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LESERANWALT
Persönlichkeitsschutz verletzt
Zahlungsaufforderung zu einem Bußgeldbescheid. Der Name des Behördermitarbeiters, der ihn ausgestellt hat, darf nicht veröffentlicht werden. Siehe eine Presseratsentscheidung. Archivfoto.
Foto: Anand Anders | Zahlungsaufforderung zu einem Bußgeldbescheid. Der Name des Behördermitarbeiters, der ihn ausgestellt hat, darf nicht veröffentlicht werden. Siehe eine Presseratsentscheidung. Archivfoto.
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:24 Uhr

Wer nicht schon von Haus aus prominent, also mindestens stadtbekannt ist und dadurch ohnehin öfter in Berichterstattungen vorkommt, muss nicht befürchten, als Person erkennbar öffentlich dargestellt zu werden – egal ob er Aufsehen erregt, fehlerhaft oder nicht gehandelt hat. Es sei denn, er erlaubt die erkennbare Darstellung selbst. Grundsätzlich ist nämlich seine Identität geschützt, auch in Veröffentlichungen von Medien und offenen Internet-Netzwerken. Das sichert das Persönlichkeitsrecht. Und bei der Presse schützt zusätzlich der Deutsche Presserat über seinen Kodex.

 

Geblitzter Feuerwehrmann

Dazu ein aktuelles Beispiel aus einer Lokalzeitung, entnommen der jüngsten Mitteilung des Presserates, in der insgesamt acht Rügen dargestellt sind: In dem folgenden Fall hat der Presserat wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsschutzes (Ziffer 8 Pressekodex, siehe am Ende des Beitrages) die Ostthüringer Zeitung gerügt (schwerste Sanktion). Die Redaktion hatte unter der Überschrift „Eile eines Feuerwehrmannes wird bestraft“ über ein Bußgeldverfahren gegen einen Feuerwehrmann berichtet. Der war nämlich mit seinem Privatwagen auf dem Weg zum Einsatz geblitzt worden. So ein Vorfall steht allemal gut im Lokalteil.

 

Vollstreckungsbescheid mit Namen und Daten

Die Rüge des Presserates aber, die gab es dabei speziell dafür, dass sich im Bericht ein Ausschnitt aus dem Vollstreckungsbescheid mit Namen und weiteren Daten der zuständigen Behördenmitarbeiterin befand. Genau das war der schwere Verstoß gegen den Schutz ihrer Persönlichkeit. Denn an der identifizierenden Darstellung dieser Frau ist kein öffentliches Interesse gegeben. Der Bescheid ist der Behörde zuzurechnen und nicht der bearbeitenden Mitarbeiterin, die keine exponierte Stellung innehat. Die Frau ist also auch nicht durch ihre Stellung in der Behörde prominent.

 

Vermutung des Presserates

Der konkrete Ausriss des Bescheids – so der Presserat weiter - lege in der Veröffentlichung die Vermutung nahe, dass die Redaktion die Mitarbeiterin der Stadt bewusst ins Licht der Öffentlichkeit setzte. - Anmerkung: Übrigens ist auch die Identität des geblitzten Wehrmannes geschützt, wenn es sich nicht gerade um eine sehr bekannte Persönlichkeit aus der Feuerwehrleitung handelt.

In Ziffer 8 des Pressekodex, den Tageszeitngen für ihre gedruckten und digitalen Beitraäge anerkennen, heißt es:

"Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden. Bei einer identifizierenden Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegen; bloße Sensationsinteressen rechtfertigen keine identifizierende Berichterstattung. Soweit eine Anonymisierung geboten ist, muss sie wirksam sein.“

Auswahl von Leseranwalt-Kolumnen zu diesem Thema:

"Achtung: Menschen können auch mit verpixelten Gesichtern noch erkennbar bleiben" (2016)

"Sagen Sie es Journalisten, wenn sie in der Berichterstattung nicht erkennbar sein wollen" (2013)

"Erkennbar bei öffentlicher Parteiveranstaltung" (2018)

"Informationen für Leute, die ihr Bild nicht in der Zeitung sehen wollen" (2009)

"Kritikwürdiges Boulevardstück" (2018)

"Wie ein Leser auf die Meldung vom Tod des Schoßhündchens von Paris Hilton reagiert hat" (2015)

"Die neue Lebensgefährtin ist nun als Nachricht durch" (2018)

"Es ist sinnvoll bei öffentlichen Veranstaltungen Medienvertreter zu begrüßen" (2018)

"Große Aufmachungen, Promis und Konflikte machen noch keine Boulevardzeitung" (2013)

Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch www.vdmo.de

 

 
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