Bis er 16 Jahre alt war, interessierte sich Nico Carvacho nur so nebenbei für Basketball. Im Gegenteil: Mit 15 zog er in das Heimatland seiner Eltern, Chile, um dort in einer Akademie Fußball zu spielen. Als er nach fünf Monaten über Weihnachten zurück nach Texas kam, wo seine Eltern inzwischen lebten, infizierte er sich endgültig mit dem Basketball-Virus. "Ich sah meine Freunde spielen und wollte einfach nur dabei sein", berichtet Carvacho beim Gespräch im Würzburger Trainingszentrum. Und der 2,11 Meter-Mann gibt zu: "Ich wurde auch einfach zu groß für Fußball."
Ende Oktober holten die Würzburg Baskets den 25-jährigen chilenischen Nationalspieler zurück an den Main, wo er in der Vorsaison ein hoffnungsvolles Debüt gegeben hatte, sich jedoch nach zwei Spielen am Kreuzband verletzte. Seit seiner Rückkehr nach Würzburg ersetzt Carvacho den ebenfalls am Knie verletzten Philipp Hartwich.
Carvachos Spielintelligenz hilft den Baskets
Und das tut er erstaunlich konstant: "Bevor ich zurück nach Würzburg kam, habe ich mich bei meinem alten College-Team fit gehalten", erklärt Carvacho. Baskets-Geschäftsführer Steffen Liebler und Trainer Sasa Filipovski sind schon positiv überrascht, ob Carvachos jüngsten Leistungen: Er hatte elf Monate kein Spiel absolviert.
"Körperlich zwickt es noch das ein oder andere Mal, aber das ist normal. Er kommt immer besser in Form. Seine Spielintelligenz erleichtert ihm natürlich vieles", sagt Filipovski. Diese Spielintelligenz führt Carvacho auch auf seine Jugend als Fußballer zurück. Sein Vater war ein erfolgreicher Spieler in den USA und später Assistenz-Trainer in der amerikanischen Profi-Liga Major League Soccer (MLS).
Extraeinheiten mit dem Würzburger Athletiktrainer
Carvacho junior war Torhüter und Stürmer. Er habe einen Torriecher gehabt, berichtete sein Vater dem Portal milehighsports.com während Carvachos Zeit an der Colorado State University. Viele Basketball-Nachwuchstrainer sind davon überzeugt, dass aus Torhütern hervorragende Basketballer werden können. "Die Hand-Augen-Koordination ist natürlich sehr ähnlich", beschreibt Carvacho, der gerade beim Abschluss in der Nähe des Korbes über ein gutes Gefühl für den Ball verfügt.
Auch seine Court-Vision, wie im Basketball die Übersicht für gute Pässe genannt wird, und die gute Fußarbeit, habe er vom Rasen in die Halle transportiert, als er sich mit 16 doch für das braune Kunstleder entschied. Um den Rückstand zu den Gleichaltrigen aufzuholen, legt er viele Extraeinheiten ein. "Er hat eine gute Arbeitseinstellung", bestätigt Filipovski. Mit Athletiktrainer Paco Scekic lege Carvacho auch jetzt oft noch Extraeinheiten ein.
Gegen Oldenburg geht es um die Defensiv-Rebounds
Nun will Nico Carvacho, der auch großer Fan von Manchester United und dem Football-Team New York Giants ist, mit den Baskets weiter an den Play-off-Plätzen schnuppern. "Wenn wir und die Giants es in die Play-offs schaffen würden, wäre das super", meint der Würzburger Centerspieler. Sein bestes Saisonspiel hatte er beim Heimsieg gegen die Rostock Seawolves, als er zehn Punkte machte und sich neun Rebounds schnappte.
Am Samstag (20.30 Uhr) beim Gastspiel in Oldenburg wird vor allem auf den zweiten Wert zu achten sein. Die Gastgeber holen prozentual gesehen die meisten verfügbaren Offensiv-Rebounds (39 %) in der BBL, sind also das beste Team am gegnerischen Brett und damit knifflig zu spielen. Noch kniffliger wird es, wenn man das Gegenstück, also die Defensiv-Rebound-Rate, wie diese Statistik im Fachjargon heißt, betrachtet: Nur 61 Prozent der verfügbaren Abpraller unterm eigenen Brett greift sich das Filipovski-Team.
"Wir haben viele Spiele mit nur einem Center gespielt, bevor wir Nico dazugeholt haben", sagt Filipovski, der dem Neuzugang vertraut. "Es wäre mal an der Zeit für ein Spiel mit einer zweistelligen Reboundzahl", blickt Carvacho auf Samstag voraus. Es wäre ein weiteres Zeichen dafür, dass aus Fußballern auch hervorragende Basketballer werden können.