Spektakuläre Dunkings können das Pendel in einem engen Spiel in eine Richtung ausschlagen lassen. So war das auch in der Begegnung von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg gegen ratiopharm Ulm. Aus Baskets-Sicht war es am vergangenen Freitag die falsche Richtung. Denn als Centerspieler Filip Stanic sein Team per wuchtigem Dunking im dritten Viertel mit 57:50 in Führung brachte, kochte die Stimmung in der tectake Arena hoch.
Besonders, da Stanic so einen 11:0-Lauf abschloss, der den knappen Halbzeitrückstand in eine Führung gedreht hatte. Der 115-Kilo-Center rüttelte dabei so heftig an der Korbanlage, dass die danach schiefstand. Unter anderem Stanic selbst versuchte, die Stellung des Korbs zu korrigieren. Doch bis die Schiedsrichter von der Richtigkeit der Position überzeugt waren und die Anlage neu vermessen war, vergingen über fünf Minuten.
"Diese Pause hat unseren Rhythmus etwas gebrochen", sagt Stanic. Denn die Ulmer kamen dann deutlich wacher zurück. Semaj Christon verwandelte sofort einen Dreier – und bis zur Viertelpause war die Baskets-Führung Geschichte. Dann folgte das, was Stanic und bestimmt auch die Baskets-Fans aktuell besonders nervt: der Einbruch im letzten Viertel. Mit 16:28 ging es an den Favoriten aus Ulm. In sieben der letzten acht Spiele verloren die Baskets das Schlussviertel.
Stanic gelang der Durchbruch bei der U-20-Europameisterschaft
"Dabei spielen wir in den letzten Wochen echt guten Basketball. Ich habe auch gegen Crailsheim ein gutes Gefühl", erzählt der 2,06 Meter große Stanic. Der gebürtige Berliner, der mit elf Jahren bei Rekordmeister Alba Berlin mit Basketball begann, zeigte gegen Ulm seine beste Saisonleistungen: 17 Punkte, 15 Rebounds, davon sieben am offensiven Brett. Ähnlich stark präsentierte sich der 24-Jährige bisher nur beim Heimsieg gegen Bayern München. Da waren es 17 Punkte und elf Rebounds, ebenfalls ein Double-Double, also zweistellige Werte in zwei Kategorien.
Nachdem Stanic bei Alba sämtliche Jugendteams durchlaufen hatte, wechselte er als 19-Jähriger 2017 nach Erfurt. In seiner ersten Bundesligasaison bekam er direkt 15 Minuten Spielzeit pro Partie und erzielte im Schnitt vier Punkte. Leistungen, die auch beim Deutschen Basketball Bund nicht unbemerkt blieben. U-20-Bundestrainer Alan Ibrahimagic berief ihn in den Kader für die EM in Chemnitz. Stanics Aufstieg. Mit 13,6 Punkten und 7,1 Rebounds führte er Deutschland als Topscorer und effektivster Spieler zur Bronzemedaille. Dazu wurde er unter die besten fünf Spieler des Turniers gewählt.
"Ich denke, das war mein Durchbruch. Ich hatte danach viele Angebote und Optionen", erinnert er sich. Der Berliner mit kroatischen Wurzeln entschied sich für das Angebot des serbischen Klubs Mega Leks Belgrad. Der als NBA-Talentschmiede bekannte Erstligist gehört zur Agentur BeoBasket, die auch Stanic vertritt. Ihr berühmtester Emporkömmling ist wohl NBA-Superstar Nikola Jokic von den Denver Nuggets.
Konkurrent Abu fordert ihn auf seiner Position heraus
Über die Stationen Oldenburg und Chemnitz landete Stanic im Sommer in Würzburg, auch dank der Kontakte zu Baskets-Manager Kresimir Loncar. "Wir kennen uns schon etwas länger von gemeinsamen Workouts im Sommer", sagt Stanic. "Er wirkt auf den ersten Blick sehr introvertiert, aber er ist immer gut gelaunt und hat auf dem Feld riesiges Potenzial", sagt Baskets-Kapitän Felix Hoffmann. Und dass er das Gefühl habe, Stanic wisse noch gar nicht, wie viel Steigerungspotenzial noch in ihm stecke.
Daher sei es gut, dass er jetzt Konkurrenz habe, meint Würzburgs Trainer Sasa Filipovski. Mit Malik Abu habe Stanic im Training einen ebenbürtigen Gegenspieler, der ihn fordere. Außergewöhnlichen Spielen wie gegen Bayern oder Ulm stehen aber auch schwächere Partien des Würzburger Centers gegenüber. In acht von 22 Partien holte Stanic nur einen oder gar keinen Rebound. Dabei sollte er laut Filipovski immer der beste Rebounder des Teams sein. "Mit Erfahrung und Stabilität kommt auch Beständigkeit", philosophiert der Slowene über Stanic.
Stanic möchte bei Freiwürfen weniger nachdenken
Und dann wäre da noch die Sache mit den Freiwürfen: Nur 32 von 61 Versuchen hat Stanic getroffen und damit deutlich zu wenig für einen Bundesliga-Basketballer. "Es ist häufig eine Kopfsache. Wenn ich darüber nachdenke, gehen sie nicht rein, wenn ich einfach werfe, passt es meistens." Auch sein Coach ist guter Dinge: "Er verbessert sich. Der Schlüssel ist die Konzentration." Für Stanic seien die Freiwürfe besonders wichtig, weil der Gegner ihn sonst bei jeder Aktion unter dem Korb foulen werde.
Beim Pokalspiel in Crailsheim traf Stanic nur zwei seiner acht Freiwürfe. Das war besonders ärgerlich, da die Baskets am Ende nur mit 79:82 unterlagen. Auch im Saisonauftaktspiel in der BBL unterlagen die Baskets in Crailsheim. "Es wird nun Zeit, sie mal zu schlagen", glaubt er. Dafür sei es wichtig, ihre Läufe mit vielen Dreiern zu verhindern.
Rebounds sind gegen Crailsheim der Schlüssel zum Erfolg
Gegen Crailsheim seien die Rebounds besonders wichtig, ist sich Filipovski sicher. Crailsheim holt die drittwenigsten Rebounds der Liga. Schlechter sind nur Bayreuth – und: Würzburg. Crailsheims Aufbauspieler T. J. Shorts sei dagegen schwierig zu kontrollieren. "Nicht mal Alba Berlin hat das geschafft. Und die sind ein Euroleague-Team", spielt Filipovski auf Shorts' sensationellen Auftritt im Pokalfinale an, als der Point Guard dem Rekordmeister 30 Punkte einschenkte.
Für das Heimspiel an diesem Samstagabend (20.30 Uhr) hat Stanic noch eine Bitte an die Aufbau-Crew in der Halle: "Hoffentlich schrauben die Mitarbeiter den Korb richtig fest!"