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LESERANWALT
Im Kampf gegen falsche Nachrichten
Werbeanzeige aus Zeitung vom Dienstag, 26. Februar 2019       -  Werbeanzeige für verantwortlichen Journalismus, die auch auf Kritik stößt. Hier ein Ausschnitt aus der ganzseitigen Zeitungsanzeige. Übernommen ist sie einem Angebot der Zeitungs- und Zeitschriftenverlegerverbände: Siehe auch www.jedeswortwert.de .
| Werbeanzeige für verantwortlichen Journalismus, die auch auf Kritik stößt. Hier ein Ausschnitt aus der ganzseitigen Zeitungsanzeige.
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:56 Uhr

Qualität und Objektivität erscheinen dem Leser J.H. in der Zeitung „nicht oder nur begrenzt vorhanden“. So kritisiert er eine Eigenanzeige mit dem Text: „Meine Zeitung, jedeswortwert.de, Alternative Fakten gehören K.O.! Ich will Journalismus mit Verantwortung“ (Zeitung vom 26.2.). Darauf komme ich zurück.

 

Emotionale Ärgernisse

Zunächst aber noch zu Leser J.C.: Der erkennt „linksgrüne Tendenzen“ bei („kommentierten“) Artikeln. Bezeichnet das aber selbst als „subjektiv“. Kommentare und Stellungnahmen, besonders auf Seite 2, seien im vergangenen Jahr für ihn, der „konservativ“ grüßt, emotional ein großes Ärgernis gewesen. Er will, dass Kommentare klar gekennzeichnet sind. Ansonsten solle, beschränkt auf Tatsachen, rein sachlich berichtet werden.

Richtig. Das betrifft ein altes, aber immer wiederkehrendes Thema. So bedarf die journalistische Praxis der wichtigen Trennung von Nachricht und Meinung erneut einer Erklärung.

 

Wenn sich Nachricht und Meinung begegnen

Seite 2 der Zeitung ist schon im Kopf mit „MEINUNG“ gekennzeichnet. Darunter finden sich Leserkommentare, Gastbeiträge von Experten und Karikaturen. Speziell die Experten analysieren Zeitgeschehen aus ihrer Sicht. So begegnen sich in vielen Texten die Fakten und deren Beurteilung direkt. Das ist zulässig. Zwei entsprechend gekennzeichnete Artikel sind nicht unbedingt notwendig. Das setzt aber voraus, dass der Autor, der namentlich genannt sein muss, jederzeit erkennbar macht, wo die Nachricht endet und seine Meinung, Bewertung oder Analyse beginnt. So entstehen auch Hintergrundartikel. Die sollen Ereignisse einordnen und mit mehr Tiefe erschließen.

 

Es kann Partei ergriffen werden

Wer in Artikeln Tendenzen wahrnimmt, etwa „linksgrün“, was er dann auch immer darunter versteht, sollte nicht gleich die Überparteilichkeit oder angestrebte Objektivität der Zeitung anzweifeln. Denn in der Sache kann Partei ergriffen werden. Dafür stehen dann Sachargumente und kein Bekenntnis zu einer Partei. Das ist Teil von Pressefreiheit, ebenso wie es jedem freisteht, sich dazu eine eigene, andere Meinung zu bilden.

 

Ganzseitig und plakativ

Zurück zur Eigenanzeige. Sie stellt kurz, knapp, aber ganzseitig plakativ, im Bild mit einer Boxerin, den Kampf eines ganzen Mediums gegen falsche Nachrichten und für verantwortlichen Journalismus auch in schwierigen Zeiten heraus (Siehe Kopie am Ende des Textes). Wiederholt werden dabei missverständliche, weil verschleiernde Worte, mit denen ursprünglich Lügen begründet wurden („Alternative Fakten“). Dabei muss man auf den Durchblick der Betrachter setzen.

 

Mit Journalismus für Journalismus

Die Anzeige (Kopie siehe unten) muss nicht gefallen, auch mir als Journalist nicht. Ich mag schlagwortartige Verkürzungen nicht. Der zeitungskritische Leser M.R. droht ob der Anzeige sogar mit Abbestellung. Seine überzeichnende Interpretation für deren Aussage ist die Androhung von Prügel ("auf die Fresse geben") für missliebige Personen und Lügner.

Anzeigen sollen eben Wirkung erzielen. Zeitungen nutzen sie gerne selbst. Aber weil sie eben im Sinne ihrer Auftraggeber für Interessen oder Produkte werben, tragen sie einen Widerspruch zu unabhängigem Journalismus in sich. Der ist der Wahrhaftigkeit verpflichtet. Der Schlüssel liegt hier nicht bei Anzeigen: Er liegt alleine bei den Journalisten. Sie müssen selbst überzeugen: mit Journalismus für Journalismus.

Hier mehr zur Erklärung der Anzeige: www.jedeswortwert.de . Bilden Sie sich selbst eine Meinung dazu.

Frühere ähnliche Leseranwalt-Kolumnen zum Thema:

"Analysen sind Meinung" (2018)

"Kommentare, Meinungen und Wertungen müssen als solche erkennbar sein" (2009)

"Auch die Fastnachtszeit macht ehemaligen Wirtschaftsminister nicht zum Journalistik-Professor" (2012)

 Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch: www.vdmo.de

 

Anzeige für verantwortlichen Journalismus vom 26.2.19       -  Ganzseitige Anzeige aus der Main-Post vom 26. Februar 2019. Werbung für verantwortlichen Journalismus. Mehr: www.jedeswortwert.de
| Ganzseitige Anzeige aus der Main-Post vom 26. Februar 2019. Werbung für verantwortlichen Journalismus. Mehr: www.jedeswortwert.de

 

 
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  • antonsah
    @deweka ... In Teilen kann ich Ihnen zustimmen. Experten sollten immer ausreichend vorgestellt werden, so dass Leser ihre Aussagen einordnen können. Das sollte nicht erst hinterher geschehen. Mit dem Begriff „Lüge“ gehen Sie aber zu freizügig um. Wenn Interessengruppen in ihrem Sinne interpretieren, dann muss das noch nicht gelogen sein. Wer „Lüge“ vorwirft, muss das beweisen. Das heißt, er muss die Wahrheit kennen. Und wer kann das schon von sich behaupten? Aufmerksamkeit und Skepsis schaden aber nie... Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • deweka
    Auch wenn ich den Begriff „Lüge“ gelegentlich einsetze wenn Diskussionspartner allzu freizügig mit den Begriffen Wahrheit und Fakten umgehen verwende ich den Begriff „Lüge“ hier ganz gezielt.

    Ein markantes Beispiel ist die Kampagne für TTIP.

    Die These lautet TTIP nützt allen. Allein das ist schon einmal Unfug. Könnte man aber noch als rhetorisches Stilmittel durchgehen lassen.

    Um dies zu untermauern wurden Behauptungen als Fakten dargestellt. Diese ließen sich jedoch fast alle durch ein wenig Nachdenken, Beispiel oder Zahlen wiederlegen.

    In den meisten Fällen hätten die Autoren wissen müssen dass ihre Behauptungen nicht stimmen.

    Spätestens aber wenn man behauptet, dass diese Vermutungen und Hoffnungen, mehr waren diese Aussagen nicht, Fakten sein lügt man.

    Dass die INSM ihren Flyer 12 Fakten grundlegend überarbeitet hat werte ich als Schuldeingeständnis. Dieser enthält jetzt nur noch Allgemeinplätzte und Zahlen, die nichts mit TTIP direkt zu tun haben.
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  • antonsah
    @deweka ... in Teilen stimme ich Ihnen zu. Experten sollten immer ausreichend vorgestellt werden, so dass Leser ihre Aussagen besser einordnen können. Sie gehen allerdings arg freizügig mit dem Begriff „Lüge“ um. Es gibt meist viele Interprationen der Wahrheit, soweit die überhaupt schon klar ersichtlich ist. Es ist gut, wenn man manchen Aussagen und Einordnungen aufmerksam und skeptisch begegnet. Aber sie gleich als Lügenkampagne zu bezeichnen, wenn sie eigene Interessen stützen, ist übertrieben. Das muss man dann selbst nachweisen können. Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • deweka
    Viele Menschen verbinden mit der Bezeichnung „Experte“ immer noch auf Fakten beruhende, objektive Aussagen. Leider ist dies immer weniger der Fall. Da nützt es nur wenig, wenn kurz darauf hingewiesen wird für wen dieser „Experte“ eigentlich arbeitet. Forschungseinrichtungen sind oft direkt von irgendwelchen Konzernen abhängig und selbst Lobbyorganisationen geben sich irreführende Namen, so dass für einen Leser nicht immer erkenntlich ist, dass hier nicht erklärt sondern beeinflusst werden soll.

    Ein besonders krasses Beispiel für irreführende Namensgebung ist die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die in Wirklichkeit aus einem Haufen asozialer Marktliberaler besteht.

    Argumente aus ihren Lügenkampagnen werden oft wortwörtlich von Politikern übernommen und so in den Medien wiedergegeben.

    Wenn für Leser nicht völlig klar ersichtlich ist wie objektiv die Aussagen eines Artikels tatsächlich sind besteht für die Presse immer die Gefahr als Lügenpresse bezeichnet zu werden.
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