Die Bayerische Staatsregierung will mit einem milliardenschweren Förderprogramm Würzburg neben München zu einem der weltweit führenden Forschungszentren für Künstliche Intelligenz machen: „Wir haben das Ziel, in dieser Zukunftstechnologie der absolut führende Standort in Deutschland zu sein und weltweit auf Augenhöhe mit den Besten“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer Kabinettssitzung in München.
Bis 2022 sollen zu diesem Zweck rund drei Milliarden Euro in die Digitalisierung Bayerns investiert werden. Der Erfolg der Strategie sei aber nicht nur eine technische Frage, warnte Söder: „Digitalisierung erfordert von uns allen auch neues Denken.“ Dies betreffe Forschungseinrichtungen genauso wie Unternehmen oder Schulen: „Die wirtschaftliche Zukunft Bayerns hängt davon ab, ob dieser Wandel gelingt“, glaubt Söder. Denn im globalen Wettstreit „sind Algorithmen die Bajonette der Zukunft“.
Neue Lehrstühle für Würzburg
Konkret soll in Würzburg an der Universität für den Schwerpunkt Künstliche Intelligenz ein Forschungsneubau entstehen. Darüber hinaus sollen sechs neue Professuren und vier Nachwuchsgruppen geschaffen werden. Unter Federführung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) ist zudem unter dem Namen „KAIRO“ ein bayernweites „Kompetenznetzwerk“ für künstliche Intelligenz und Robotik geplant. Das bereits bestehende „Zentrum für Telematik“ (ZfT) soll zudem in diesem Bereich deutlich ausgebaut werden.
„Der Megatrend Künstliche Intelligenz wird von Würzburg aus vorangetrieben“, glaubt der Würzburger CSU-MdL Oliver Jörg. Durch den neuen Regierungsbeschluss werde in den nächsten Jahren ein hoher zweistelliger Millionenbetrag in der Region investiert, so Wissenschaftsexperte Jörg: „Der IT-Forschungsstandort Würzburg wird dadurch entscheidend aufgewertet.“
Viel Fördergeld in die Regionen
Fast 90 Prozent der gesamten staatlichen Förderung werde außerhalb von München investiert, bekräftigte Söder: „Jeder in Bayern soll davon profitieren.“ Wissenschaftsministerin Marion Kiechle (CSU) betonte zudem die Notwendigkeit, Spitzenforschung, Staat und Wirtschaft im Bereich der Spitzentechnologie enger zu vernetzen: „Künstliche Intelligenz soll nicht nur an den Hochschulen bleiben, sie muss auch in die Unternehmen hineingetragen werden.“ Die neue Technik könne in vielen Industriebereichen Anwendung finden, von der autonomen Steuerung von Fahrzeugen bis in die Medizintechnik, so Kiechle.
Ausgebaut werden soll zudem das Netz digitaler Gründerzentren in Bayern: Bereits im September soll in jedem Regierungsbezirk ein neuer Standort entstehen. Seine Regierung sei fest entschlossen, den technologischen Wandel nicht zu verschlafen, beteuerte Söder: „Wir wollen hier einen Leuchtturm setzen, der weit über Bayern hinaus sichtbar sein kann.“
Hochschulen in Würzburg von Entscheidung überrascht
Unterdessen wurden die Würzburger Hochschulen von dem Kabinettsbeschluss überrascht. Dass an der FHWS ein Servicezentrum für alle bayerischen Fachhochschulen entstehen soll, „entzieht sich meiner Kenntnis“, meinte FH–Präsident Robert Grebner am Dienstag auf Anfrage. Zwar habe man ein Projekt für künstliche Intelligenz und Robotik laufen und Professuren beantragt. Auch wolle man einen Bachelor-Studiengang für Software-Engeneering und Robotik etablieren. Die in München vorgestellten Pläne konnte Grebner aber zunächst nur schwer interpretieren.
Auch an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität (JMU) hatte man offenbar nicht mit einem solchen Millionenprogramm gerechnet. Auf Anfrage zeigte man sich positiv erstaunt über die Zusage für einen Forschungsneubau und sechs Professorenstellen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Die JMU freue sich über die Initiative der Staatsregierung zur Errichtung eines Kompetenznetzwerks Künstliche Maschinelle Intelligenz (KMI) mit den beiden Münchner Universitäten, so Uni-Präsident Alfred Forchel am Dienstag.
Uni-Präsident Forchel sieht großen Forschungsbedarf
Künstliche Maschinelle Intelligenz sei ein Kernthema der Digitalisierung, eine Schlüsseltechnologie für vielfältige Wissenschafts- und Anwendungsbereiche mit zukünftig noch weiter zunehmender Bedeutung, ließ Forchel wissen. Auf dem Gebiet der KMI besteht aus seiner Sicht großer Forschungsbedarf, sowohl innerhalb der Informatik als auch an der Schnittstelle zu anderen Wissenschaftsbereichen.
Gleichzeitig würden Fach- und Führungskräfte benötigt, deren Ausbildung durch die neuen Professuren und die damit verbundenen Wissenschaftler an der Uni Würzburg hervorragend gewährleistet werden könne. „Damit trägt die Initiative der Staatsregierung ganz wesentlich zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft bei“, so Forchel. Über die personelle Verstärkung hinaus sei die JMU dem Freistaat für die Pläne zur Finanzierung eines Gebäudes mit modernsten KMI-Forschungs- und Laboreinrichtungen sehr dankbar.