Dass es wichtig ist, jeden Tag die freie Meinungsäußerung in jeglicher Form zu verteidigen, verkündeten zu Recht am 3. Mai, dem Welttag der Pressefreiheit, Journalisten weltweit. Für diese Redaktion tat es Chefredakteur Michael Reinhard in einem Leitartikel. Alles das unterstreiche ich aus Überzeugung.
Ermutigung für Leserinnen und Leser
Eine Erkenntnis trage ich aber nach, weil ich sie für die Glaubwürdigkeit des Journalismus, ohne die bekanntlich alles nichts ist, für äußerst wichtig erachte. Ich zitiere:
"Auch Journalistinnen und Journalisten machen wahrlich nicht alles richtig in ihrer <...> Arbeit, komplexe Sachverhalte einzuordnen und den Wahrheitsgehalt ihrer Nachrichten zu überprüfen. Deshalb ist es so wichtig, dass sich auch Medien einem kritischen Kontrollorgan stellen, das sie hinterfragt. Dieses Kontrollorgan sind Sie, liebe Leserinnen und Leser. Wir möchten Sie ermutigen, weiterhin mit uns in den Dialog zu treten, zu korrigieren, zu diskutieren und abzuwägen. Debatte und Streit sind das Fundament einer Demokratie, die es <...> zu schützen gilt."
Diese Worte, eine kritische Selbstreflexion von Marco Fenske, Chefredakteur des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND), hebe ich hervor. Was er unter dem bezeichnenden Titel "Pressefreiheit betrifft uns alle" abschließend geschrieben hat, das fügt sich zu meinen Aufgaben als Leseranwalt und in der Vereinigung der Medien-Ombudsleute. Fenskes Demut sticht heraus aus bedeutsamen Erklärungen zum Tag der Pressefreiheit, die auf Artikel 5 des Grundgesetzes fußen.
Alle Menschen müssten ermutigt werden
Fenske setzt die Leserschaft zu streitbarer Kontrolle des Journalismus ein. Das macht natürlich Sinn und kann am Ende auch als Beschwerde beim Deutschen Presserat ankommen. Und doch reicht es nicht aus für das schützenswerte Fundament der Demokratie, auf dem doch hierzulande alle Menschen stehen. Folglich gilt es auch alle Menschen zu kritischen Dialogen zu ermutigen, nicht nur Leserinnen und Leser von Zeitungen und Nutzerinnen und Nutzer von Online-Medien.
Journalismus kommt nicht bei allen an
Zu bekennen ist leider, das funktioniert nicht, denn nicht mehr bei allen Menschen kommt Journalismus an. Eine fatale Feststellung, weil der dochlaut Bundesverfassungsgericht in einem freiheitlichen Staatswesen konstituierend wirken soll. Wie das, wenn ihn nicht alle wahrnehmen, weil sie in seine Basis, in klassische Medien, das Vertrauen verloren haben, so wie in weitere Institutionen des Rechtstaates? Wie das, wenn unabhängiger Journalismus nicht mehr ausreichend zu finanzieren ist?
Werben auch Sie für einen Baustein der Demokratie
So kehre ich zur Graswurzelaktion für Medienbildung in Schulen, die Michael Reinhard mit dem Medien-Projekt "KLASSE!" hervorhebt, aber auch zu Ihnen als Leserin und Leser zurück. Konkret bitte ich nun: Halten Sie trotz Meinungen, die Sie als dumm einschätzen, trotz Nachrichten, die Sie für unsinnig halten, und trotz mancher Schwäche an Ihrer Zeitung fest. Debattieren Sie darüber wie es Marco Fenske anbietet. Man könnte nämlich sehr zugespitzt sagen, jede verkaufte Zeitung, jeder bezahlte journalistische Beitrag, ist eine Einzahlung auf die Demokratie.
Ja, ich bekenne. Das war offene Werbung im unabhängigen redaktionellen Teil eines Mediums für Journalismus als einen Baustein der Demokratie, weil die Ihnen allen gehört. Deshalb sollten Sie es in eigener Sache in Ihren Gesprächen ebenfalls tun ...
Anton Sahlender, Leseranwalt
Siehe auchVereinigung der Medien-Ombudsleute e.V.
Frühere Leseranwalt-Kolumnen zum Thema:
2008: "Ärger über Oma und Opa als Deutschlands Zukunft"
2009: "Über die Schweinegrippe und sprachliche Nebenwirkungen"
2012: "Journalistische Angebote müssen auch auf mainpost.de finanziert werden"
2016: "Journalistische Wahrhaftigkeit wiegt schwerer als eine Tendenz"
2017: "Tag der Pressefreiheit und das Vertrauen"
2021: "Während der Ausgangssperre unterwegs - für ein Uranliegen"