
Die Würzburger Kickers sind also mal wieder als Meisterschaftsanwärter mit einem enttäuschenden Unentschieden in die Saison gestartet. Genauso wie in den vergangenen beiden Spielzeiten, als es jeweils daheim ein Remis gegen den SV Hankofen-Hailing (1:1) und den FC Memmingen (0:0) gab. Diesmal hieß es 2:2 bei Türkgücü München, und am Schluss mussten Trainer Markus Zschiesche und sein Team sogar noch froh sein, dass der erst vergangene Woche verpflichtete Angreifer Alem Japaur nach seiner Einwechslung gleich einmal seine Torjägerqualität unter Beweis stellte und in der 89. Minute zum alles in allem verdienten Ausgleich traf. Was also bleibt für die Würzburger Kickers an Lehren aus Saisonspiel Nummer eins?
1. Der Trainer redet Klartext

Der neue Chefcoach ist ein Freund klarer Worte, redet nach dem 2:2 bei Türkgücü ob des späten Ausgleichs auch nicht von einem Teilerfolg, sondern von "einer Enttäuschung". Dabei war er in der ersten Halbzeit mit seinem Team noch zufrieden. "Da hat man nicht gesehen, dass wir nur dreieinhalb Wochen Vorbereitung hatten", fand Zschiesche. Dass trotz deutlicher Überlegenheit nur das Elfmetertor von Fabian Wessig(20.) heraussprang, war aber auch ihm zu wenig: "Als Mannschaft, die sich ein hohes Ziel steckt, muss man diese Überlegenheit nutzen."

Zur Harmlosigkeit bei eigenen Ecken, obgleich diese erst im Abschlusstraining geübt worden seien, meinte er: "Das geht gar nicht!" Das laxe Abwehrverhalten bei den beiden Standardsituationen, die zu den Gegentreffern durch Jonas Lippert (54.) und Steven Roßbach (60.) führten, kommentierte er: "Da haben wir uns dämlich angestellt." Danach sei das Team "wild durch die Gegend gelaufen". Auch die wegen eines heftigen Gewitters auf eine beinahe Dreiviertelstunde verlängerte Halbzeitpause wollte Zschiesche nicht als Entschuldigung gelten lassen.

2. Peter Kurzwegs Verletzung hat eine Lücke hinterlassen
Nach seinem Elfmetertor reckte Wessig das Trikot von Peter Kurzweg in die Höhe. Der Linksverteidiger wird nach einem Kreuzbandriss in der kommenden Woche in München operiert und verfolgte die Partie von der Tribüne aus mit Krücken an seiner Seite. Fußballerisch konnte Fabrice Montcheu, der von der rechten auf die linke Abwehrseite wechselte, Kurzweg durchaus ersetzen. Unverzichtbar scheint Kurzweg aber als Führungsspieler zu sein, zumal mit Daniel Hägele auch der Vize-Kapitän weiterhin fehlt. "Solche Spieler sind für solche Situationen da", sagte Zschiesche mit Blick auf die zwischenzeitliche Konfusion nach den Gegentreffern: "Man braucht viel mehr Verantwortung auf dem Platz." Die neue Hierarchie in der Mannschaft muss sich nun schnell entwickeln. Der Trainer setzt dabei auf Erfahrung und machte den 32-jährigen Sturm-Neuzugang Benjamin Girth beim Saisonstart zum Kapitän. Eine Anführerrolle, in die der zweitligaerfahrene Girth schnell hineinschlüpfen muss.

3. Die Abwehr steht noch nicht
Drei neue Innenverteidiger haben die Kickers in diesem Sommer verpflichtet. Alle drei gehören mit ihrem Potenzial sicherlich zu den stärkeren Spielern auf dieser Position in der Regionalliga Bayern. Trotzdem wirkte die Hintermannschaft bisweilen etwas unsortiert, was sich besonders bei den Standardgegentoren zeigte. "Das darf uns nicht passieren", meinte auch Innenverteidiger Noah Awassi, der mit einer starken Rettungsaktion in der zweiten Halbzeit noch einen weiteren Gegentreffer verhindert hatte.
Der 26-Jährige nimmt sich und seine Kollegen in die Pflicht: "Wir sind erst kurz zusammen. Wir hatten nur eine kurze Vorbereitung. Aber das darf keine Ausrede sein. Wir wollen jedes Spiel gewinnen – von Anfang an. Wir haben ein ganz klares Ziel. Dafür sind wir alle hier, dafür bin ich hier, dafür ist der Trainer hier." Erst die Umstellung auf eine Dreierkette brachte in der zweiten Halbzeit wieder mehr Stabilität ins Abwehrspiel der Rothosen.

4. Alem Japaur zeigt sofort seine Qualität
Am Ende war es sein Tor, das einen echten Fehlstart verhinderte: Alem Japaur war nicht nur wegen des Ausgleichstreffers in der 89. Minute sofort ein belebendes Element im Kickers-Spiel. Der 20-jährige, groß gewachsene Angreifer, der erst unter der Woche vom FC Augsburg II an den Dallenberg kam, bringt noch einmal ganz andere Elemente ins Kickers-Angriffsspiel als Routinier Girth. Japaur und die Kickers, das könnte der Beginn einer echten Liebesgeschichte sein. "Das war heute Gänsehaut von Anfang an. Wie unsere Fans uns unterstützt haben, das war überragend. Die Kickers-Fans sind einmalig, die besten der Liga", so der Neuzugang, nachdem das Team sich vom lautstarken Auswärts-Anhang verabschiedet hatte.

5. Eine Rückkehr von Maximilian Zaiser ist möglich
Sein Besuch war eine Überraschung. Statt mit dem SGV Freiberg in Leinfelden-Echterdingen zu testen, saß Maximilian Zaiser beim Saisonauftakt der Kickers in Heimstetten auf der Tribüne. Einige Stunden darauf verkündete der Süd-West-Regionalligist, dass der Vertrag mit dem Mittelfeldspieler auf dessen Wunsch hin wieder aufgelöst wurde. Nun deuten einige Zeichen darauf hin, dass Zaiser doch noch in Würzburg bleiben könnte. Dass die Kickers ihn gerne behalten hätten, hatte Sportdirektor Sebastian Neumann nach Zaisers überraschendem Wechsel nach Freiburg öffentlich betont.
Fußball: Regionalliga Bayern, Männer
Türkgücü München - Würzburger Kickers 2:2 (0:1)
München: Schmid - Hoppe, Lindner (87. Auburger), Roßbach, Bekaj - Tosun, Hutterer - Porta (82. Kurija), Tuc, Scintu (65. Reich) - Terakaj (46. Gerstmayer).
Würzburg: Hipper - Wieselsberger (73. Härtl), Baca, Awassi, Montcheu - Hannemann, Wessig (73. Japaur), Meisel - Harz, Girth, Küc (82. Junge-Abiol).
Schiedsrichter: Christopher Schwarzmann (Scheßlitz).
Zuschauer: 360.
Tore: 0:1 Fabian Wessig (20., Foulelfmeter), 1:1 Jonas Lindner (54.), 2:1 Steven Roßbach (60.), 2:2 Alem Japaur (89.).