Im Januar 2012 gelang Ministerpräsident Horst Seehofer ein Paukenschlag: Bis 2030, kündigte er an, werde die Staatsregierung alle Schulden zurückzahlen. Nun zeichnet sich ab, dass das Ziel der Schuldentilgung schwierig zu erreichen sein wird – weil die Staatsregierung das Geld mit vollen Händen ausgibt.
Die jüngste Nachricht vor wenigen Tagen: Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst schlägt 2013 und 2014 mit 1,648 Milliarden Euro zu Buche. Erst vor gut zwei Wochen hatte die Staatsregierung die Abschaffung der Studiengebühren und andere Wohltaten auf den Weg gebracht – Kostenpunkt in beiden Jahren 421 Millionen Euro. Das Bildungspaket soll erst der „Einstieg“ sein, wie Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) und Seehofer bekundeten – neue Mehrausgaben in Sicht.
Das Problem: Die Ausgaben des Freistaats wachsen schneller als die bayerische Wirtschaft und das Durchschnittseinkommen. Von 2012 bis 2014 klettern die Ausgaben der Staatsregierung um deutlich über neun Prozent. Die Steuereinnahmen hängen von der Konjunktur ab, die sich weniger dynamisch entwickelt als die Ausgaben der Staatsregierung. In einigen Jahren wird die Staatsregierung wohl vor der Wahl stehen, die Ausgaben zu kürzen oder neue Schulden zu machen.
„Ich habe den Eindruck, als ob das langjährige Prinzip der soliden Haushaltsführung über Nacht über Bord geworfen wurde“, sagt SPD-Haushaltsexperte Volkmar Halbleib. Er schätzt, dass allein die Abschaffung der Studiengebühren und die Mehrausgaben für die frühkindliche Bildung langfristig mit 400 Millionen Euro Mehrausgaben im Jahr zu Buche schlagen werden – ganz ohne zusätzliche Maßnahmen.
Der Oberste Rechnungshof (ORH) kritisiert seit Jahren, dass es ein strukturelles Defizit im Staatshaushalt gibt, soll heißen, dass die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Im Haushaltsgesetz 2013/14 weist das Finanzministerium eine Einnahmelücke von 730 Millionen Euro aus; eine Tatsache, auf die die Koalition nicht hinweist. Der Haushalt wurde aber vor den jüngsten Wohltaten verabschiedet, so dass das Defizit noch größer ausfallen könnte.
Die Staatsregierung profitiert von den Rekordsteuereinnahmen der vergangenen zwei Jahre. Außerdem überweist die BayernLB höhere Beträge an die Staatskasse als im Haushalt geplant. Auch das Haushaltsjahr 2012 hat die Staatsregierung mit Steuermehreinnahmen von 689 Millionen Euro abgeschlossen. Doch derartige Überschüsse sind Einmal-effekte, die Mehrausgaben hingegen sind langfristige Belastungen. Finanzminister Markus Söder (CSU) sieht kein Problem: „Wir geben nur Geld aus, das wir auf dem Konto haben“, sagte er vergangene Woche.