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LESERANWALT
Leseranwalt: Warum ein Zeitungsleser digital einen Beitrag nicht kommentieren konnte
Ein Leser wollte Meinungsartikel aus der Zeitung gerne gleich online selbst kommentieren. Leseranwalt Anton Sahlender erklärt, warum dies nicht immer möglich ist.
Ärgernis für einen Leser: Nicht alle Beiträge aus der gedruckten Zeitung sind auch online auf mainposet.de zu finden - und können also auch nicht direkt kommentiert werden.
Foto: GettyImages | Ärgernis für einen Leser: Nicht alle Beiträge aus der gedruckten Zeitung sind auch online auf mainposet.de zu finden - und können also auch nicht direkt kommentiert werden.
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 07.10.2023 02:51 Uhr

Überrascht und enttäuscht reagiert Leser C.M., der manche Nachrichten und Kommentare in der gedruckten Zeitung kritisch liest und diese deshalb gezielt nochmal online aufruft. So hat ihn am 2. Juni  der Leitartikel auf Seite 2 mit dem Titel "So ungerecht ist die Erbschaftssteuer" irritiert. Deshalb sei er gespannt gewesen, wie andere Leser darüber denken.

Dies erfährt man bekanntlich schnell im  Internet-Forum der Redaktion. Dort hat C.M. danach gesucht. Auch um dabei gleich seine Kritik online loszuwerden, weil er nicht zum Schreiben von Leserbriefen neige.

Die Überraschung und die Enttäuschung

Die Überraschung: Bei den ihm zugänglichen Angeboten von mainpost.de, dort wo er als Abonnent den Erbschaftssteuer-Kommentar erwartet hatte, war dieser nicht auffindbar. Digital angeboten hatte diesen Beitrag nur die Augsburger Allgemeine. Die Enttäuschung des Lesers: So bleibe ihm, dem Main-Post-Abonnenten, der Beitrag zur Erbschaftssteuer verschlossen und für ihn nicht kommentierbar. Beim Online-Angebot der Augsburger Allgemeinen ist er kein angemeldeter Nutzer oder gar Plus-Kunde

Wieder das bekannte Online-Schicksal

Dann verstimmten den kritischen Leser in den folgenden Tagen erneut gedruckte Kommentare in der Zeitung. Wieder ereilte ihn jeweils das bekannte Online-Schicksal. Auf mainpost.de waren sie nicht auffindbar und bei den Augsburgern für ihn nicht zugänglich. C.M. entnervt: "Als hätte man es darauf angelegt, mich eine Woche lang zu ärgern."

Mich lässt der Leser noch wissen, er habe eine "rechtsdriftende Tendenz" in der Zeitung ausgemacht. Diesen Vorwurf stelle ich hier aber zurück. Habe ich doch kürzlich hier zu diesem Thema und der Unterstellung links-grüner Tendenzen erklärt: "Warum es trotz ernsthaftem Streben nie Objektivität geben wird".

Überregionale Zeitungsbeiträge kommen fast ausnahmslos aus Augsburg

Als Information gebe ich meine Antwort an C.M. weiter: Überregionale Beiträge in der gedruckten Zeitung dieser Redaktion, also auch die zur Bundespolitik, kommen fast ausnahmslos über die Augsburger Redaktion und von deren Korrespondenten. Unter dem Dach der Mediengruppe Pressedruck gibt es bekanntlich eine enge Kooperation. Damit nutzt man Möglichkeiten zu Verbesserungen im regionalen Bereich, aber spart auch Kosten. Das geschieht vergleichbar in einigen großen deutschen Zeitungshäusern aus wirtschaftlich nachvollziehbaren Gründen. Auch darüber wird häufig ein Verlust der Meinungsvielfalt beklagt, wie hier von Verd.i bei Madsack/Du Mont.

Tagesaktuell begründete Entscheidungen

Viele der überregionalen Augsburger Beiträge, die gedruckt erscheinen, gelangen aber nicht auf mainpost.de. Dort werden regionale Inhalte bevorzugt. So kommt es oft zu tagesaktuell begründeten Verzichtsentscheidungen. Folge: C.M. konnte die für ihn ärgerlichen Artikel zur Bundespolitik online hier nicht erreichen und nicht kommentieren.

Für nationale und weltweite Nachrichten stehen online Beiträge der Deutschen Presseagentur

Bekanntlich holt man sich im Netz eher die Nachrichten und Meinungen zu nationalen und internationalen Entwicklungen bei überregionalen Leitmedien. Dennoch kann auch für Nutzer des regional geprägten Portals mainpost.de darauf kaum verzichtet werden. Alle sollen auch hier das Wichtigste nicht nur aus der Region erfahren. Dazu bedient man sich online aber überwiegend bei der Deutschen Presseagentur (dpa) und ihrer vielfältigen Angeboten, die zu einem großen Teil als elektronische Nachrichten (Feeds) automatisch einfließen.

Wenn C.M. sich zu Leserbriefen entschließen könnte ...

Bei den journalistischen Online-Angeboten der Main-Post werden zweifelsfrei regionale und lokale Beiträge stärker nachgefragt. Das zeigt messbar deren gute Nutzung. Aber die bliebe der kritischen Stimme des Herrn C.M. gegenwärtig auch gedruckt nicht versagt, könnte er sich doch zu  Leserbriefen entschließen. Damit stärkt er auch den demokratischen Diskurs.

Anton Sahlender, Leseranwalt

Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute e.V.

Ergänzende Leseranwalt-Kolumnen:

2023: "Wie sich die 'Generation Z' informiert und was wirklich 'catchy' ist"

2023: "Wie die Interaktion mit Lesern in der Zeitung verbessert werden kann"

2022: "Wer in der Redaktion verantwortlich ist für einen reißerisch wirkenden Titel"

2018: "Vorteile von Kooperationen deutscher Tageszeitungen"

2018: "Kampf um Aufmerksamkeit und Reichweite"

 
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