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Würzburg
Leseranwalt: Ein Protest, über den nicht berichtet wurde
Über einen Auftritt bei "Fastnacht in Franken" ärgerte sich ein Ex-Politiker und schrieb einen Brief an den BR. Diese Zeitung berichtet nicht darüber. Das ärgerte einen Leser.
Die Päpste-Nummer der Komödianten Martin Rassau und Volker Heißmann in der BR-Sendung 'Fastnacht in Franken'. Gegen diesen Auftritt hat der CSU-Politiker Peter Keller beim Intendanten des Bayerischen Rundfunks protestiert. Die Main-Post-Redaktion verzichtete auf einen Bericht über den Protest. Das wiederum ärgert einen Leser.
Foto: Daniel Peter | Die Päpste-Nummer der Komödianten Martin Rassau und Volker Heißmann in der BR-Sendung "Fastnacht in Franken".
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:41 Uhr

Mitunter ärgern sich engagierte Leser*innen, wenn Redaktionen bei der Auswahl von Nachrichten nicht zu gleichen Ergebnissen gekommen sind. So lässt mich Herr A. H. wissen, was ihm in der Main-Post gefehlt hat: der Bericht über ein Protestschreiben des ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Keller aus Zellingen an den Intendanten des Bayerischen Rundfunk (BR), Ulrich Wilhelm. Darüber sei am 27. Februar im Main-Echo, Aschaffenburg, Seite 1, ausführlich zu lesen gewesen.

Peter Keller nannte den Auftritt "beschämend und entehrend"

Ich hole nun für die Main-Post nach, um was es ging: Keller bezeichnete in jenem Schreiben den Auftritt von „Waltraud und Mariechen“ bei „Fastnacht in Franken" als Papst Franziskus und Benedikt "beschämend und entehrend“. Keller appellierte an den Intendanten, sich in geeigneter Form als BR öffentlich von der Papst-Nummer zu distanzieren. Weiter liest man darüber im Main-Echo, dass Keller den Brief geschrieben habe, weil er „bestimmt ein dutzend Mal oder mehr“ auf die Nummer der Komödianten Martin Rassau und Volker Heißmann angesprochen worden sei. Dabei legte er Wert darauf, kein Faschingsmuffel zu sein.

Hier zum Bericht im Main-Echo: "CSU-Politiker fordert Entschuldigung für Päpste Auftritt"

Keine weiteren Beschwerden

Die Redaktion dieser Zeitung hat auf einen Bericht über den Keller-Protest verzichtet, weil ihr keine weitere Kritik gegen den Päpste-Auftritt vorlag, auch nicht aus kirchlichen Kreisen. So hielt man ihn nicht für relevant. Selbst auf Nachfragen im Bistum habe man keine Beschwerden vernommen. Dem Bericht des Main-Echo konnte man entnehmen, dass sich Würzburgs Bischof Franz Jung bei der Veranstaltung in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen beim Applaus deutlich zurückhielt, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Friedhelm Hofmann.

Der Berichterstatter der Main-Post vor Ort hat den Bischof anders erlebt. Außerdem sagt Franz Jung in einem Interview mit dem BR nach der Veranstaltung über den Päpste-Auftritt bei Minute 30: "Das war ganz klasse. Es war sehr, sehr witzig, wie sie den Benedikt karikiert haben." 

Überholte Kritik

Eine Veröffentlichung war zweifellos nicht zwingend notwendig, dennoch wundere ich mich auch ein wenig über den Verzicht auf eine Erwähnung des Keller-Protestes in der Main-Post. Die Sendung "Fastnacht in Franken" hatte hier vorher und nachher eine überaus umfangreiche journalistische Zuwendung erfahren, auch deshalb, weil die Nutzung der Leser*innen groß war. Der Protest des Ex-Abgeordneten hätte das Kraut nicht mehr fett gemacht. 

Leser A. H., mir bekannt als Interessensvertreter einer Partei, glaubt in dem Verzicht auf einen Beitrag über Kellers Protest ihm bekanntes Verhalten des unterfränkischen Zeitungsmonopolisten zu erkennen. Bei allem Respekt: Diese beliebte Kritik hat sich in unserer Medienlandschaft längst überholt.

Keine Distanzierung

Zu einer Distanzierung des Intendanen von jenem Päpste-Auftritt ist es nicht gekommen. Aber mittlerweile gibt es eine Antwort des BR-Fernsehdirektors Reinhard Scolik im Auftrag Wilhelms. Der bedauert Kellers persönliche Betroffenheit. Er erklärt, dass in der Faschingszeit den Mächtigen der Narrenspiegel vorgehalten werde. Das könne sowohl die Politik treffen als auch andere gesellschaftliche Gruppen, etwa die Kirchen. Dass dabei aktuelle Themen wie der Stellenwert der Frau in der katholischen Kirche oder die Besonderheit zweier Päpste aufgegriffen und kabarettistisch überspitzt dargestellt werde, gehöre zur künstlerischen Freiheit.

In keiner Weise, so heißt es in der Antwort an Keller weiter, sei eine Schmähung oder Beleidigung religiöser Gefühle beabsichtigt gewesen. So hätten die beiden Künstler zum Beispiel ganz bewusst auf die Pektoralien (Brustkreuze) verzichtet. Wohl nicht zuletzt deshalb seien beim BR viele durchaus wertschätzenden Zuschriften eingegangen.

Grundsätzlich ist klar: Auch die Kirche muss sich Satire oder Fasenachtsklamauk gefallen lassen.

Damit keine Missverständnisse entstehen: Dieser Text hat sich mit einer Leserbeschwerde beschäftigt. Aber weder der Keller-Protest, noch jene Päpste-Nummer aus der Fastnachtssendung sollen damit bewertet werden.

Zur Berichterstattung der Main-Post über die Sendung Fastnacht in Franken: "Wie ein Glockenschlag von Big Ben"

Frühere Leseranwalt-Beiträge zu Kirche und Kritik

2008: "Ein Christ, der Glaubensinhalte bibelkonform haben will"

2009: "Aus der Entschuldigung beim Papst wird nichts werden"

2010: "Kampagne gegen die römisch-katholische Kirche oder Bestrafung der Überbringer schlechter Nachrichten"

2013: "Presserat: Die katholische Kirche und ihr Oberhaupt müssen deutliche öffentliche Kritik aushalten"

2013: "Gezeichnete Satire zum Konklave schmäht werde Glaube noch religiöse Überzeugungen"

2013: "Sie können auch selbst heraussuchen, was in dieser Zeitung wirklich unwichtig ist"

2017: "Kirche und Rechtstaat"

Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auchwww.vdmo.de

 
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Kommentare
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  • saf.wuerzburg@t-online.de
    Geht der CSU Keller eigentlich zum Lachen in den Keller?

    Ich jedenfalls habe mich gerade köstlichst amüsiert!

    Und noch etwas:

    Wieweit sind wir (allgemein gesprochen) überhaupt in diesem Land, wenn wir jetzt den Medien schon vorschreiben wollen, über was diese (nicht) zu berichten haben!?
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  • Anton.Sahlender@mainpost.de
    @Catweazle6847 ... keine Sorge. Vorschreiben, über was zu berichten ist, lässt sich keine Redaktion. Allerdings ist man für Empfehlungen und Hinweise offen. Der Beitrag, der keine Bewertung sein soll, ist eine Ausnahme, weil ich meine, dass dieser Protest des Ex-Abgeordneten durchaus noch von Interesse sein kann.
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • al-holler@t-online.de
    Des is doch alles viel zu spät und interessiert doch keinen mehr. Um einigermaßen glaubhaft zu sein hätten die Recherchen - auch beim BR - sofort und ohne Impuls von außen kommen sollen. So kannste des alles doch vergess: Was hilfts, wenn ein ehemaliger seinen Ex-Kollegen im Nachhinein Versäumnisse vorzuwrfen vorgibt, da lache die doch drüber...... und ich auch.
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