Kurz vor Weihnachten gab es bei den Würzburger Kickers eine einschneidende Veränderung. Seither gehören 49 Prozent der Profifußball AG des Regionalligisten nicht mehr dem langjährigen Förderer Thorsten Fischer und seiner Firma Flyeralarm. An deren Stelle ist der Bad Mergentheimer Unternehmer Dominik Möhler getreten. Eine seiner Firmen hat die AG-Anteile übernommen, die 51 übrigen Prozent an der Profiabteilung hält weiterhin der Stammverein. Gleichzeitig einigten sich der Ex-Investor und der neue Mitbesitzer auf einen Rettungsplan für den finanziell angeschlagenen Drittliga-Absteiger – wie der genau aussieht, dazu wollte Möhler sich nicht im Detail äußern, gab aber bei einem Redaktionsbesuch zumindest einige Einblicke in seine Gedanken. Antworten auf die drängendsten Fragen:
Wer ist der neue Kickers-Miteigentümer?
Dominik Möhler (45) gründete bereits vor 20 Jahren in seiner Heimatstadt Bad Mergentheim sein Unternehmen, dessen Logo auch als Werbung auf den Trikots der Würzburger Kickers zu sehen ist. Akon steht für Aktivkonzept. Die Firma hat sich darauf spezialisiert, von Krankenkassen bezuschusste Kurse zur Gesundheitsvorsorge in Kombination mit Hotelaufenthalten anzubieten. In diesem speziellen Bereich der Reisebranche bezeichnet Möhler seine Firma als Marktführer. Mit dem Engagement bei den Kickers habe er keinesfalls das Licht der Öffentlichkeit suchen wollen: "Mir wäre am liebsten gewesen, man hätte gar nicht mitbekommen, dass sich etwas verändert hat, sondern würde einfach registrieren: Es geht positiv weiter, und die Chance auf höherklassigen Fußball am Dallenberg ist gewahrt", sagt Möhler, der bei den Kickers in Zukunft lieber im Hintergrund statt im Rampenlicht agieren will. Seit November 2020 ist er Aufsichtsrat der Kickers AG. Dass sein Unternehmen bereits bei Hertha BSC und beim FSV Mainz 05 als Sponsor mit Werbebanden präsent ist, sei mit dem Einstieg bei den Kickers nicht zu vergleichen: "Unser Engagement bei Hertha BSC und auch beim FSV Mainz 05 ist eine unternehmerische Entscheidung, die auch im Rahmen von Bandenwerbung in den Stadien entsprechende Präsenz in Medien und TV mit sich bringt."
Warum will sich Möhler nicht als Investor bei den Würzburger Kickers bezeichnen?
Weil es, zumindest in der momentanen Situation, für einen Anteilseigner mit den Kickers kein Geld zu verdienen gäbe, wie Möhler erklärt: "Das ist kein Businessmodell, und die Bezeichnung Investor ist nicht wirklich zutreffend, da die Definition des Begriffs Investor vorsieht, dass eine Person mit eingesetztem Geld Erträge erzielen will. Zudem liegt die Mehrheit der Anteile weiterhin beim Verein. In der Regionalliga, sowie auch in der 3. Liga sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen äußerst ungünstig. Uns geht es darum, zu fördern und zu unterstützen. Als Förderer aus der Region für die Region unterstützen wir die Würzburger Kickers und damit den Fußballsport bereits seit einigen Jahren." Überhaupt sieht er ein Engagement im Fußball kaum als geeignetes Modell zur Geldanlage: "Man kann einen Fußballklub nicht wie ein klassisches Unternehmen bewerten. Wenn man Rendite erzielen will, dann besser nicht im Fußball, noch dazu nicht in unteren Ligen."
Standen die Würzburger Kickers im Dezember tatsächlich kurz vor der Insolvenz?
Ja. Ohne den gemeinsamen Rettungsplan von Fischer und Möhler wäre die Insolvenz nicht zu vermeiden gewesen. Die Altlasten, die der Klub aufgetürmt hatte, drohten den Verein, der in der Regionalliga ohne Fernseheinnahmen auskommen muss, zu erdrücken. "Wie bekannt, drohten die Lichter auszugehen. Aber neben dem zurückgekehrten sportlichen Erfolg herrscht seit Rundenbeginn eine Aufbruchstimmung, viele Sympathien wurden gewonnen und es wäre doch sehr tragisch gewesen, wenn es so geendet hätte", sagt der neue Anteilseigner. Wie die Lösung im Detail aussieht, dazu äußert sich Möhler nicht. Feststeht, nach Informationen dieser Redaktion aber: Nicht nur die rund 3,8 Millionen Verbindlichkeiten gegenüber Flyeralarm, die zuletzt in der Bilanz auftauchten, belasten die Kickers nicht mehr. Die laufende Saison ist komplett gesichert.
Was hat Möhler zum Einstieg bei den Würzburger Kickers bewogen. Wäre eine Planinsolvenz nach dem Vorbild anderer Profiklubs auch eine Möglichkeit zur Entschuldung gewesen?
Streng nach wirtschaftlichen Kriterien betrachtet schon. Aber so dürfe man die Dinge bei den Kickers eben nicht angehen, meint Möhler: "Uns ging es nicht nur um einen Reputationsverlust, sondern auch um die Vermeidung eines aus sportlicher Sicht sehr schmerzvollen Neun-Punkte-Abzugs mit entsprechender Wettbewerbsverzerrung für die Liga, der bei einer Insolvenz gedroht hätte." Ob der Klub ein Insolvenzverfahren überstanden hätte, ob das momentane Team in einer solchen Situation nicht auseinandergebrochen wäre – Möhler ist sich da nicht sicher und will Würzburg da auch gar nicht erst mit anderen Städten vergleichen: "Bei Kaiserslautern ist die Insolvenz auch mitunter so gut überwunden worden, weil der Fußball dort so tief in der Gesellschaft verankert ist und traditionell einen sehr hohen Stellenwert genießt."
Wie sind nun die Aussichten für die Würzburger Kickers. Ist der Klub aus dem Gröbsten heraus?
Danach sieht es derzeit aus. Sportlich läuft es rund und die Profiabteilung des Klubs ist ihre Schulden los, das ist schon mehr als mancher im Verein im Sommer zu hoffen wagte. Möhler will den Klub auf eine breitere Basis stellen und hofft auf einen Schulterschluss mit weiteren Gönnern. Es sei auch denkbar, einen Teil der Kickers-Anteile an einen weiteren Investor abzugeben. In der Pressemitteilung von Anfang Januar wurde in diesem Zusammenhang der Name Lars Krakat, Chef des Immobilien-Unternehmens KRE und wie Möhler Aufsichtsrat der Kickers AG genannt. Doch konkret scheint da noch nichts zu sein. "Wir haben ja bereits kundgetan, dass wir dafür grundsätzlich offen wären, wenn die Parameter stimmen und die Konstellation passt. Aber man darf dabei nicht vergessen: Anteilseigner in Form von Aktionären sind im Bedarfsfalle in der Zukunft rechtlich nicht nachschusspflichtig dahingehend, weiteres frisches Geld in eine AG im Rahmen einer Einlage zu geben, so dass mehrere Anteilseigner in der Praxis nicht automatisch mehr Sicherheit bedeuten", sagt Möhler. Aktuell bestehe keine Eile. Ob Möhler selbst in Zukunft, wie einst Thorsten Fischer, den Aufsichtsrat der Kickers AG vorstehen wird, das sei auch noch nicht entschieden, betont er. Derzeit leitet der Präsident des Stammvereins, Michael Grieger, das Kontrollgremium.
Sind nun weitere Neuzugänge möglich?
Offenbar ja. Allerdings braucht es bei Verpflichtungen auch ein bisschen Kreativität der sportlich Verantwortlichen. Ablösen können sich die Kickers wohl auch in diesem Winter nicht leisten. Mit Angreifer André Leipold ist ein Leihspieler von Darmstadt 98 aus der 2. Bundesliga zu den Kickers gestoßen. Den Wunsch von Trainer Marco Wildersinn, den kleinen Kader noch etwas zu vergrößern, kann Möhler verstehen. Ziel ist es schließlich, am Ende dieser Saison noch um den Aufstieg mitzuspielen.
Was passiert, wenn den Kickers im Sommer die Rückkehr in die 3. Liga nicht gelingt?
"Wenn es nicht klappt, nehmen wir einen neuen Anlauf", sagt Möhler, der davon ausgeht, dass es auch in der kommenden Saison unter Profibedingungen bei den Kickers weitergeht. Dass mit jeder Saison in der Regionalliga der Druck zu weiteren Einsparungen größer wird, steht aber auch fest.
Wo sieht Möhler die Zukunft der Würzburger Kickers?
Wirklich planen, so betont der neue Mitinhaber der Kickers AG, könne man im Fußball nicht alles. Vieles hänge am Ende eben auch von Zufällen ab. Es gehe darum, möglichst gute Voraussetzungen zu schaffen. Die Perspektive bei den Kickers sei aber, auch dank der erfolgreichen Arbeit der sportlichen Leitung in dieser Saison, durchaus aussichtsreich. "Nachdem wir erst einmal Schlimmeres verhindert haben, sollten wir bei der Formulierung unserer Ziele im Augenblick zurückhaltend sein. Natürlich wäre es schön, wieder im Profifußball anzukommen. Wir wollen den Schwung der Hinrunde mitnehmen und hoffentlich zum Schluss um den Aufstieg mitspielen", sagt Möhler und ergänzt: "Meine Idealvorstellung ist, dass wir eine solide Basis schaffen und sich die Kickers in Zukunft in der 3. Liga festigen können. Im Fußball gibt es jedoch viele Unwägbarkeiten. Wir können unterstützen und fördern und Voraussetzungen schaffen, aber eine Garantie gibt es natürlich nicht."