will Söder im Grundsatz festhalten - auch wenn er das Ziel der völligen Schuldenfreiheit bis 2030 nun endgültig aufgegeben hat.