Ja klar, wer denn sonst? Selbstverständlich mal wieder Cameron Hunt. Der Spielentscheider, der inzwischen schon so viele Partien sehr häufig mit Einzelaktionen für die Baskets entschieden hatte, tat dies am späten Samstagabend erneut. Mit dem kleinen Unterschied: Die entscheidenden Sequenzen spielten sich in den letzten zwölf Sekunden der Begegnung nicht vor des Gegners Korb ab. Sondern vor dem eigenen. Hunt steht nicht unbedingt unter dem zwingenden Tatverdacht, ein besonders engagierter oder effektiver Verteidiger zu sein. Die großen Stärken des 25-jährigen Texaners liegen in der Offensive, vor allem im Spiel Eins-gegen-Eins. Was er auch am Samstag in den 39 Minuten und 48 Sekunden zuvor erneut recht eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte, in denen er 24 Punkte gemacht hatte.
Dann aber kam es bei einer 79:77-Führung eben darauf an, den eigenen Korb sauber zu halten. Im Eins-gegen-Eins gegen den Besten und Treffsichersten des Gegners. Und Hunt gelang es erstaunlicherweise tatsächlich, Dewayne Russell lange genug vor sich zu halten, ihm kaum Platz zu geben und ausreichend gut genug an einem Wurfversuch zu hindern, bis der in allerletzter Sekunde nur noch einen verzweifelten und viel zu kurzen Notschubser losbekam. Schlusssirene. Jubel. Trubel. Heiterkeit.
Jedenfalls bei den Würzburg Baskets, denen damit bei den EWE Baskets Oldenburg im zehnten Spiel der Saison nicht nur ihr fünfter Sieg gelang, erstmals auch der zweite hintereinander, sondern auch ein Erfolg, der durchaus als zumindest mittelprächtige Überraschung durchgehen darf. Wenngleich die Baskets ja bereits Mitte Oktober zu Hause im knapp verlustig gegangenen Pokal-Achtelfinale bewiesen hatten, dass sie imstande sind, mit den Niedersachsen mitzuhalten – in der Fremde war eine ähnlich dramatische Auseinandersetzung nicht zwingend zu erwarten gewesen, nachdem die Oldenburger zuvor erst drei ihrer zehn Ligaspiele verloren hatten.
Eine sehr intensive und physische Veranstaltung
Das Wiedersehen entpuppte sich dann aber zu einem zwar wahrlich nicht sehr hochklassigen Ereignis – dafür jedoch zu einer über die gesamten 40 Minuten spannend bis hochspannenden, sehr intensiven und physischen Veranstaltung. "Ja, es war kein besonders schönes Basketballspiel in Bezug aufs Punkteerzielen", sagte Baskets-Trainer Sasa Filipovski auf der Busfahrt durch die Nacht in Richtung Heimat. "Aber es war ein sehr interessantes Spiel mit vielen Strategiewechseln auf beiden Seiten." Ein Fest für Taktik-Fetischisten, also.
Nach einem ersten Viertel, in dem sich die favorisierten Gastgeber zwischenzeitlich mal auf acht Punkte Differenz davonwarfen, die Baskets sich wieder bis auf einen herankämpften, gingen die Gäste mit sechs Zählern Rückstand (20:26) in den zweiten Abschnitt, in dem sie mal so richtig aufdrehten. Sie erinnerten sich ein bisschen mehr daran, dass Basketball ein Mannschaftssport ist und dass nur Einzelaktionen zwar mitunter hübsch anzuschauen sind, kurzzeitig auch Erfolg verheißen können, letztlich aber eher selten siegbringend sind.
In ihrem bärenstarken zweiten Viertel übernahmen die Baskets die Führung und bauten sie bis zur Pause auf sieben Zähler aus (47:40). Es schien alles im Fluss, auch zu Beginn von Abschnitt drei, als die Gäste ihren Vorsprung gar bis auf zehn Punkte erhöhten. Ehe sie sich mehr oder weniger selbst aus der Bahn schubsten, weil sie begannen, mehr mit den Schiedsrichtern über deren – zumindest teilweise tatsächlich ein wenig abenteuerlichen – Pfiffe zu diskutieren als sich weiter aufs Spiel zu konzentrieren. Binnen fünf Minuten wurde so aus der Zehn-Punkte-Führung (52:42) ein Vier-Punkte-Rückstand (54:58). Den 16:2-Lauf der Hausherren orchestrierte vor allem Dewayne Russell.
Filipovkis Auszeit fruchtete mit etwas Zeitverzögerung, dann fingen die Baskets sich wieder. Es sollte bis zum Ende dennoch eine ziemlich fahrige Partie bleiben, eine mit vielen Pfiffen, Unterbrechungen und Nickligkeiten. Dass homogener Teambasketball anders aussieht, lässt sich auch schön in der Statistikspalte der Vorlagen sehen: Neun Assists stehen da bei den Baskets insgesamt – einer weniger als der Oldenburger Russell alleine verteilt hat.
Zwei Tage frei, aber groß Weihnachten feiern, ist nicht
Sei's drum, dürfen sich die Baskets denken – solange sie sich auf ihre Solokünstler Hunt, Stanley Whittaker, C.J. Bryce und mit Abstrichen Xeyrius Williams verlassen können, die abwechselnd mit von den Oldenburgern nicht zu bändigendem Willen immer wieder Punkte einfach erzwangen. Manchmal können viele Einzelaktionen eben doch siegbringend sein. "Das war das Wichtigste", sagte Filipovski: "Wir haben es geschafft, uns wieder zu fokussieren und zu konzentrieren. Wir haben nie den Glauben an uns verloren."
Zur Belohnung gibt es nach der Rückkunft am frühen Sonntagmorgen erst einmal zwei Tage frei. Dann wird wieder trainiert. Groß Weihnachten feiern, ist nicht. Am zweiten Feiertag (15 Uhr) kommt Crailsheim , am Tag vor Silvester (20.30 Uhr) wird in Hamburg gespielt, am 4. Januar (20.30 Uhr) kommt Bamberg, am 8. (15 Uhr) geht's nach Bayreuth. Für Basketballer ist die angeblich stade Zeit ziemlich stressig.