Natürlich sitzt sie vor dem Fernseher und fiebert mit der deutschen Mannschaft. Schließlich ist ihre ganze Familie fußballbegeistert. Zudem hat Anna Schlarb selbst schon ein Länderspiel mit der deutschen Juniorennationalmannschaft der Mädchen bestritten – vor zwei Jahren in Polen –, und ihre Mannschaft hat damals gewonnen. Für die 16 Jahre alte Ochsenfurterin ist dies ein unvergessliches Erlebnis. Derzeit ist sie im Stress, die Prüfungen für ihre Mittlere Reife stehen an. Aber das Training darf sie deshalb nicht sausen lassen.
Anna Schlarb ist mit Fußball aufgewachsen. Vater Franz war aktiver Fußballer und Trainer, ihre Mutter Andrea spielte in der Damenmannschaft und trainierte die G-Jugend (U7), in der Annas Bruder Phillip spielte. Und so war es für Anna klar, dass auch sie Fußball spielen wollte. Mit vier Jahren begann sie mit dem Training. Sie war das einzige Mädchen. Sie war begeistert und freute sich, dass sie als Sechsjährige endlich an Spielen teilnehmen durfte. Jetzt geht sie nach München, um beim FC Bayern zu spielen. Ihr großer Traum ist es, in der ersten Frauen-Bundesliga zu spielen.
Viele Jahre kickte sie bei der JFG Ochsenfurt Maindreieck – nicht in einer Mädchenmannschaft, sondern immer mit Jungs. Sie liebte dieses Spiel, wurde gefordert, das Team war gut, und ihr Kampfgeist wurde von allen geschätzt. 2007 wechselte sie zu Bayern Kitzingen – nicht in eine Mädchenmannschaft. Wieder spielte sie mit Jungs. „Das passt für mich“, sagt sie lachend. „Ich habe schon immer mit Jungs gespielt, der Zweikampf ist härter, die Spiele sind schneller.“
Anna ist ein Ausnahmetalent, und ihre Trainer erkannten es. 2008 fand mit der Unterfrankenauswahl ein Vergleich mit Oberfranken statt. Dabei wurde die Nordbayern-Auswahl gebildet. Und Anna war mit dabei. In der Sportschule Oberhaching fand im gleichen Jahr ein Turnier statt. Dabei spielten Nord-, Süd-, Ost- und Westbayern gegeneinander. Aus diesen vier Mannschaften wurde die Bayernauswahl gebildet. Und auch Anna war wieder mit dabei. Viele Fußball-Lehrgänge hat Anna Schlarb absolviert. Inzwischen hat sie mit der Bayernauswahl auch an der süddeutschen und deutschen Meisterschaft gespielt. Bisheriger Höhepunkt für sie war das Länderspiel vor zwei Jahren in Polen.
Eigentlich hätte ihre Laufbahn so weitergehen können. Doch Anna musste herbe Rückschläge erfahren. 2009 hatte sie Keuchhusten, so dass sie außer Gefecht gesetzt war. Dann zog sie sich eine Zerrung der Bauchmuskulatur zu und war vier Monate verletzt. Als sie sich endlich erholt hatte, brach sie sich im Januar 2011 den Fuß, so dass sie wieder mit Training aussetzen musste. Es war für die heute 16-jährige eine harte Zeit mit vielen Erfahrungen.
Aber Anna liebt den Fußballsport, und sie kämpfte sich wieder zurück. Eine Bestätigung für sie war, dass sich Rosi Bindl bei ihr meldete. Sie ist die U17-Trainerin bei Bayern München und immer auf Talentsuche. Und sie fragte Anna, ob sie sich vorstellen könne, beim FC Bayern zu spielen. Für Anna war das keine Frage, denn sie möchte auf jeden Fall Fußball spielen. Im Kader der Nationalmannschaft ist Anna Schlarb wegen ihrer Verletzungen nicht mehr, aber immer noch in der Sichtung. In der U17 besitzt sie Zweitspielrecht, und sie hat auch schon einige Spiele absolviert.
Für Anna steht fest, dass sie Fußballprofi werden möchte. Aber sie ist auch realistisch. Daher hat sie sich in München für eine Ausbildung als Erzieherin beworben. Wenn das nicht klappt, möchte sie ein freiwilliges soziales Jahr machen. Für die Eltern ist es schmerzhaft, dass die Tochter weggeht. Doch ihre Mutter Andrea sagt: „Jetzt haben wir sie so viele Jahre gefördert, also muss sie auch ihren Weg gehen.“
Noch ist Anna Schlarb auf ihre Mittlere Reife konzentriert, die sie an der Realschule am Maindreieck in Ochsenfurt ablegt. Doch im September beginnt für sie ein neues Leben. Sie ist mutig und lässt ihr vertrautes Umfeld hinter sich. Sie zieht nach München, in eine WG mit anderen Fußballerinnen. Schließlich wird sie künftig beim großen FC Bayern trainieren und spielen – ihr großes Ziel immer vor Augen: eines Tages in der ersten Bundesliga der Frauen aufzulaufen.