Auch wenn noch nicht alle Veranstalter ihre Homepages auf den letzten Stand gebracht haben und die eine oder andere Großveranstaltung weiterhin beworben wird, so können Konzertbesucher grundsätzlich davon ausgehen, dass alle Veranstaltungen auf Beschluss der Staatsregierung bis einschließlich 19. April, zu denen mehr als 1000 Besucher erwartet werden, abgesagt sind beziehungsweise auf einen neuen Termin verlegt werden. Laut Veranstalter Argo kann zum Beispiel am Freitag "Rock meets Classic" mit Alice Cooper in der s.Oliver Arena in Würzburg "aus gegebenem Anlass" nicht stattfinden. Es werde an einem Ersatztermin gearbeitet, weitere Informationen sollen folgen.
Unsicherheit herrscht vor allem bei kleineren Veranstaltungen – bei Kunden wie bei Veranstaltern. Laut Staatsregierung sollen bei Terminen mit 500 und 1000 Teilnehmern die Kreisverwaltungsbehörden "eine genaue Risikobewertung" vornehmen, im Zweifel werde Zurückhaltung empfohlen.
Jochen Bähr, Geschäftsführer des Literaturfestivals MainLit, berichtet: "Wir haben uns bemüht, für entsprechende Veranstaltungen eine Risikobewertung zu bekommen. Kriterien dafür lagen aber noch nicht vor, deshalb haben wir uns entschieden, proaktiv zu verschieben."
Gemeint ist damit die Lesung mit der Moderatorin und Autorin Dunja Hayali aus ihrem Buch "Haymatland" (850 verkaufte Karten), geplant für Samstag, 14. März, im Vogel Convention Center. Diese und die Lesung mit Gregor Gysi sollen im Herbst nachgeholt werden. Der Auftritt von Thrillerautor Sebastian Fitzek fällt mit über 1000 Teilnehmern ohnehin unter das Verbot. Hier gibt es schon einen neuen Termin: Fitzek liest am 26. Oktober, 19.30 Uhr, im Congress Centrum Würzburg aus "Das Geschenk".
Alle anderen Veranstaltungen von MainLit sollen wie geplant stattfinden, so Bähr. "Die Autoren kommen alle, die Besucher auch." So sei bislang auch nicht festzustellen, dass Besucher, die bereits Karten gekauft haben, den Lesungen aus Vorsicht fernbleiben. Es kämen zwar viele Anfragen, ob Veranstaltungen stattfinden, so Bähr, "und die, die dann hingehen, die sind total gechillt."
Am Mittwochnachmittag haben Stadt und Landkreis nun eine gleichlautende "Allgemeinverfügung" für alle "öffentlichen oder privaten Veranstaltungen, Vergnügungen und sonstige Ansammlungen sowie Versammlungen und Aufzüge" in Stadt und Land erlassen. Für Veranstaltungen ab 500 und bis bis 1000 Personen in geschlossenen Räumen gilt unter anderem Folgendes: Für jede Person müssen jederzeit mindestens vier Quadratmeter Aufenthaltsfläche zur Verfügung stehen, maximal dürfen 150 anwesende Personen interagieren, zum Beispiel Tanzen. Und weiter: "Bei Bestuhlung dürfen nicht mehr als 500 Personen gleichzeitig anwesend sein. Sofern Stuhl- oder Bankreihen vorhanden sind, können diese auch über 500 Personen bis zur maximalen Kapazitätsgrenze 1000 anwesende Personen aufnehmen, sofern jeweils eine Stuhl- oder Bankreihe abwechselnd unbenutzt bleibt."
Dunja Hayali hat unter der Überschrift "Prävention ist keine Hysterie – und Ignoranz kein Mut" in Facebook die Verschiebung ausführlich begründet. Sie habe kein Verständnis für die, "die ignorant glauben, sie wären vollständig risikolos unterwegs, der Virus könne ihnen nichts anhaben, die nicht bereit sind, mit darauf zu achten, dass andere keinem unnötigen Risiko ausgesetzt werden. Aber schimpfen und ärgern nützt ja nix". Sie wolle "gelassen aber seriös einen Beitrag dazu leisten, eine unnötige Ausbreitung des Virus verantwortungsvoll zu vermeiden, mindestens aber zu verlangsamen".
Das Moratorium für Großveranstaltungen wirft für Inhaber bereits gekaufter Eintrittskarten Fragen auf. Bei der Verschiebung von Terminen behalten die Tickets ihre Gültigkeit. Was aber, wenn jemand seine Karten dennoch zurückgeben möchte? Bei MainLit etwa bekommt man sie erstattet. "Warum sollten wir Gäste verärgern", sagt Jochen Bähr. Andere Veranstalter wollen dazu erst noch informieren.
Laut einer Pressemitteilung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst hat sich Minister Bernd Sibler für eine Kulanzregelung eingesetzt: „Wer für diesen Zeitraum ein Ticket gekauft hat, kann dieses an den entsprechenden Einrichtungen zurückgeben und erhält sein Geld selbstverständlich zurück." Dies sei eine vertrauensbildende Maßnahme und verdeutliche den hohen Wert von Kunst und Kultur für den Freistaat.
Der Beschluss der Staatsregierung sieht auch vor, dass die Vorlesungszeit an den Bayerischen Kunsthochschulen erst am 20. April 2020 beginnt und zudem alle staatlichen Konzertsäle bis einschließlich 19. April 2020 geschlossen sind. "Dies hat zur Folge, dass alle Konzerte an der Hochschule für Musik Würzburg, die in diesem Zeitraum liegen, entfallen werden", so eine Mitteilung der Hochschule. Betroffen sind etwa das Antrittskonzert der neuen Gesangsprofessorin Alexandra Coku, ein Jazzkonzert mit Hans Peter Salentin und Band, die beliebten Mittagstermine "Musik publik" und Vorspielabende verschiedener Instrumentalklassen.
Der Münchner Beschluss betrifft im übrigen nicht nur kommerzielle Kulturveranstaltungen. So muss auch das Gedenkkonzert im Kiliansdom am Montag, 16. März, zum 75. Jahrestag der Zerstörung Würzburgs ausfallen. Die Veranstaltung hätte über 1000 Besucher erreicht. Bereits gekaufte Karten können bis spätestens 17. April bei der jeweiligen Verkaufsstelle zurückgegeben werden, das Geld wird dann erstattet, so eine Mitteilung der Diözese.
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