Im vergangenen Jahr war die Hommage an Barbara Stamm der Höhepunkt von „Fastnacht in Franken“ gewesen. „Das ist richtig unter die Haut gegangen“, verriet die ehemalige Landtagspräsidentin bei ihrer Rückkehr nach Veitshöchheim. Damals hatte sie kurz an einen Abschied aus dem Publikum gedacht, „vielleicht waren es zu viele Emotionen auf einmal gewesen“. Ein Jahr später schritt Stamm nun wieder über den Teppich, und mit ihrer rot-weißen Schärpe ging sie glatt als Ehrendame des Jubiläums durch. 33 Jahre „Fastnacht in Franken“ – das ging natürlich nicht ohne die Grande Dame der Narren.
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Aber wie wird eine Schnapszahl besser gefeiert als mit einem, richtig: Schnaps! Zum närrischen Jubiläum versorgte Michl Müller das Publikum mit Hochprozentigem aus seiner Hausbrennerei. Dass er sich – hicks – am Vernichten der Brände kräftig beteiligte, tat seinem Auftritt keinen Abbruch: Lachen statt lallen hieß seine Devise. Dabei rechnete der Schnapsbrenner aus der Rhön seine verteilten Fläschchen ordentlich ab und warf Bayerns Finanzminister Albert Füracker die Kassenbons pflichtgemäß auf den Tisch.
Das alkoholische Mitbringsel für den Elferrat dagegen ging aufs Haus: „Zehn Feiglinge und eine Pflaume.“ Aus der Maische der Politik destillierte Müller seinen Geist, und so mancher Witz hatte mehr Prozent als ein Tresterbrand: So sei die neue EU-Präsidentin Ursula von der Leyen die Allzweckwaffe der CDU. Sie war schon alles, macht alles, „sie ist der Thermomix der Bundesregierung“.
Apropos EU. Oben, nur wenige Kilometer von den Mainfrankensälen entfernt im Ortsteil Gadheim, weht die blaue Fahne mit ihren zwölf goldenen Sternen. Seit wenigen Wochen ist ein Acker in Veitshöchheim das geografische Zentrum der Europäischen Union, das Epizentrum der fränkischen Fastnacht ist der Ort dagegen schon sehr lange.
Jules Verne hätte seine helle Freude gehabt an dieser närrischen Reise zum Mittelpunkt der EU. Der Gemeinschaft war ja jüngst erst Großbritannien von der Fahne gegangen. In Veitshöchheim vertreten waren die Briten dennoch: Bei seinem 28. Auftritt bei „Fastnacht in Franken“ setzte Peter Kuhn als Gentleman ein Highlight. Standing ovations gab es für den Schweinfurter. In britischem Akzent filetierte er das politische Geschehen in raffinierte Worthäppchen. Etwa, wenn er für Markus Söders Charme-Offensive auf die Grünen den großen Shakespeare bemühte: „To bee or not to bee.“ Ja, so mancher Bienenstich galt dem Ministerpräsident an diesem Abend.
Das Aufflammen der Rechten um den Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke kommentierte Kuhn so: „Schließt mal Eure Augenlider – und Ihr hört die ganzen alten Nazis wieder.“ Der Vergleich zwischen einem deutschen Verkehrsminister und einem deutschen Fußballtrainerexport hallte ebenfalls wie ein Glockenschlag von Big Ben durch die Mainfrankensäle: „Lieber in Liverpool bekloppt, als hier bescheuert.“ Sogar die Queen wäre wohl sehr „amused“ gewesen über diesen Vortrag.
Der Schmied mit gelungenem Debüt
Die Jubiläumssitzung war ein buntes Potpourri der fränkischen Fasenacht, das Publikum feierte die Akteure. Im 33. Jahr wurde das bewährte Format „Fastnacht in Franken“ moderat verändert. So erinnerte das Entrée mit den Amorbacher Klostersängern, dem Nonnenchor der TSG Veitshöchheim und Mesner Klaus Karl-Kraus optisch an einen Gottesdienst. Ob Würzburgs Bischof Franz Jung angesichts manch kirchenkritischer Pointe seinen Segen gab, blieb fraglich. Der liebe Gott jedenfalls schickte das ein oder andere Donnergrollen vom Himmel, und KKK warf schon vor seinen Witzen als vorauseilende Buße eine Münze in den Opferstock.
Dass neue Schmiede die Eisen des Humors gut schlagen können, zeigte Thomas Väth aus dem Spessart. Der rundliche Barde aus Bischbrunn charakterisierte sich als einen gemütlichen Typen. Er sei so faul, dass seine Mutter einmal gesagt habe: „Wenn du mal heiratest, dann bestimmt eine Schwangere.“ Herrlich komisch seine vegane Version eines aktuellen Hits von Sarah Connor: „Vincent kommt es hoch, wenn er an Tofu denkt, er hat es oft versucht, und sich echt angestrengt.“
Amanda-Fans müssen jetzt ganz stark sein, denn das proppere Nilpferd hat Konkurrenz bekommen. Mit Marzipanschwein „Pig Nick“ erschien eine neue Figur an der Seite von Bauchredner Sebastian Reich, die das Publikum begeisterte. Das Ferkel war allerdings recht traurig, weil es irgendwie immer seine Jobs nicht richtig erfüllt: Aktuell ist der Glücksbringer beim 1. FC Nürnberg angestellt . . .
Für den Kokolores fränkischer Prägung sorgten die Witwen „Waltraud & Mariechen“ alias Volker Heißmann und Martin Rassau. Die beiden Omas fuhren im Hühnerstall E-Scooter und verwandelten den Saal in eine Tombola. Später kehrten die beiden Fürther Komödianten als Papst Benedikt und Papst Franziskus auf der Suche nach bayerischem Leberkäs noch einmal zurück auf die Bühne. In diese Kategorie des Klamauks fällt auch Oti Schmelzer, das Schaggalagga-Kasperle, dessen Zipfelmütze so lang war wie seine ausgezogene Ziehharmonika. Wortverdreher Oliver Tissot verschraubte seine Pointen diesmal im Kostüm der Allersberger Flecklashexen.
Dass Ines Procter ihr Frühstücksmüsli mit Eierlikör anrührt, um den alltäglichen Familienwahnsinn mit Mann und Kindern zu überleben, erscheint deshalb ebenso logisch wie ihre Metamorphose erst von der Putzfrau zum Engel und dann zum Teufelchen. Sie solle ihren Kummer ertränken, sei ihr vom Arzt geraten worden: „Aber mei Mo geht nicht ins Wasser.“
Gardetanz auf Olympianiveau
Bleiben Tanz und Musik: Die Besenbindergarde sowie die beiden Tanzmariechen vom KC Röttenbach verbanden nahezu olympiareife Flug-Akrobatik mit karnevalistischen Elementen. Eine gelungene Premiere feierte die Ansbacher Formation Viva Voce. Die fünf Männer sangen dem Fastnacht-Verband Franken (66 Jahre) und der Live-Sitzung (33 Jahre) ein wunderbar buntes Medley und zum Abschluss eine fränkische Hymne.
Wirtshaussänger Matthias Walz und sein Wackeldackel machten den 15 nichtbayerischen Bundesländern „mit ihrem Spielzeugabitur“ klar, dass die Ferienzeiten im Freistaat laut Markus Söder „gottgegeben sind“ und dass daran „nicht gerüttelt wird“.
Ihr Feindbild Frankenland pflegten die grimmigen Kurzzeit-Immigranten von der Altneihauser Feierwehrkapell'n aus der Oberpfalz mit scharf gewürzten Spottliedern, deren Texte sich oft jedoch auf drei Laute reduzierten: Ho ho ho. Der Klang der Blechblasinstrumente wurde am Valentinstag ergänzt mit einem Zwischengezwitscher, das an den legendären Vogeljakob vom Würzburger Kiliani erinnerte.
Und dann regnete es güldenes Konfetti, die Aktiven tanzten Samba in bunten Karnevalskostümen, und Veitshöchheim war da plötzlich nicht mehr nur der Nabel der EU, sondern das Mekka der Narrenwelt.
Splitter aus Veitshöchheim
Mitwirkende: Sitzungspräsident Bernd Händel (Nürnberg), Pavel Sandorf Big Band, Amorbacher Klostersänger, Klaus Karl-Kraus (Erlangen), Thomas Väth (Bischbrunn), Peter Kuhn (Schweinfurt), Volker Heißmann & Martin Rassau (Fürth), Oliver Tissot (Nürnberg), Ines Procter (Erlabrunn), Viva Voce (Ansbach), Oti Schmelzer (Oberschwappach), Sebastian Reich (Würzburg), Matthias Walz (Karlstadt), Altneihauser Feierwehrkapell'n, Michl Müller (Garitz), Besenbindergarde und Tanzmariechen Carina Mayer und Bianca Dürrbeck (Röttenbach), Tanzsport-Garde Veitshöchheim.
Besuch aus dem Norden: NDR-Moderator Yared Dibaba kommt zwar aus Ganderkesee, der Faschingshochburg im Landkreis Oldenburg, wie er schmunzelnd sagte, „doch so etwas wie hier in Veitshöchheim, habe ich noch nie erlebt“. Dibaba wird im Sommer nach Veitshöchheim zurückkehren, wenn die ARD während der Fußball-EM ihr Morgenmagazin vom Mittelpunkt der EU senden wird.
Ein Gardemädchen wäre Ilse Aigner (CSU) gerne einmal gewesen, „aber ich war immer zu groß“, so die 1,82 Meter große Landtagspräsidentin, die als Lady aus den 20er Jahren erschienen war. Ministerpräsident Markus Söder hatte sich immerhin eine Fliege mit Konfettipunkten um den Hals gebunden.
Würzburgs Bischof Franz Jung hatte sich diesmal auch verkleidet – mit einem Schnurrbart. Der hielt allerdings zunächst nicht richtig, Experten aus der Maske halfen mit Kleber nach.
Ein Geschenk für Amanda hatte Grünen-Fraktionsvorsitzender Ludwig Hartmann im Gepäck: Eine Spieluhr mit Beethovens neunter Sinfonie.
Das Damen-Trio der SPD, Landesvorsitzende Natascha Kohnen, Kerstin Westphal und Marietta Eder, outete sich als Peter-Kuhn-Fans.
wenn man sich die Übertragung am darauffolgenden Samstag nochmal ansieht, sieht und hört man "viel mehr, als beim erstenmal. Man weiss zwar was kommt, ist jedoch wesentlich entspannter. Man registriert Betonungen viel intensiver, sieht Dinge und Eindrücke, die einen am Abend vorher gar nicht aufgefallen sind. Klar hat jede.r einen Favoriten; aber insgesamt muss man feststellen: Alle waren auf ihre Art gut!
Wer sich am Samstagabend durchs grosse TV-Angebot gezapppt hat, muss klar sagen: "auf vielen anderen TV-Kanälen lief Nichts Besseres!
Jedenfalls live im Saal möchte ich nicht dabei sein. Das Gegeifere nach der Kamera ist ja schlimm. Und manche sgn. Masken der Gäste erschreckend doof.
Also.... nächstes Jahr dann wieder Helau..... aus Franken....... und Danke an Alle die sich für die zuhaus gebliebenen ehrlich auf ihre Art bemüht haben. Ha.b.t Spass ge-
macht !