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Würzburg
Debatte um Präsenzunterricht: Sind Corona-Schnelltests die Lösung?
Österreich setzt auf Schnelltests, um Präsenzunterricht zu ermöglichen. Ist das auch für Bayern realistisch? Ein Mikrobiologe, Eltern- und Lehrerverbände beurteilen die Lage.
Während in Bayern Schule nur im Fernlern-Modus stattfindet, setzt Österreich auf den regelmäßigen Einsatz von Schnelltests an Schulen, um den Präsenzunterricht zu ermöglichen.
Foto: Sina Schuldt (Symbolbild) | Während in Bayern Schule nur im Fernlern-Modus stattfindet, setzt Österreich auf den regelmäßigen Einsatz von Schnelltests an Schulen, um den Präsenzunterricht zu ermöglichen.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:01 Uhr

Während in Bayern Schule nur im Fernlern-Modus stattfindet, setzt Österreich auf den regelmäßigen Einsatz von Schnelltests an Schulen, um den Präsenzunterricht zu ermöglichen. Testen sei "letztlich die einzige Antwort, um über die schwierige Phase bis zur Durchimpfung zu kommen", sagte der österreichische Bildungsminister Heinz Fassmann (ÖVP). Insgesamt fünf Millionen Tests sollen dafür an die Schulen verteilt werden. Eine Idee, die auch in Deutschland Befürworter findet.

Die bundesweiten Initiative "Eltern in der Krise", die auf Bedürfnisse von Familien, Kindern und Jugendlichen während der Pandemie aufmerksam machen will, fordert "dringend Maßnahmen, um Schule in größtmöglicher Präsenz verlässlich zu ermöglichen". Priorität hätten laut Sprecher Tobias Oelbaum Tests für Lehrkräfte und ältere Schüler in Regionen mit einer hohen Inzidenz. Die Öffnung der Schulen sei laut Oelbaum wichtig, da Distanzunterricht "nicht chancengleich möglich ist." Doch können Schnelltests einen normalen Schulalltag ermöglichen?

Tägliche Tests in Unterfranken seien "nicht machbar"

Dass bei 10 000 unterfränkischen Lehrkräften täglich vor dem Unterricht Tests gemacht werden, hält Jörg Nellen, Vorsitzender des Bezirksverbands Unterfranken in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) für nicht machbar. Da es noch nicht einmal Betriebsärzte für Schulen gebe, sei dies allein "logistisch nicht zu leisten". Infrastrukturell müssten stattdessen Belüftungsanlagen in alle Klassenzimmer, dann erst wäre Präsenzunterricht seiner Ansicht nach wieder möglich. "Das kann dauern", sagt der GEW-Vorsitzende.

Tägliche Tests bei 10 000 unterfränkischen Lehrkräften?  Jörg Nellen, Vorsitzender des Bezirksverbands Unterfranken in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), hält das für nicht machbar.
Foto: Andrea Wieczorek | Tägliche Tests bei 10 000 unterfränkischen Lehrkräften?  Jörg Nellen, Vorsitzender des Bezirksverbands Unterfranken in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), hält das für nicht machbar.

Den hohen Aufwand der Schnelltests bestätigt Oliver Kurzai, Facharzt für Mikrobiologie an der Uni Würzburg: "Die Schnelltests erkennen nur infizierte Personen, die sehr viel Virus produzieren." Daher werden sie im Verlauf der Infektion erst relativ spät positiv – viel später als der PCR-Nachweis. "Schnelltests müsste man daher sehr regelmäßig, am besten täglich durchführen", sagt Kurzai. Ein Test dauere etwa 25 Minuten pro Person, davon sind etwa fünf Minuten Aufwand für den Abstrich und 20 Minuten Wartezeit. "Der logistische Aufwand scheint im Schulalltag kaum zu stemmen."

Screening-Programme in Schulen seien prinzipiell möglich

Prinzipiell wäre es möglich, Screening-Programme in Schulen durchzuführen, sagt Kurzai. Diese beruhten allerdings eher auf PCR-Testungen, nicht auf Schnelltests. "In einer Würzburger Studie erproben wir zurzeit solche Screening-Programme in Kinderbetreuungseinrichtungen", sagt Kurzai. Eine Auswertung der Studie wird noch in diesem Frühjahr erwartet. 

Für Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), sind FFP2-Masken für alle, die im Schuldienst sind, und Lüftungsanlagen die richtigen Schritte in Richtung Gesundheitsschutz. Würden Virologen und das Kultusministerium jedoch Schnelltests befürworten, hätte die BLLV-Präsidentin nichts einzuwenden, wenn Freiwilligkeit und Machbarkeit gegeben wäre. "Jeder weiß mittlerweile, welchen Wert Schule hat", so Fleischmann. Es gebe zwar gute Entwicklungen in Sachen Fernunterricht, aber echten Präsenzunterricht könne man nicht ersetzen. "Ich habe den großen Wunsch, dass keiner auf der Strecke bleibt."

Elterninitiative fordert: Lehramtsstudenten und leerstehende Räume nutzen

Neben der Nutzung von Tests, schlägt Tobias Oelbaum von "Familien in der Krise" vor, Lehramtsstudenten einzusetzen, um kleinere Gruppen bilden zu können und derzeit leer stehende Räume wie Museen oder Messeräume, als Klassenzimmer zu nutzen. "Das Recht auf Unversehrtheit der Gesundheit muss abgewogen werden gegenüber dem Recht auf Bildung und Teilhabe", sagt Oelbaum.

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Das bayerische Kultusministerium hält sich derweil bedeckt. Über den Einsatz von Schnelltests an Schulen müsse das Gesundheitsministerium entscheiden, so eine Sprecherin. Auf die Frage, welche Konzepte dort erarbeitet werden, um möglichst bald die Schulen wieder öffnen zu können, erhält man folgende Antwort. "Die Entscheidung, ob ab 1.2. eine (teilweise) Rückkehr in den Wechsel- oder Distanzunterricht möglich ist und der Rahmenhygieneplan für Schulen anzupassen ist, wird zu gegebener Zeit getroffen."

 
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Kommentare
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  • cothromach
    Mitnichten findet in Bayern Schule nur im Fernlern-Modus statt. Da inzwischen jeder sein Kind in der Notbetreuung beschulen lassen darf, besuchen in manchen Schulen fast die Hälfte der Schüler eine Art Präsenzunterricht. Teilweise in fast vollen Klassen. Da wäre Wechselunterricht sicherer gewesen. Und was soll es bitte bringen, wenn nur Lehrer und ÄLTERE Schüler getestet werden, wo man doch weiß, dass gerade jüngere, corona positive Schüler kaum erkranken und somit das Virus unerkannt weitergeben?

    Wenn man mehr Präsenzunterricht möchte, sollte man zum Schutz des Personals diesem zumindest gratis FFP2 Masken zur Verfügung stellen und bei der Impfung zu einem früheren Zeitpunkt berücksichtigen!
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