–Mit 16 Jahren wechselte Anna Schlarb (27) zum FC Bayern München, um Fußball-Profi zu werden. Doch zwei Wochen, nachdem sie ihren ersten Profi-Vertrag unterschrieben hatte, endete die Laufbahn der Ochsenfurterin (Lkr. Würzburg) verletzungsbedingt. Sie blieb dem Fußball trotzdem treu und fördert nun Mädchen, die - wie sie damals – den Traum haben, Profi zu werden.
Anna Schlarb: Das war Martin Djalek. Ich habe während der Corona-Phase Kleingruppentraining mit ihm am Stützpunkt in Schwarzach gemacht. Es war meine erste echte Erfahrung als Trainerin. Für mich war es ein sehr guter Start, weil er einfach viel Erfahrung hat.
Schlarb: Angefangen Fußball zu spielen, habe ich in Ochsenfurt. Von der U15 bis zur U17 war ich bei Bayern Kitzingen und mit meinem Realschulabschluss folgte der Wechsel zum FC Bayern München, wo ich auch schnell im Damenbereich Fuß gefasst habe. Ich hatte schon damals viel Verletzungspech, aber der Bundesligist SC Sand wollte mich trotzdem. Leider habe ich mich auch dort früh in der Vorbereitung verletzt. Es war ein Sehnenanriss am Oberschenkel-Ansatz, der aber falsch behandelt wurde und dazu führte, dass ich schließlich meine Karriere beenden musste. Durch die falsche Behandlung zog ich mir eine Schambeinentzündung zu. Ich hatte im Alltag so starke Probleme, dass ich nicht mehr weitermachen konnte. Das war bedauerlicherweise das Karriereende mit 21 Jahren, bevor es so richtig losging.
Schlarb: Ich würde alles wieder genau so machen. Mir hat es nie gefehlt, abends mit Freunden feiern zu gehen. Fußball hat mich erfüllt und ich wollte immer Profi werden. Deshalb war es auch so surreal, dass ich eigentlich nur zwei Wochen Profi war. Der Wechsel nach Sand mit dem ersten Vertrag war für mich das höchste der Gefühle. Und je schlechter es mir dann körperlich ging, desto schwieriger war es mental auch für mich. Andererseits würde ich sonst jetzt als Trainerin nicht da stehen, wo ich heute bin. Ich möchte die Zeit auf jeden Fall nicht missen.
Schlarb: Sie sind inzwischen gewachsen, aber es gibt immer noch Aufholbedarf. Durch Frauenfußball kommt nicht so viel Geld rein, wie im Männerbereich, aber wir Frauen leisten dasselbe. Ich wünsche mir, dass jede Fußballspielerin ihr Potenzial komplett ausschöpfen kann.
Schlarb: Ja, man merkt das, weil sie sich an die Strukturen der Männer anknöpfen können.
Schlarb: Als ich aufhören musste, habe ich erstmal mental Abstand gebraucht vom Fußball. Ich habe angefangen, soziale Arbeit zu studieren. Nach eineinhalb Jahren Pause kam ich durch einen Zufall wieder zum Fußball. Aus meiner Zeit in München war ich noch in einem Mail-Verteiler. Dort wurde nach Trainern für ein Feriencamp gefragt. Anfangs ging es mir darum, neben dem Studium etwas Geld zu verdienen. Sonja Kienzler, die damals beim BFV die Regionalauswahl Nord betreut hat, hat mich dann überzeugt, dort einzusteigen. So kam dann eines zum anderen, und jetzt werde ich zur Verbandstrainerin in der weiblichen Nachwuchsförderung ausgebildet und bin im September 2023 auch wieder nach München gezogen.
Schlarb: Nicht ein spezielles, aber ich versuche, mir von vielen anderen etwas abzugucken. Fritzy Kromp, die ja auch schon in dieser Interview-Serie dabei war, war meine Trainerin in der Bayernauswahl. Sie ist jetzt Trainerin bei den U20-Frauen von Eintracht Frankfurt.
Schlarb: Es gibt immer Dinge, die man verbessern kann. Ich möchte ruhiger werden im Coaching, also den Spielerinnen nicht zu viel mitgeben. Wir Trainerinnen haben viel Wissen, dass wir weitergeben möchten, aber die Spielerinnen können gar nicht so viel aufnehmen. Der fachliche Input bei den Lehrgängen ist eine Sache, aber man hat es zuletzt bei der Deutschen U17-Nationalmannschaft gesehen. Teamgeist und der Umgang miteinander sind unglaublich wichtig. Nach meiner Ausbildung zur Erzieherin und dem Studium der sozialen Arbeit habe ich das Wissen dazu, wie man Pädagogik und soziale Kompetenz vermittelt. Das fehlt in der Fußballwelt. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir mit Kindern arbeiten.
Schlarb: Wir versuchen, in der Ausbildung unserer Coaches mehr dafür zu sensibilisieren. Es geht darum, wie sich die Kinder entwickeln und was sensible Phasen in der Kindheit sind. Psychologie und Pädagogik sind da wichtige Felder und es freut mich, dass auch die Sportpsychologie eine immer größere Rolle bekommt.
Schlarb: Ich bin davon abgewichen, mir solche Pläne zu machen. Vor zehn Jahren wollte ich Profi werden und nicht hauptamtliche Trainerin. Das schützt mich auch vor weiteren Enttäuschungen, weil dann weniger Druck auf mir lastet.
Schlarb: Der Fußball verbindet. Es fasziniert mich, wenn Menschen so viel Spaß an der gleichen Leidenschaft haben. Im Fußball sind alle gleich, und das finde ich sehr schön.
Schlarb: Ich spiele den Medizinball weiter zu Philipp Burneckas. Er ist Athletiktrainer beim DFB und war früher bei den Würzburg Baskets. Ich kenne ihn aus der Sportschule in Oberhaching. Zuletzt war er mit der U17-Nationalmannschaft der Männer unterwegs, jetzt ist er mit den U19-Mädels bei der Qualifikation zur Europameisterschaft.
Das Interview-Format "Steilpass"
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