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Kampagne gegen die römisch-katholische Kirche oder Bestrafung der Überbringer schlechter Nachrichten?
„Ich glaube an Gott und an die Medienkritik, beides ist aber schwer fassbar.“ Das sagte vergangene Woche auf einer Journalistentagung mit Mike Hoyt vom Columbia Journalism Review ein renommierter US-Medienkritiker.
Redaktion
 |  aktualisiert: 09.05.2010 19:47 Uhr

Dass die „sprungbereite Feindseligkeit“ mit der diese Redaktion auf die römisch-katholische Kirche einschlage so unerträglich und schmerzhaft sei, dass er diese Zeitung nicht mehr in die Hände nehmen könne. Er kündigt sein Abonnement.

Diese harte Zuschrift zitiere ich stellvertretend für eine Reihe von Kritiken, die dieser Zeitung eine Kampagne gegen die Kirche vorwerfen. Gab es die? Haben wir uns nur mitreißen lassen von den Medien in Deutschland und Europa, wenn es um sexuelle Gewalt und Übergriffe auf Schutzbefohlene ging?

Ich komme beim besten Willen nicht zu diesem Ergebnis. Man konnte in dieser Zeitung viele Informationen über Opfer lesen, um die es zu allererst gehen musste, aber auch ausführliche und sensible Texte über Täter oder das Verhalten kirchlicher Würdenträger. Kaum ein Argument im Sinne der Kirche war ausgelassen. So kam Würzburgs Bischof in einem ganzseitigen Interview zu Wort. Für Verfehlungen in anderen Institutionen finden sich ebenfalls Veröffentlichungen.

Bei meiner Ursachenforschung riskiere ich den Versuch, mich in enttäuschte Gläubige wie unseren Abbesteller hineinzuversetzen. Deren Lebensweg bestimmt stark ihr Glaube. Der ist nicht zu trennen von Kirche und Geistlichkeit, die für sie über jeden Zweifel erhaben sind. Genau der konnte sich beim Zeitunglesen nun einschleichen.

Es ist aber nicht Absicht der Redaktion, Menschen ihrer Orientierung zu berauben. Im Gegenteil: Nahezu vor jeder der Veröffentlichungen wurde auch darüber diskutiert. Was danach gedruckt wurde, erfüllt – selbst wenn ich nicht jede Formulierung auf den Prüfstand stellen kann – strenge ethische Vorgaben. Von Journalisten wurde nichts erfunden oder hinzugefügt. Verschweigen oder Verharmlosen verbietet sich für sie. Die ausführliche Berichterstattung über Gewalt und sexuelle Übergriffe in kirchlichen Einrichtungen war wegen deren Bedeutung und der hohen moralischen Ansprüche von öffentlichem Interesse. Und Kirchenportale dürfen für die Pressefreiheit nicht verschlossen bleiben.

Ich glaube, den klassischen Fall zu erkennen, dass die Überbringer schlechter Nachrichten bestraft werden, nicht die Verursacher. Doch egal was Journalisten glauben, sie müssen auch diese Kritik ertragen, selbst wenn sie – wie Mike Hoyt es gesagt hat – schwer fassbar ist.

 
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  • Die Mainpost ist wahrlich kein gutes Beispiel für schlechten Journalismus, allerdings nicht frei von gruppendynamischen Prozessen. Was den Begriff "Achtung vor der Wahrheit" angeht, sehe ich diese Achtung von Medien alltäglich verletzt. Wenn etwas geachtet ist, ist es die Achtung vor Meinungsvielfalt. - Unter "Achtung vor der Wahrheit" verstehe ich jedoch umgekehrt auch "Scheu vor der Unwahrheit". Das kann ich keinesfalls erkennen. - Wollte man Verstöße gegen den Pressekodex (unter Beweislast)nachweisen, müßte ein Redakteur schon sehr unproffessionell gegen "Don'ts" verstoßen haben. Nein, es ist subtiler. Da ist - in unserem beliebigen Beispiel - ein sehr konservativer Bischof, mit dem einige ein Hühnchen zu rupfen haben. Da sind sexuelle Mißbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Da wird beides zusammengeschustert. Am Ende ist eine Person gesellschaftlich ruiniert, was jetzt bei Mixa relativ wenig Schaden zur Folge hat, da seine Zukunft wegen Pension nicht verbaut ist. Und keiner wars. - Achtung vor der Wahrheit??????
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  • Stimme mit ihren Ausführungen über das Eigenleben von Systemen duchaus überein, ein geradezu typisches Beispiel dafür ist im übrigen die kathl. Kirche, wenn man sie mit der urchristlichen Gemeinde vergleicht. Ich kann allerdings nicht erkennen, dass mit der Pressefreiheit kein ethischer Anspruch verbunden wird. Ein kurzer Auszug aus dem Pressecodex, den Regeln des Deutschen Presserates, der freiwilligen Selbstkontrolle der Presse:
    * Achtung vor der Wahrheit und Wahrung der Menschenwürde
    * Gründliche und faire Recherche
    * Klare Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen
    * Achtung von Privatleben und Intimsphäre
    * Vermeidung unangemessen sensationeller Darstellung von Gewalt
    u. Brutalität
    Dieser Codex wird ständig überarbeitet und den sich verändernden gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst.
    Im Rahmen der Feier seines 50-jährigen Jubiläums hat der Presserat im November 2006 in Berlin den novellierten Pressekodex an Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler übergeben und gleichzeitig der Öffentlichkeit vorgestellt.
    Hier hat also ein System eine ethische Ebene über der juristischen Ebene eingezogen. Damit ist freilich nicht gesichert, dass sich alle Mitglieder des Systems daran halten, auch das ist letztlich systemimmanent.
    Deswegen wende ich mich gegen eine allgemeine Medienschelte, man muss einem Medium (z.B. MainPost) dann schon konkret Verstöße gegen den Pressecodex nachweisen.

    R. Sebastian, Würzburg
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  • Comte mag seinen Positivimus-Begriff altruistisch gemeint haben so wie auch Descartes seinen Aufklärung-Begriff religiös gemeint hat. Das Problem ist, dass Systeme dazu neigen, sich von ihren Schöpfern zu emanzipieren und ein Eigenleben zu führen. Das passiert immer dann, wenn der Mensch Systeme nicht als Diener, sondern als Herren, also als Ideologie, verstehen. In diesem Sinne habe ich heute den Eindruck, dass beispielsweise Meinungs- und Pressefreiheit - an sich und nach wie vor wertvolle Errungenschaften einer Gesellschaft - insofern idelologisiert werden, dass man damit keinen ethischen Anspruch damit verbindet, da nicht system-immanent gefordert. Anders gesagt: Würde Presse- und Meinungsfreiheit ethisch verantwortlicher betrieben, wäre Berichterstattung anders.
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  • Die Aussage "Deshalb ist dem Positivisten alles erlaubt, was nicht verboten ist" kann so nicht stehen bleiben. Der Begründer des Positivismus, August Comte, wollte den Positivismus als quasi wissenschaftlichen Religionsersatz installieren, sah aber deutlich im Zentrum des Zusammenlebens "Mitgefühl und Altruismus" Damit stand er teilweise im Widerspruch zu den erkenntnistheoretischen Optionen des Positivismus. Sie beziehen die von mir kritisierte Aussage rein auf den Rechtspositivismus, der aber nicht alleinige Handlungsmaxime eines "Positivisten" sein kann. Unabhängig von nationalen oder internationalen Gesetzen ist für mich der KANTsche Imperativ immer noch die auch realistisch verwirklichbare Handlungsmaxime, die sich letzlich aber aus der Einsicht des Menschen ergibt. Ich will dabei jetzt nicht näher auf evolutionsbiologische Erkenntnisse über die genetische Fixierung von altruistischem Verhalten nicht nur bei Primaten eingehen.

    R. Sebastian, Würzburg
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  • "Dieses "Sein" kann aber nur als Summe der Wahrnehmungen erfasst werden." - Richtig, aber: Das Sein ist nicht qualifiziert durch Erfassung, sondern durch Sein. - Wenn wir uns erinnern an den Grund dieser Diskussion, heißt das konkret: Ein positivistisch Denkender läuft Gefahr, positivistische Regeln (z.B. Recht und Gesetz oder Pressefreiheit und Meinungsfreiheit) mit ethischen Grundgesetzen gleichzusetzen. Deshalb ist für den Positivisten alles erlaubt, was nicht verboten ist. - Der über das objektivierbar Erfassbare hinaus Denkende schaut dagegen, ob positivistische Regeln mit ethischen Grundgesetzen übereinstimmen. -Das ist etwas ganz anderes. - Auf den konkreten Fall bezogen: Die Art der Berichterstattung zum Fall Mixa war positivistisch gesehen korrekt, darüber hinaus nicht. - Ich sehe einen kulturellen Verlust dadurch, dass es eines Tages sein könnte, dass Menschen in Gesetzestexten nachblättern müssen, um zu wissen, was "sich gehört", weil der innere Bezug dazu deaktiviert ist. Oder ist das heute schon so und ich habe geschlafen?
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  • Ihrem letzten Satz stimme ich inhaltlich voll zu, das ist auch mein Denkansatz. Nur die Unterscheidung in positivistischen und geistigen Denker kann ich nicht nachvollziehen, auch der Positivismus ist Ergebnis geistigen Tuns. Und selbstverständlich ist Wahrnehmung ohne "Sein" nicht möglich, dieses "Sein" kann aber nur als Summe der Wahrnehmungen erfasst werden.

    R. Sebastian, Würzburg
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  • Der Grundunterschied besteht darin, dass der positivistische Denker das Sein als Summe seiner Wahrnehmung versteht, während der geistige Denker seine Wahrnehmung als Folge von Sein interpretiert. - Für mich entscheidend: Die Realität kümmert sich nicht um meine Wahrnehmung, deshalb muss ich mich um die Realität kümmern.
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  • @evakurt,wir drehen uns argumentaiv im Kreis. Das Postulat eines "Seins darüber" hilft uns nicht weiter, wenn die "Nichtexistenz dieses Seins darüber" genauso wahrscheinlich ist wie seine Existenz.
    Ganz vereinfacht ausgedrückt, eine Behauptung, die weder falsifizierbar noch verifizierbar ist, ist schlichtweg eine unbrauchbare Aussage, wenn man darauf ein Gedankengebäude errichten will. Dieses ist dann genauso spekulativ wie seine Grundannahme.

    R. Sebastian, Würzburg
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  • H. sagt sinngemäß, dass unsere Wahrnehmung onto-logisch Folge eines Seins darüber ist. Dieses Sein kann er naturgemäß nicht nachweisen, weil der Nachweis ja geradezu Falsifizierung seines eigenen Postulats wäre. Diese ontologische Differenz ist so etwas wie die philosophische Variante der Heisenbergschen Unschärferelation. - Auf Ebene unser eigendimensionalen Wurschtelei ist das allerdings belanglos - soweit sind wir uns einig.
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  • @evakurt, in der Tat es würde den Rahmen dieser Diskussion sprengen (und am Thema vorbeigehen) hier über Heideggers Fundalmentalkritik an der gesamten Metaphysik, seine Ablehnung der Erkenntnistheorie, seine Technikphobie und seine philosophischen Irrungen während des dritten Reiches zu disputieren. Ob aber mit nebulösen Formulierungen der Art: "Das Sein bleibt also stets das Sein eines Seienden" wesentliches zu unserem Thema beigetragen werden kann, vermag ich schwer zu erkennen. Und welche grundlegende philosophische Einsicht in der "Ontologischen Differenz" versteckt sein mag, mögen Berufenere diskutieren. Nur auch Heidegger stützt sein Gedankengebäude auf Prämissen, die nicht belegbar sind wie die, dass der Welt eine Sinnhaftigkeit innewohne. So vermag auch Heidegger nichts Wesentliches zu der prinzipiellen Frage beizutragen: Ob es eine ethische Ebene überhalb der menschlichen
    geben müsse.

    R. Sebastian, Würzburg
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  • Ja, letztlich sind das in der Tat alles Hilfsmodelle und ich bestehe ja überhaupt nicht darauf, dass ICH wüßte, wo es verbindlich langgeht. Ich bestehe nur darauf, DASS es etwas gibt, wo es verbindlich langgeht. Früher hat man mal das sogenannte Gewissen als innermenschliche Instanz verstanden, mit der man ethisch verbindliche Wege finden könne. Man kann dieses altmodische Wort meinetwegen mit "Innere Führung" ersetzen. - Ich bin weder Mixa-Fan noch Katholik, jedoch wird es mich beim nächsten Mal genauso stören, wenn ich sehe, dass das öffentliche Mainstream-Verhalten nicht von dem maßgeblich geprägt wird, was man - wieder altmodisch gesagt - als Wahrhaftigkeit bezeichnet. Wahrscheinlich alles, was da in den letzten Wochen gelaufen ist, ist legal. Aber es macht nicht den Eindruck, dem Anspruch der Wahrhaftigkeit gerecht werden zu wollen oder zu können. Und jetzt kommt der nächste und sagt, dass es viele Wahrhaftigkeiten gibt und schon wieder gibt es keine Orientierung - außer Recht und Gesetz, die ich unbedingt und gerne als kleinsten gemeinsamen Nenner akzeptiere. - Wollte man dieses Thema vertieft diskutieren, würde man inweigerlich auf Heideggers "Ontologische Differenz" stoßen - aber das geht hier wirklich zu weit.
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  • Ich bin weniger ratlos, denn ich kann mich den Ausführungen von Hr. Sebastian und Hr. Sahlender nur anschließen, möchte diese noch von einem anderen Aspekt her ergänzen.

    ALLE Religionen und Glaubensgemeinschaften dieser Welt, berufen sich mehr oder minder auf eine Art "Alleinanspruch" auf eine gottgegebene Ethik, Moral und Richtschnur, die über allen säkularen Dingen der Welt vermeintlich stehen würde. Besonders eklatant tuen das die montheistischen großen Religionen / Weltansschuungen, also Islam, Christentum und jüdische Welt.

    ABER, wir dürfen dabei nicht vergessen, dass all diese Religionslehren nichts anderes sind als "Hilfsmodelle", die versuchen die Welt zu einer besseren, ethischeren, moralischeren zu machen. Die über Jahrtausende von MENSCHEN aufgeschrieben und überliefert wurden, durch alle Zeiten hindurch dem Wandel und der historischen Entwicklung unterworfen. Ergo, KANN es allein auf Grund der nüchternen Logik keinen ABSOLUTHEITS-ANSPRUCH auf "die Wahrheit" geben, es sei denn er wird -- wieder von Menschen! -- als solcher POSTULIERT.

    Menschenrechte, die UN-Charta, alles was sich die säkulare Welt im Laufe der Zeit sich SELBST gegeben hat, haben genauso viel Gültigkeit, Anspruch auf Wertigkeit, wie jede Religion dieser Welt. Selbst atheistische, agnostische, u.a. ... Weltansschauungen müssen keineswegs WENIGER ETHISCH sein, als jedes religionsbasierte Gedankenkonstrukt.

    Denn eines sind letztlich alle Weltanschauungen und Religionen dieser Welt:
    Sie sind HILFSMODELLE der Welterklärung und versuchen dem Menschen Richtschnüre zu geben, um eine Leben in der Gemeinschaft dieser auf einem hohen ethisch-moralischen Niveau zu fördern.

    Dass dieser Wunsch auch schon oft genug zum krassen Gegenteil geführt hat, ganze Völker in fürchterliche Kriege, Blut, Hass und Elend geführt hat, ist leider AUCH eine historische Tatsache, die bis zum heutigen Tag in den radikal-fundamentalistischen Interpretationen der Glaubenslehren ihren traurigen Niederschlag findet. traurig

    Jede Lehre wird demnach zur Gefahr sich selbst zu pervertieren, wenn sie denn einen Unfehlbarkeitsanspruch postuliert. Insofern rechtfertigt allein dieser Umstand immer wieder die kritische Auseinandersetzung mit ihren Inhalten.

    MfG LE
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  • Die Kritik von @antonsah hat sehr wohl etwas mit ihren Ausführungen zu tun.
    Ihre ganze Argumentatiion steht und fällt mit der schieren Behauptung, es existiere ein Gott, der ethische Normen vorgibt. Nur gibt es für diese Behauptung keine Belege. Deshalb sind atheistische, agnostische, pantheistische, deistische Weltsichten genauso wahrscheinlich wie die Ihre .Aus deren Sicht heraus fällt aber ihr gesamtes Gedankengebäude in sich zusammen, da die Grundannahme fehlt. Man kann sich nicht über einen Gott stellen, der möglicherweise nicht existiert. Trotzdem ermöglicht und schützt unserer derartiges Gesellschafts- und Rechtssystem auch ihre Ansicht!
    Das glaube ich wollte @antonsah zum SAusdruck bringen.

    R. Sebastian, Würzburg
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  • Jeder Ihrer Sätze ist richtig und hat gleichzeitig ziemlich wenig mit dem zu tun, was ich kritisiere. - ??? - Stop, eine Ausnahme: Ich glaube schon, dass es eine gottgewollte Ethik gibt, die sich nicht von weltlichen Gesetzen abhängig machen darf – sonst wären beispielsweise Todesurteile gegen 15-Jährige (USA, etc) Ausdruck von Ethik, was ja hoffentlich ernsthaft keiner behauptet. - Ich vermute fast, dass sich in unserer Diskussion unterschiedliche Kulturkreise reiben. Insofern respektiere ich auch Ihre Meinung.
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  • antonsah
    Niemand stellt sich über Gott, wenn er den Zustand der Kirche kritisiert und/oder für säkulare Vernunft plädiert. Ich habe das jedenfalls nicht vor. Sie sollten überdies noch bedenken, dass es Menschen gibt, die nicht an Ihren oder einen anderen Gott glauben. Medien und jedem Menschen in diesem Lande ist es grundgesetzlich gestattet, anders als Sie zu denken. Und von Medien darf man eine veröffentlichte Beurteilung der Situation erwarten, selbst wenn die anders ausfällt als die Ihre. Dann steckt dahinter keine Kampagne, sondern die wichtige Wahrnehmung der Freiheit der Presse. Ich respektiere also Ihre Aussagen als Ihre Meinung und Ihre Interpretationen der Situation. Sie sind damit aber ebensowenig im Besitz der Wahrheit - wie ich. Ich vermag Ihre Interpretationen für mich nicht zu übernehmen, weil ich darüber das Gefühl bekomme, dass Sie Kirche und Glauben über Gesetze stellen soll. Damit würden Sie sich überheben.
    Ich empfehle, die Ursachen und Verursacher zu betrachten und sich damit zu beschäftigen. Schlecht scheint es mir, Schuldige (für Missbräuche und Kirchenkrise, die ich durchaus in einem Zusammenhang sehe) in Dritten zu suchen. Damit helfen Sie der Kirche nicht weiter.
    Anton Sahlender, Leseranwalt
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  • Fokussiert man den Blick auf das Thema selbst, nämlich "Sexueller Missbrauch von Kindern", ist Ihrer Einlassung absolut zuzustimmen. Wäre die Fokussierung auf dieses Thema Leitlinie der Berichterstattung im Zusammenhang mit Mißbrauch in kirchlichen Einrichtungen gewesen, hätte es keine Diskussion über die Kirche an sich geben müssen. So aber wurde aus der Verarbeitung des Themas "Sexueller Missbrauch" geradezu ein Schlagabtausch über Sinn und Unsinn der Kirche - so ungefähr mit dem Ergebnis, dass es mit weniger Kirche und mehr säkularer Vernunft in der Gesellschaft weniger sexuellen Mißbrauch gäbe. Damit aber wurde das Kind mit dem Bad ausgeschüttet. Mein Einschätzung dazu bleibt, dass sich die säkulare Selbstsetzung der modernen Gesellschaft überhebt, wenn sie sich gleichsam über Gott stellt. Das erinnert sehr stark an den Zwerg, der auf den Schultern des Riesen steht und sagt: "Ich bin größer als Du". - Was hat diese meine Anmerkung mit dem aktuellen Fokus "Sexueller Mißbrauch an Kindern" zu tun? - Genauso viel wie die Tendenz der Berichterstattung zu diesem Fokus in den vergangenen Wochen.
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  • Die Main-Post beschränkt sich in ihrer Berichterstattung über sexuellen Missbrauch keineswegs auf die katholische Kirche. Nachprüfen kann das, wer im Main-Post-Archiv nach dem Begriff "Wildwasser" sucht. Das ist ein Verein gegen den sexuellen Missbrauch von Mädchen und Frauen. Die Main-Post berichtete vielfach über die Arbeit des Vereins. Vor 2 Jahren sammelte sie 25.000 Euro, mit denen Wildwasser jetzt Präventionsarbeit in Kindergärten und Schulen betreibt.

    Ein Beispiel für viele Artikel über sexuellen Missbrauch in der Familie finden und seine Folgen finden Sie hier: http://www.mainpost.de/4549221

    Wolfgang Jung
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  • Gerne beantworte ich Ihre Fragen, wobei dies weit den Rahmen dessen sprengt, was hier unmittelbar thematisch zur Diskussion steht. Ad 1: Systemistische Liturgien: Unsere Zeit ist dominant geprägt von professionell entwickelten Automatismen und auch Lobbyismen, die substantiell ihre Bindung zu ethischen Grundsätzen verleugnen. Zufälliges Beispiel: BP hat jetzt gerade darauf hingewiesen, dass die Ölplattform nur geleast war - zu Ende gedacht: Man will sich professionell einer substantiellen Verantwortung entziehen und das Recht wird BP recht geben, weil das Recht an Gesetze gebunden ist. Anderes Beispiel: Es ist rechtskonform, dass einerseits das Essen einer Maultasche auf dem Weg zum Mülleimer eine fristlose Kündigung zur Folge haben darf, währenddessen die Wallstreet-Gangster gegen die Welt nicht vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zur Verantwortung gezogen werden können. Warum? - Weil es das Rechtswesen nicht besser kann. - Bin ich gegen das Rechtswesen? Nein, aber ich sehe, was es kann und was es nicht kann. – Das Rechts- und somit Gesellschaftssystem muss per Definition in erster Linie die Einhaltung von Gesetzen und Regeln sichern und kann erst dann gucken, ob damit auch ethische Grundsätze geschützt werden – wenn beides zusammenfällt (was ja oft vorkommt), ist es gut, wenn nicht, ist es wurscht, bestenfalls bedauerlich, also auch wurscht. Da das, was – vereinfacht gesagt – „sich gehört“, nicht systemrelevant im Sinne all dieser Systeme (vom Rechtssystem bis zum Wirtschaftslobbyismus) ist, entstehen gleichsam virtuelle Ersatzreligionen (das Zivilrecht bezeichnet sich übrigens selbst als „virtuelles Recht“), deren Macht eben nicht durch ethische Verwurzelung (auf die ja Kant baut), sondern durch Durchsetzbarkeit geprägt ist, also darwinistisch ist, wenn man so will. Diese Haltung bezeichne ich, ad 2, im wörtlichen Sinne als „halb stark“, da zwar mächtig, aber innerlich schwach. – Was, ad 3, die konkreten Beiträge der Mainpost angeht, kann ich in der Tat nicht DEN Satz nennen, der direkt angreifbar wäre – erstens, weil die „don‘ts“ unter Profi-Journalisten bekannt sind und vor allem, zweitens, weil ich der Mainpost ja überhaupt nicht absichtliche Fehl-Mobilisierung unterstelle. Nein, das ist es nicht. Es ist – und somit sind wir beim nächsten von Ihnen angefragten Begriff – Ausdruck von System-Trieb: Da liegt was in der Luft, man greift es im Rahmen seines Auftrags auf - ein gruppendynamischer Prozess. Ad 4: Dass sexueller Missbrauch durch Priester im Amt gesellschaftlich schwerwiegender ist als bei irgendeinem Privatmann, ist zustimmungswürdig. Ad 5: Mixa – und das ist wieder einmal so ein typischer Medien-Fall – hat (nach meinen Informationen) NICHT gelogen, sondern „schwere Züchtigung“ geleugnet, also „Watschn“ ausdrücklich eingeräumt. Das interessiert aber in den Medien nicht – ein kleines, aber feines Beispiel für das, was ich meine. – Bitte jetzt keine Diskussion, ob „Watschn“ gut oder schlecht sind: Darum geht es mir nicht.
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  • Wenn wir schon über "systemische Zusammenhänge" debattieren, dann geht es in der ganzen Debatte vor allem auch um die STRUKTURELLEN Hintergründe und Ursachen, die einen solchen gewaltigen und über Jahrzehnte andauernden Missbrauch von Opfer erst ermöglicht und begünstigt haben, dessen Vertuschung und Verschweigen gefördert und -- auch dies ist dringend transparent zu machen! -- um die rechtliche SONDERSTELLUNG die sich die Organisation Kirche als EINZIGE in unserer Gesellschaft jenseits unseres Rechtssystems gesichert hat.

    Wenn man bedenkt, dass JETZT erst durch den Druck der Öffentlichkeit und auch Dank der Medien, es zu einem "Zugeständnis" der Führungsriegen der RKK langsam kommt, man wolle in Zukunft auf gleicher Höhe mit dem weltlichen Rechtssystem eng mit den Staatsanwaltschaften in allen Fällen von Vergehen und Verfehlungen, die strafrechtlich relevant sein könnten, zusammenarbeiten und das Kirchenrecht ggf. "anpassen", dann spricht das deutlich aus, WO der Hund begraben liegt. Und das schon sehr lange!

    All diese Unfassbarkeiten haben nun gar nichts mit irgendwelchen "privaten oder medialen Rachefeldzügen" zu tun, können auch nicht mit noch so intellektualisierten Phrasen vom Tisch gebürstet werden, sie sind ein Skandal allein durch ihre Existenz. Die RKK hat sich im Laufe ihrer Geschichte eben als Staat im Staate etabliert, abseits der schnöden weltlichen, säkularen Einrichtungen einen Sonderraum erhalten, der eben leider auch solche Täter schützte und beschütze.

    Wer diese unerträglichen Verhältnisse wegzudiskutieren versucht oder gar die "Ankläger" verunglimpft, der macht sich an den zahllosen Opfern erneut schuldig, nicht die Kritiker, die den Finger auf eben diese Wunde legen, die es zu schließen gilt. Und zwar von ganz innen und von ganz oben. Der Weg dorthin mag offen stehen jetzt, ob er auch beschritten wird, wird uns die Zukunft weisen.

    MfG LE
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  • Ich muss trotz ihrer versuchten Richtigstellung anmerken, dass einige ihrer verwendeten Begriffe unklar, ja mir fast nebulös erscheinen. Was bitte habe ich mir unter "Systemtrieb", "virtuellen systemischen Liturgien", "Lobbyismus als moderne Religionsform" vorzustellen? Meinten sie wirklich den "Generalkonflikt zwischen geistlichem (oder doch geistigem?) Horizont und säkularer Sichtweise"? Und wenn ja was verstehen sie unter "geistlichem Horizont"? Das Szenario, das sie uns hier schildern, das sich ihrer Meinung nach im Hirn von "intellektuellen Halbstarken" (auch dieser Begriff ersaheint mir erklärungswürdig) aufbaut, halte ich schlicht und einfach für übertrieben - ich glaube nicht, trotz all der Kommentare hier, das ein ernst zu nehmender Anteil der Main-Post-Leser geistig derart einfach gestrickt ist. Außerdem bleiben sie wieder den Nachweis schuldig in welchen Artikeln, bzw. Kommentaren sich die Main-Post an der "Mobilisierung der Massen" beteiligt hat. In allen Fällen wurde zunächst ein Mal berichtet und die Kommentare und Meinungen von Redakteuren zu diesem Thema waren meiner Meinung nach durchaus diskussionswürdig. Ich gebe ihnen in soweit Recht, dass unter Beteiligung der Medien immer wieder ein Mal eine andere Sau durchs Dorf getrieben wird. Nur würde ich dem Durchschnittsleser durchaus zutrauen, dies zu erkennen und sich entsprechend seine Meinung zu bilden. Was viele Kommentatoren hier offensichtlich nicht erkennen, es geht nicht nur um die Missbrauchsfälle an sich, sondern es geht um den UMGANG der Organisation Kirche mit diesen Missbrauchsfällen. Weiter wird übersehen, dass diese Organisation nicht mit anderen zu vergleichen ist. Im Gegensatz zu den anderen Organisationen beansprucht die Kirche eine ethisch-moralische Führungsrolle, aus der sie Regeln, Vorschriften, Verbote bis in jeden Lebensbereich der Gläubigen ableitet. An diesen muss sich die Kirche dann einfach auch messen lassen. So war der Hauptvorwurf gegen Biscxhof Mixa auch nicht die "Watschn", sondern dass er gelogen hatte. Wie man auf andere Art mit persönlichen und durchaus auch menschlichen Verfehlungen umgehen kann, hat uns Pastorin Käßmann eindrucksvoll demonstriert.

    R. Sebastian, Würzburg
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