Die Kritik an der Gestaltung des Schulunterrichts während der Corona-Krise reißt nicht ab. Im Interview berichtet Landesschülersprecher Moritz Meusel aus dem Schulalltag und zeigt auf, wo die Probleme liegen und was in den vergangenen Monaten versäumt wurde.
Moritz Meusel: Nein, das glaube ich nicht. Jede Krise bietet immer auch eine Chance.
Meusel: Die jetzige Situation zwingt uns zu mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung. Wir sind beim Distanzunterricht in hohem Maße selbst dafür verantwortlich, mit welcher Intensität und Ernsthaftigkeit wir lernen. Die Fähigkeit zur Selbstorganisation kann uns später in Studium und Beruf sehr nutzen.
Meusel: Die haben gerade vor allem Real- und Mittelschüler. Sie müssen sich jetzt mit einem unter erschwerten Bedingungen gemachten Abschluss auf Lehrstellen bewerben, deren Zahl durch Corona abgenommen hat.
Meusel: Natürlich. Gerade von jüngeren Schülern lässt sich schlecht verlangen, dass sie ihren Tag selbst strukturieren. Wenn dann nicht die Eltern dahinter sind, bekommen wir mit diesen Schülern ein großes Problem. Dann drohen wir sie zu verlieren.
Meusel:In Deutschland war der Bildungserfolg schon vor Corona stärker an den sozialen Hintergrund der Eltern gekoppelt als in vielen anderen Ländern. Diese Abhängigkeit verschärft sich derzeit noch. Es macht ja bereits einen großen Unterschied, ob Schüler und Schülerinnen beim Digitalunterricht ein eigenes Zimmer haben oder sich eines mit Geschwistern teilen müssen.
Meusel: Das hängt immer davon ab, wie viel der jeweilige Sachaufwandsträger zu investieren bereit ist. Hier in der Region läuft das meinem Empfinden nach ganz gut. Alle Schüler können sich bei Bedarf einen eigenen Laptop ausleihen. Problematisch wird es beim Unterhalt der Geräte. Dieser ist nicht in der staatlichen Förderung berücksichtigt.
Meusel: Die Schere geht weit auseinander. Die Qualität des Digitalunterrichts hängt entscheidend vom Engagement und der technischen Affinität der Lehrkräfte ab. Manche geben sich große Mühe, manche lehnen sich zurück und stellen ihren Schülern lediglich Arbeitsblätter zur Verfügung.
Meusel: Sie sollten alle Möglichkeiten ausschöpfen, die ihnen das Digitale gibt. Ich würde mir wünschen, dass sie zwischendrin mehr Gruppenarbeit ermöglichen. Das würde den Unterricht abwechslungsreicher machen. Sie könnten mehr Videos integrieren und grundsätzlich stärker zwischen Frontalunterricht und praktischen Aufgaben trennen. Derzeit ist der Distanzunterricht oft viel zu eintönig.
Meusel: Von der fünften bis zur zwölften Klasse sitzen die Schülerinnen und Schüler von morgens acht bis nachmittags um halb vier vor dem Bildschirm und hören sich dabei an, was ihnen vorgebetet wird. Danach ist man geistig wirklich fertig. Die bayerischen Schüler sind gerade wirklich am Anschlag.
Meusel: Nicht zwangsläufig. Die Schüler müssen an ihrem Laptop oder Computer weder ihre Kamera noch ihren Ton aktivieren. Was sie während des Unterrichts genau tun – ob sie schlafen oder sich sonst wie ausklinken – lässt sich im Grunde nicht nachprüfen.
Meusel: Lassen Sie es mich so sagen: Wer am Montagmorgen keine Lust auf eine Doppelstunde Kunstunterricht hat, wird einen Weg finden.
Meusel: Nein. Es muss doch allen klar gewesen sein, dass im Winter eine zweite Welle zumindest nicht kategorisch ausgeschlossen werden kann. Wenn im Sommer die Grundlagen für einen vernünftigen Distanzunterricht gelegt worden wären, hätte man den Schülern und mit ihnen auch den Lehrern viel Ärger ersparen können.
Meusel: Man hätte deutlich stärker in die digitale Infrastruktur investieren müssen. Das wurde unterlassen und das rächt sich jetzt. Weil die Lernplattform Mebis immer noch nicht zuverlässig funktioniert, muss auf viele andere Programme wie Microsoft Teams zurückgegriffen werden. Ich habe von Schulen gehört, deren Netzwerke den Anforderungen des Digitalunterrichts nicht standgehalten haben. Zudem fehlen Lehrern immer noch digitale Endgeräte. Sie müssen den Digitalunterricht mit ihren eigenen, oft schon veralteten Geräten bestreiten.
Meusel: Bei den Lehrern, die ich kenne, kam von diesem Geld noch kein Cent an.
Meusel: Im Gegenteil. Ich hätte mir einen früheren Lockdown gewünscht. Die Schulen sind viel zu lange offen geblieben. Es wurde zu spät gehandelt. Ein guter Distanzunterricht ist die einzige vernünftige Reaktion auf die gegenwärtigen Infektionszahlen.
Meusel: Das ist absurd. Wenn Schüler zu Hause lernen, dann sollte man von Erwachsenen verlangen können, im Homeoffice zu arbeiten.
Meusel: Die Entscheidung ist katastrophal.
Meusel: Zwei Gründe: Zum einen sind die meisten Schulen immer noch nicht für den Wechsel- oder auch Hybridunterricht ausgestattet. Es fehlt an Endgeräten und der digitalen Infrastruktur, um den Unterricht für denjenigen Teil der Klassen zu streamen, der zu Hause bleibt. Unter den gegenwärtigen Bedingungen kommen die im Unterricht gut mit, die vor Ort in der Schule sind. Die Schüler daheim haben das Nachsehen.
Meusel: Bei einer hochinfektiösen Virusmutation, die sich besonders unter Jugendlichen schneller zu verbreiten scheint, wird jetzt ausgerechnet in den Schulen wieder gelockert. Ich halte das aus gesundheitlichen Gründen für unverantwortlich. Die Politik spielt hier mit dem Leben von Schülern, Lehrern und deren Umfeld. Das geht zu weit. Wir sind doch keine Versuchskaninchen.
Meusel: Das mag schon sein. Aber weder die Eltern noch die Lehrer und Schüler wurden im Vorfeld nach ihrer Meinung gefragt. In meinen Augen war das voreiliger Aktionismus.
Meusel: Ich kann die Schüler verstehen.
Meusel: Auf meine Klassenkameraden. Zusammen lernen. Witze machen. Schulausflüge. Auch das gehört zur Schule ja dazu.
Hätten die Leherinnen und Lehrer auch machen sollen. Einfach ihre Stunden auf Video aufnehmen und dann Kassette rein und Starttaste drücken. So wie z. B. bei Telekolleg.
Andere Schüler fordern einfach Durchschnittsnoten.
Zitat Erding: „Es ist nicht fair und nicht klug pauschal über alle Lehrerinnen und Lehrer herzuziehen.“
Was unterstellen Sie denn da schon wieder … !?
Zitat Meusel: „Die Schere geht weit auseinander. Die Qualität des Digitalunterrichts hängt entscheidend vom Engagement und der technischen Affinität der Lehrkräfte ab. Manche geben sich große Mühe, manche lehnen sich zurück und stellen ihren Schülern lediglich Arbeitsblätter zur Verfügung.“
Das passt nicht zusammen. Aber überhaupt nicht.
Anscheinend betrachtet Herr Meusel die Situation deutlich differenzierter als Sie.
Was Sie hier schreiben ist kein Kommentar auf der Grundlage des Artikels und schon gar nicht auf der Grundlage der Aussagen im Interview. Sie bringen lediglich Ihre Meinung zum Ausdruck, die das Interview in keiner Weise reflektiert … Kompliment an Ihre Filterblase.
Traurig, traurig ...
Ganz offensichtlich ist ein Landesschülersprecher objektiver, informierter, realistischer, verantwortungsbewusster und ehrlicher als die gesamte politische Kaste, als die Lehrerschaft – und auch als viele Eltern.
Ein riesengroßes Kompliment an den jungen Herrn Meusel.
Schade, dass er und mit ihm die Schüler – also unsere Kinder – absolut kein Gehör finden!?
Aber Schüler hatten noch nie eine wirkliche Lobby …
Oder Spitzweg: "Der arme Poet!". Man nehme es mir nicht krumm: "Landesschüler-sprecher". Was bringt es dem einzelnen Schüler vor Ort? Immanuell Kant verbrachte einen Großteil in seiner Stadt, in seinen vier Wänden. Früher hatte man vier und mehr Geschwister. "Platz ist in der kleinsten Hütte!" Und dieses: "A weißes Bladdl Papier!"
Seine Gedanken erst einmal zu Papier bringen. Tafelanschrieb. Mitschreiben etc. Dann an den Computer, den man sich durchaus mit anderen teilen kann und muss. Jammern auf hohen Niveau. Schülersprecher u.ä. sein, kostet Zeit. Aber führt zu "Connections". Einen Ansporn muss es doch geben. Was machen wir mit Stromausfällen, wie jetzt in Norddeutschland? Oder wenn die Computer gehackt und blockiert werden? Stichwort: Computerkriminalität. Nehmen, wie es kommt! Da hilft kein Jammern und Wehklagen!
1. "... bei einer hochinfektiösen Virusmutation, die sich besonders unter Jugendlichen schneller zu verbreiten scheint...."
Das ist in keinster Weise belegt.
2. es wird das alte Klischee aufgewärmt, daß die Bildungschancen vom sozialen Status der Eltern abhängen. Das bleibt auch durch ständiges Widerkäuen nach wie vor falsch.
In Deutschland hat jeder, auch aus noch so armen Verhältnissen stammend, alle Chancen für seine Schulausbildung. Wenn es einen Zusammenhang gibt, zwischen Schulabschluß der Eltern und deren Kinder, dann deshalb, weil "der Apfel nun mal nicht weit Baum fällt". Auch Intelligenz (oder fehlende Intelligenz) wird nunmal vererbt.
Wer sich keine mobilen Geräte leisten kann, schaut sehr wohl dumm aus der Wäsche. Leihgeräte gibt es längst nicht an jeder Schule; viele Schüler sitzen zwar derzeit zuhause am Smartphone; lesen/rechnen/ etwas erkennen gestaltet sich dabei aber nicht gerade leicht.
Vor allem ist es mit dem Gerät allein nicht getan: Ein Datenvolumen und entsprechende Helfer bei (techn. Problemen) müssen auch vorhanden sein. Oder wie funktioniert das streamen von Lernvideos und Konferenzen ohne Daten? Längst nicht jeder hat Flatrates und mir graut es vor manch Rechnungen auf "Mamas Handy", weil Grundschüler schließlich noch zu jung für eigene Geräte sind. Erreichbar ist man selbst während der Konferenz übrigens auch nicht...
Und da reden wir noch nicht Mal von kleinen Geschwistern, die auch Zuhause sind und natürlich leise und rücksichtsvoll...
Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg ist längst unstrittig empirisch belegt – und Deutschland schneidet im Ländervergleich alles andere als gut ab (siehe z. B. https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/soziale-herkunft-entscheidet-noch-immer-ueber-bildungserfolg/)
Und Ihre These vom „erblichen Intelligenzdefizit“, mit dem das alles erklärt und legitimiert werden soll ist unterste Schublade – Sozialdarwinismus pur.
Das erinnert schon sehr, sehr stark an Gedankengut aus einem ziemlich dunklen Kapitel der deutschen Geschichte …
Wissenschaftlich übrigens nicht haltbar und vollkommen überholt!
Es gibt aber durchaus ernstzunehmende Hinweise darauf. Lesen Sie doch mal https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/948617/s0998-tfc-update-to-4-november-2020-paper-on-children-schools-transmission.pdf, bevor Sie dem jungen Mann öffentlich unterstellen, Quatsch zu erzählen.
Immer wieder stellen Verantwortliche ihre Unfähigkeit zur Schau in dem sie sich mit „Woher hätte ich das wissen sollen“ entschuldigen wollen obwohl es vorher Warnungen gab.
Sollten Sie tatsächlich belegen können dass die Bildungschancen absolut gleich sind würde das sicherlich nicht nur mich interessieren.
Oder existieren solche Fälle nicht, weil sie nicht sein dürfen?
Die Schulen werden bzw. sind ja bereits geöffnet, die Folgen werden sich zeigen.