Kurz vor Elf auf der A7, der grün-weiße Mannschaftsbus hat noch nicht mal Illertissen erreicht. Eindreiviertel Stunden nach Spielschluss. Duschen und kleines Abendmahl mit eingerechnet: Da hat es offenbar noch eine längere Kabinenansprache von Trainer Tobias Strobl gegeben. Kaum eine humorvolle nach der 0:1-(0:0)-Niederlage des FC 05 Schweinfurt bei einem FC Memmingen, der dem Aufstiegsfavoriten mit so einfachen wie effektiven Mitteln auf die Nase gebunden hat, warum die Mission Titelverteidigung zumindest ein weiteres Mal ins Stocken geraten ist.
Es sind elf Spieltage absolviert, der FC 05 Schweinfurt hat sechs Mal gewonnen. Ergo: Er hat es fünf Mal nicht. Das ist nicht die Quote eines Titelaspiranten. Dass der FC 05 zu einem erschreckend frühen Saisonzeitpunkt in der Spitzengruppe bereits abzuschmieren droht, sorgt für lange Gesichter - und zwingt die Verantwortlichen zu einer Aufarbeitung des Spiels, der Situation und des Saisonziels.
Zu einfache Gegentore
Waren die drei gewonnenen Punktspiele mit 14:0 Toren letztlich nur Augenwischerei? Nachdem der FC 05 saisonübergreifend viele Wochen am Stück nicht in der Lage gewesen ist, zu Null zu spielen, machten diese drei Auftritte Hoffnung, man hätte defensiv die nötige Stabilität gefunden. Offenbar war das jedoch eher der mangenden Qualität von Heimstetten, Eltersdorf und Eichstätt zuzuschreiben.
Beim ersten etwas engagierter zu Werke gehenden Kontrahenten klingelte es prompt wieder: Der FC Memmingen, auf seine hervorragende Abwehrarbeit konzentriert und nicht gerade Chancenwucher betreibend, überrumpelte den FC 05 mit einem vergleichsweise billigen Trick, als nach einer auf den ersten Pfosten geschlagenen Ecke Innenverteidiger Yannick Scholz goldrichtig stand (53.). Strobl wehrte sich gegen den Begriff billig, verwies auf die perfekt ausgeführte Variante, und sagte doch: "Es fühlt sich dreckig an."
Allgemeine Standardschwäche
Ecken, Freistöße - nicht die größte Stärke der Schweinfurter. Umso anfälliger präsentieren sie sich, wenn der Gegner den ruhenden Ball hat. Wenn dann ein Klub wie der FCM in Martin Dausch einen ausgemachten Spezialisten in seinen Reihen hat, brennt der Baum. Am Dienstagabend einige Male. "Wir hatten gewusst, dass Dausch eine Waffe ist. Da kannst du die Spieler nur warnen", war Strobl nicht sonderlich amüsiert, wie diese Warnungen Gehör gefunden hatten. Zwei "lange Kerls" mit Lamar Yarbrough und Nico Rinderknecht sind offenbar zu wenig - die für nächste Woche anvisierte Rückkehr des zuletzt verletzten Lukas Billick ist angesichts dessen Kopfballstärke dringend nötig.
In Memmingen sei die Ecke zum 1:0 zwar nicht "die Kategorie unnötig" gewesen, aber "generell haben wir zu viele Standards gegen uns bekommen. Vor allem zu viele Freistöße, die uns auch schon hätten wehtun können". Kristian Böhnlein, Thomas Haas und David Grözinger produzieren in den defensiven Zweikampfsituationen zu viele leichte Fouls. Bekommt Strobl mit seinem Trainerteam und der Mannschaft dieses Manko nicht in den Griff, sind in engen Spielen weitere Nackenschläge nur eine Frage der Zeit.
Abhängigkeit vom frühen Tor
Das Schema der drei vorangegangenen klaren Erfolge war ein einfaches: sechste, siebte und 15. Minute - stets traf der FC 05 früh und spielte anschließend seine hohe Kader-Qualität aus. In Memmingen hätte es wieder so laufen können, wenn Nico Rinderknechts 18-Meter-Knaller im Giebel eingeschlagen hätte, statt knapp vorbei zu rauschen (12.). Hätte. So aber wurden die Schweinfurter zunehmend ungeduldig, ideenlos - und schalteten erst in den letzten zwanzig Minuten auf den Brachial-Modus um.
"Wir haben zu wenige Flanken geschlagen. Die, die wir geschlagen haben, waren unsauber. Die Boxbesetzung war nicht so gierig wie zuletzt", blieben Strobl die Unsauberkeiten in Wegbereitung und Vollendung nicht verborgen. Mitunter gelingt es anderen Mannschaften eben, die 37-jährige Wunderwaffe Adam Jabiri aus dem Spiel zu nehmen - und ohne ihn hängen Pieper, Skenderovic und Co. dann in der Luft (oder bleiben den Beweis schuldig, auch dann zu treffen, wenn sich kein Flow einstellt). "Wir hätten einen Tick eher umstellen müssen auf den langen Ball auf Jabiri, um Unruhe herzustellen und einen zweiten Ball irgendwie ins Tor zu bugsieren", räumte er eigene Fehler ein. "Wir brauchen gegen Mannschaften, die sich im Lauf des Spiels tiefer reinstellen, das Tor als Brustlöser." Eine schmale Basis.
Fehlende Konstanz
Die SpVgg Bayreuth hat erst drei Spiele, nach der einzigen Niederlage dann fünf Spiele in Folge gewonnen - da wird der eine Tiefschlag zum Ausrutscher. Der FC Bayern München II hat zum Auftakt fünf Mal in Serie gesiegt, nach einer kurzen Schwächephase zuletzt wieder zwei Mal, ehe es für die Bundesliga-Reserve in die Länderspielpause ging. Beim FC 05 stehen diese drei famosen Partien und ansonsten ein stetes Auf und Ab. Drei Unentschieden und zwei Niederlagen, darunter das desaströse 2:5 in Burghausen, sind keine Ausrutscher, sondern Ausdruck mangelnder Konstanz.
Eine Konstanz, die sich Bayreuth und München nicht immer glorios erspielt haben, sondern bisweilen erzwungen. Die Oberfranken hie und da auch auf den letzten Drücker. Irgendwie das Tor machen kurz vor Schluss, wie eine Spitzenmannschaft - das ist dem FC 05 in dieser Saison nie gelungen, wenn's eng wurde. "Die absolute Gier, ein Spiel, egal wie dreckig, zu entscheiden, die haben wir derzeit nicht", gibt Strobl zu. "Irgendetwas fehlt uns zur absoluten Spitzenmannschaft. Ich kann mir bei unseren Ambitionen nichts davon kaufen, wenn zwei Memminger nach dem Spiel kommen und sagen: Ihr wart die geilste Mannschaft bisher hier." Nur gut kicken - das reicht nicht in einer Liga, in der sämtliche Mannschaften ab Platz fünf abwärts das Ziel haben, das Spitzenquartett zu jagen.
Das Ziel und der Rückstand
Dass der FC 05 der große Verlierer des Dienstagabends war, lag nicht nur am 0:1. Es liegt auch daran, dass die wegen der Nationalspieler-Abstellungen der Münchner verlegte Partie zwischen Bayreuth und dem FC Bayern II ja nachgeholt wird und logischerweise mindestens einer der beiden Kontrahenten punkten wird. Heißt: Der Schweinfurter Rückstand auf die Spitze ist gewachsen, kann im ungünstigsten Fall netto nach elf Spieltagen auf Bayreuth, das noch ein Nachholspiel gegen Augsburg II hat, auf neun Zähler anwachsen. Auch zu diesem Zeitpunkt bereits eine mächtige Hypothek.
Die den Druck erhöht auf die Nullfünfer, selbst immer weniger Fehler machen zu dürfen. Strobl bemüht sich um Deeskalation: "Klar, dass wir das immer vorgerechnet bekommen, aber wir müssen das von uns abschütteln. Es lenkt sonst von unserer Arbeit ab." Davon, den Spielern die Tabelle als Zusatzmotivation vorzuhalten, sie auf wöchentliche Endspiel-Situationen einzuschwören, hält er jedoch nichts. "Wenn wir unsere Spiele nicht ziehen, brauchen wir uns auch nicht mit den Anderen beschäftigen." Mit wachsendem Druck müsse man ebenso umgehen können, wie mit den ambitionierten Ziel Aufstieg. "Wir haben selbst dafür gesorgt. Wir konnten aber schlecht nach dem Gewinn der Meisterschaft sagen, dass es jetzt schön wäre, Dritter oder Vierter zu werden. Wir wussten, dass es eine schwierige Saison werden könnte."