Als die streitbare ZDF-Journalistin Dunja Hayali in der Buchhandlung Hugendubel in Würzburg aus ihrem Buch "Haymatland" las, in dem es um ihre Vorstellung von Heimat, Deutschland, Demokratie und Fremdenfeindlichkeit geht, wurde es lebhaft. Bis nach Mitternacht diskutierte sie mit ihren mehr als 160 Zuhörern. Nebenbei erfuhren diese viel über die Autorin selbst, der etwas "zappeligen, chaotischen und unpünktlichen" (Zitat Hayali) Journalistin, der Hundeliebhaberin, überzeugten Christin und ehemaligen Ministrantin. Erstaunt waren viele, als sich Hayali, die den meisten als ausgeschlafene Polit-Moderatorin aus dem Morgenmagazin bekannt ist, als "Morgenmuffel" outete.
Die Journalistin brennt für ihren Beruf
Vier Stunden lang redete sich die sympathische Autorin in Rage, nur, um erneut den roten Faden zu verlieren, um "jetzt etwas wirklich Wichtiges zu erzählen". Zum Beispiel von ihren aus dem Irak stammenden Eltern, auf deren Lebensleistung sie stolz ist, vom Vater, einem angesehen Arzt in Datteln in Nordrhein-Westfalen, der heute dement in einem Pflegeheim lebt, von ihrem Traumjob als Journalistin, ihrem ständigen Ringen um die Wahrheit, um Meinungen, Dialog und ehrlichen Streit.
Man spürt: Hayali brennt für ihren Beruf. Dafür diskutierte sie sogar mit einem wütenden Mob aus "besorgten Bürgern" im September 2018 in Chemnitz, der ihr vor die Füße spuckte und versuchte, sie lauthals niederzuschreien. Die Journalistin war nach den Ausschreitungen rechter Gruppen gegen Migranten, Passanten, Polizisten und Pressevertreter vor Ort. Anlass war der Totschlag eines Mannes. Die Täter hatten, ebenso wie das Opfer, einen Migrationshintergrund oder waren Geflüchtete.
Beschimpft, bepöbelt und mit dem Tod bedroht
Die Journalistin der Öffentlich-Rechtlichen mit dem ausländisch klingenden Namen ist für viele eine Projektionsfläche. Für die einen ist sie die aufrechte Kämpferin für Demokratie und gegen Fremdenhass. Von anderen wird sie beschimpft, bepöbelt und sogar anonym mit dem Tod bedroht. Trotzdem verbringt sie Stunden am Tag damit, Leserbriefschreibern zu antworten. Die vielerorts ausgelebte "Hasskultur" findet sie unerträglich. Sie will erklären, zuhören und versuchen zu verstehen, statt als Opfer dazustehen - und damit anderen Mut machen, denen es ähnlich ergeht.
Wie ihre Lesung in Würzburg ankam
In Würzburg sprach sie offenbar einigen aus der Seele, die selbst Diskriminierung erleben: darunter eine Frau, die sich in der Behindertenarbeit engagiert und im Rollstuhl sitzt und ein Deutscher, dessen Eltern aus Ägypten stammen. Er sagte: "Auf die Frage, warum wir nie wieder nach Ägypten zurück sind, deutete mein Vater auf das Grundgesetz". Sichtlich bewegt beendete Hayali ihre Lesung und verriet in einem Gespräch, warum sie garantiert noch einmal nach Würzburg kommt.
Dunja Hayali: ...was für eine schöne Stadt, ich muss unbedingt nochmal herkommen! Die schönen Restaurants, Bars, die Altstadt, der Blick auf die Burg, die offenen und zugewandten Menschen...
Hayali: ...immer auch der Ort, wo meine Familie und Freunde sind. Es ist das Paradies, aus dem man nie vertrieben werden kann.
Hayali: ...jeder Ort, an dem ich mit Emma (Anmerkung der Redaktion: ihrem Hund), war.
Hayali: ...Trauer.
Hayali: ...wichtig, aber im Gegensatz zu vielleicht so manch anderem würde ich Europa nicht als meinen Heimatort bezeichnen, denn das ist Deutschland.
Hayali: ...ermuntere ich bis dahin jeden, zur Wahl zu gehen, weil es eine Pflicht ist, sein Kreuz zu setzen. Das Wahlrecht ist ein Recht, das wir uns hart und mühsam erkämpft haben.
Hayali: ...weil ich dauernd "warum?" frage und somit offiziell den Leuten auf die Nerven gehen kann.
Hayali: ...Polizistin sein, zum FBI gegangen sein oder irgendwas mit Tieren machen.
Hayali: ...läuft es mir immer noch ab und an kalt den Rücken runter.
Hayali: ...er destruktiv ist, viele Menschen verletzt und er am Ende auch nichts bringt - auch im Übrigen für diejenigen, die hassen, nichts bringt.
Hayali: ...atme ich viel, versuche zu ergründen, ob derjenige vielleicht doch einen Punkt hat und versuche dann mit Humor, Sarkasmus oder mit Fakten darauf zu reagieren.
Hayali: ...nicht jeder bekommt, was er will, aber auch, dass es eine Option für jeden von uns ist, sich einzubringen.
Hayali: ...den Tanzbereich des anderen nicht verletzt.
Hayali: ...viel mehr Zeit haben (lacht).
Hayali: ...da, wo sie passen, sinnvoll. Aber bei vielen Dingen ist es nun mal so, dass es keine einfachen Antworten gibt, weil die Welt sehr komplex geworden ist und das führt bei vielen zur Überforderung - was ich verstehen kann.
Hayali: ... die Grundlage meines Berufs.
Hayali: ...wünschte ich mir oft, dass das Licht ausgemacht wird.
Hayali: ...würde ich sie mal zum Kaffee einladen.
Hayali: ...Politiker sich manchmal zu sehr mit sich selbst, ihrer Partei und weniger mit Inhalten und den Bürgern beschäftigen. Das ist jetzt allerdings auch ein sehr pauschales Urteil.
Hayali: ...ich die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen habe und die Welt immer noch mit großen neugierigen Augen betrachte. Das sorgt auch für Unsicherheit.
Hayali: ...ich meine Schwester habe.
Hayali: ...ich beim nächsten Mal auf diese verdammte Brücke gehe und diesen Wein, von dem hier alle reden (Anmerkung der Redaktion: Brückenschoppen), zu mir nehme. (lacht)